Neurodermitis ist eine der häufigsten chronischen Krankheiten bei Kindern. Aber auch zahlreiche Erwachsene sind betroffen. Heilbar ist die Krankheit nicht. Doch gibt es viele Wege, wie man gut mit ihr leben kann. Und nicht selten hört das Jucken der Haut plötzlich von alleine auf.
Die Haut ist trocken und empfindlich, rötet sich, bildet Schuppen – und juckt: ein typischer Fall von Neurodermitis. Und dies, obschon Angela sehr gewissenhaft ist, was ihre Körperpflege anbelangt. Das Eincremen nach der täglichen Dusche gehört bei ihr zur Routine. Sie kann ihre Dermatitis einigermassen in Schach halten, aber bei sehr trockener Luft erleidet sie trotzdem immer wieder einen neuen Schub.
«Das ist leider ein sehr typischer Fall», sagt Claudia Lang. Die Dermato-Allergologin ist auf Neurodermitis oder atopische Dermatitis spezialisiert und erforscht die Krankheit. «Das ist für die Patientinnen und Patienten oft frustrierend. Wir können inzwischen deutlich besser helfen, aber die Krankheit ist auch heute nicht heilbar.»
Genetische Veranlagung
Neurodermitis ist bei Kindern und Jugendlichen weltweit stark verbreitet, nahezu jedes fünfte Kind ist davon betroffen. Oft wächst sie sich bis ins Erwachsenenalter aus. Aber immerhin rund fünf Prozent aller Erwachsenen in der Schweiz leiden weiterhin an dieser entzündlichen Hauterkrankung. Die Diagnose wird dabei aufgrund des klinischen Bildes gestellt: Passt die Lokalisation der betroffenen Stellen? Verläuft die Erkrankung schubweise? Ist sie chronisch? Besteht Juckreiz? Die genaue Ursache ist auch weiterhin nicht vollständig geklärt. Nicht zuletzt, weil oft verschiedene Faktoren zusammenkommen. Es gibt aber eine genetische Veranlagung für die Entwicklung einer atopischen Dermatitis. «Wir wissen heute, dass bei sehr vielen dieser Patientinnen ein Protein, das für den Zusammenhalt der Hautzellen sorgen sollte, verändert ist», erklärt Claudia Lang. «Man kann sich das wie eine Mauer vorstellen: Die Steine sind die Hautzellen, der Mörtel dazwischen wird durch das Protein gefestigt. Ist dieses Protein fehlerhaft, beginnt die ganze Mauer zu bröckeln und wird durchlässig.»
Gestörte Schutzfunktion
Mit diesem Bild versucht die Spezialistin, den betroffenen Menschen zu erklären, was mit ihrer Haut passiert. Die Folgen sind gewichtig: Die Haut wird trocken und spröde. Das führt einerseits zum Juckreiz. Weil der Kitt oder Mörtel zwischen den Hautzellen fehlt, verliert die Haut zudem ihre Schutzfunktion, Erreger oder Allergene können viel einfacher eindringen. Sie lösen lokale Entzündungen aus, die den Juckreiz zusätzlich verstärken. Und je nach Erreger kann so aus einer entzündlichen rasch eine infizierte Neurodermitis werden, zum Beispiel aufgrund einer Herpes-Infektion. «Umso wichtiger ist die konsequente Hautpflege», unterstreicht Karin Grando, Fachexpertin Pflege in der Dermatologie. Sie erklärt den Patientinnen und Patienten jeweils noch einmal im Detail die Rezepte und wie sie welche Produkte anwenden sollen. «Das tägliche, mehrmalige Eincremen mit rückfettenden Produkten ist dabei das A und O.»