Krebs ist in der Schweiz die zweithäufigste Todesursache, einer von fünf Menschen erkrankt vor dem 70. Lebensjahr daran. Ausgerechnet Yoga soll bei dieser schweren Krankheit helfen? Was nach Wellness klingt, ist wissenschaftlich bewiesen. Prof. Dr. med. Claudia Witt, Leiterin des Instituts für komplementäre und integrative Medizin, über den Nutzen von Yoga für Krebspatientinnen und Krebspatienten.
Claudia Witt, kann Yoga Krebs heilen?
Nein, Yoga ist ein zusätzliches Angebot als unterstützende Massnahme während und nach der Krebstherapie. Yoga selbst ist keine Krebstherapie.
Wie unterstützt es die Patientinnen und Patienten?
Nehmen wir Brustkrebs als Beispiel. Vielen Patientinnen ist es ein Anliegen, aktiv etwas für sich zu tun. Sie leiden während der Behandlung oft unter Ängsten und depressiver Stimmung. Dort kann Yoga helfen: Es hebt die Stimmung und verbessert dadurch die Lebensqualität. Ausserdem besteht eine Yoga-Lektion meistens aus körperlicher Aktivität und Entspannung. Beides sind wichtige Säulen der Ressourcenstärkung während der Krebstherapie.
Muss es zwingend Yoga sein oder können auch andere Aktivitäten helfen?
Für Krebspatientinnen und Krebspatienten gilt: in Bewegung bleiben, ob mit Yoga oder etwas Anderem ist zweitrangig. Es ist nur so, dass viele Patienten und Patientinnen Yoga schätzen, da es körperlich fit hält und entspannt. Somit ist Yoga ein ideales Paket.
Was entgegnen Sie Leuten, die Yoga für Krebskranke für Hokuspokus halten?
Positive Effekte wurden in hochwertigen, kontrollierten Studien belegt. Mittlerweile ist Yoga für Krebskranke auch in den Praxisleitlinien verankert. Und, die Rückmeldungen von Patienten und Patientinnen sind positiv.
Sind Krebskranke körperlich überhaupt in der Lage, Yoga zu praktizieren?
Ja, das ist sogar in allen Stadien einer Krebserkrankung möglich. Voraussetzung ist aber, dass sich die Yoga-Instruktorin oder der Yoga-Instruktor speziell auf Krebspatientinnen und Krebspatienten einstellen kann. Wenn jemand zum Beispiel Metastasen im Knochen hat, darf er bestimmte Übungen, die den Druck auf den Knochen erhöhen, nicht machen. Da ist es extrem wichtig, dass die Instruktorin oder der Instruktor Erfahrung mit Krebspatientinnen und Krebspatienten hat und gut ausgebildet ist.
An Ihrem Institut bieten Sie die Kurse an. Wer nimmt daran teil?
Der Kurs steht allen offen. Frauen werden jedoch von Yoga mehr angezogen als Männer. Sie sind daher in der Überzahl, obwohl es durchaus auch Männer in den Kursen hat. Häufig haben die Teilnehmenden bereits eine Präferenz für Yoga und haben früher schon Yoga praktiziert.
Yoga für Krebskranke
Prof. Dr. med. Claudia Witt ist Direktorin des Instituts für komplementäre und integrative Medizin am Universitätsspital Zürich, sowie Lehrstuhlstuhlinhaberin und Prodekanin für Interprofessionalität an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich. Zudem ist sie Professorin für Primary Care am Center for Integrative Medicine der University of Maryland in den USA. Es ist ihr wichtig, dass Krebspatientinnen und Krebspatienten, die etwas zusätzlich zur Krebstherapie tun möchten, Zugang zu wissenschaftlich fundierten Angeboten haben.