Erbkrankheiten beruhen auf Mutationen am Erbgut und können an Nachkommen weitergegeben werden, ohne dass die Eltern selbst erkrankt sind. Die häufigste Erbkrankheit in Europa ist die Stoffwechselstörung Cystische Fibrose. In der Schweiz sind rund 1’000 Menschen davon betroffen.
Erbkrankheiten können durch eine oder mehrere Mutationen des Erbguts entstehen. Müssen sie aber nicht. Nicht selten tritt die Erbkrankheit bei Trägern einer Genveränderung oder deren Nachkommen gar nicht in Erscheinung. Grund dafür sind unterschiedliche Vererbungs-, Wiederholungs- und Erkrankungswahrscheinlichkeiten. So kann das krankmachende «Erbe» je nach Konstellation über mehrere Generationen verborgen bleiben. Kommt hinzu, dass es Mutationen gibt, die an das Geschlechtschromosom gebunden sind, entsprechend nur bei Männern oder Frauen auftreten.
Angeborene Gendefekte können zu einem Funktionsverlust führen, sich in einem fehlregulierten Gewebewachstum zeigen, bestimmte Stoffwechselreaktionen stören oder gewisse Zelltypen zugrunde gehen lassen. In der Regel sind Erbkrankheiten nicht heilbar. Bei gewissen Störungen kann jedoch der Krankheitsverlauf durch Medikamente und ein breites Therapieangebot verlangsamt werden.
Genetische Sprechstunde schafft Klarheit
Bei Fragen zu möglichen Erbkrankheiten in der Verwandtschaft oder beim Bedürfnis von Paaren, vor der Familienplanung die Trägerschaft einer Erbkrankheit auszuschliessen, schafft ein Besuch in der Genetischen Sprechstunde am Universitätsspital Zürich Klarheit. Mittels Gentests werden die Chromosomen auf zahlenmässige und strukturelle Veränderungen überprüft. Bei einer genetisch bedingten Erkrankung oder Trägerschaft werden in der Sprechstunde der Krankheitsverlauf, allfällige Vorsorgemassnahmen oder besondere Behandlungsstrategien sowie das Vererbungsmuster und das Wiederholungsrisiko erläutert.
Auf Erbkrankheiten fokussieren auch verschiedene Forschungsprojekte, die von der USZ Foundation unterstützt werden. Im Fall der Prionenkrankheit, einer fortschreitenden, degenerativen und bislang tödlich verlaufenden Erkrankung des Gehirns, suchen Forschende nach den verantwortlichen Genen, um damit eine Grundlage für die Entwicklung von Medikamenten zu schaffen. Ein weiteres Forschungsteam untersucht genetisch bedingte Augenerkrankungen. Denn je genauer die Mutation bekannt ist, desto klarer können die Auswirkungen auf die Augen eingegrenzt und zielgerichteter schon im Kindesalter behandelt werden.
Bekannt und verbreitet
Zu den bekanntesten Erbkrankheiten gehört die Farbenblindheit (Achromasie). Betroffene nehmen Farben nicht oder nur eingeschränkt (Di-/Monochrasie) wahr. Darum sind sie von gewissen Berufen ausgeschlossen – Pilot, Lokomotivführerin, Autolackierer, Druckbereich, Elektrotechnik. Auf die Bewältigung des Alltags hat diese Krankheit indes nur wenig Einfluss. Rund acht Prozent aller Männer haben eine angeborene Farbsinnstörung. Bei den Frauen sind es lediglich 0.4 Prozent.
Bei der Bluterkrankheit (Hämophilie) handelt es sich um eine vererbte und unheilbare Störung der Blutgerinnung. Dank moderner Therapien können Bluterkranke allerdings ein weitgehend normales Leben führen. Von 10’000 Männern erkranken zwei an einer Hämophilie. Frauen sind praktisch nicht betroffen.
Der Kleinwuchs (Achondroplasie) ist eine zwar bekannte, aber seltene Erbkrankheit. Bei Betroffenen ist das Längenwachstum der Röhrenknochen beeinträchtigt. Oberarm- und Oberschenkelknochen sind bei dieser genetisch bedingten Wachstumsstörung verkürzt. Die Knochen sind aber normal dick, und der Rumpf ist nahezu normal lang. Auf 20’000 Geburten tritt ein Fall von Achondroplasie auf.
Weit häufiger, mit einem Fall auf 700 Geburten, wird ein Kind mit Down-Syndrom (Trisomie 21) geboren. Dabei handelt es sich eigentlich nicht um eine Krankheit, sondern um eine chromosomale Anomalie. Das Chromosom 21 liegt nicht zwei Mal, sondern drei Mal vor. Betroffene haben somit über 47 statt 46 Chromosomen. Unterschiedlich starke körperliche Fehlbildungen sowie geistige Einschränkungen gehen mit Trisomie 21 einher. Je nach Einzelfall und individueller Förderung können diese Menschen aber ein weitgehend normales Leben führen. In der Schweiz kommen pro Jahr rund 120 Kinder mit Down-Syndrom zur Welt.