Weihnachten bedeutet für viel gutes Essen zuhause bei der Familie. Aber was ist, wenn man Weihnachten im Spital verbringen muss? Wie wird dort Weihnachten gefeiert und was unternehmen die verschiedenen Stationen, um den Patientinnen und Patienten wenigstens ein bisschen Feststimmung zu ermöglichen? Ein Einblick in vier Bereiche im USZ.
Neonatologie
In der Neonatologie funkelt der Weihnachtsbaum bereits am Empfang. Zwischen den klassischen Christbaumkugeln hängen themengerecht ein paar Schnuller. Auch der Rest des Korridors ist reichlich dekoriert. Allerdings: Geht man vom Gang durch die Türe auf die Station, ist dort ausser ein paar Lichterketten nicht viel von Weihnachten zu sehen. Zu üppige Dekorationen wären ein Sicherheitsrisiko für die Kleinen, die in ihrem fragilen Zustand auf eine hygienische Umgebung angewiesen sind. Gabriela Brauchli war in den letzten 15 Jahren an Weihnachten fast immer auf der Station. Sie weiss: Ist viel los, muss Weihnachten draussen bleiben – die Arbeit geht dann vor. Läuft wenig, kann es richtig besinnlich werden: «Ich erlebe hier schwierige, aber auch viele schöne Situationen um die Weihnachtstage. Die Eltern sind extrem froh und dankbar, sind wir auch an diesen Tagen hier und kümmern uns intensiv um ihre Kleinsten. So können sie kurz nach Hause, um zum Beispiel mit ihren anderen Kindern zu feiern, bevor sie wieder zurück auf die Station kommen.» Der Wille, Weihnachten für die Familien so schön wie möglich zu gestalten, ist hier deutlich spürbar. Neben der Dekoration gibt es auch ein Weihnachtssingen und sogar Geschenke wie kleine Mützchen oder Babyschuhe für die Frühchen. Gabriela Brauchli selber hat sich mit den Diensten an Weihnachten arrangiert: «Meine Familie packt die Geschenke bereits am Morgen vor meinem Dienst aus. Das ist genauso schön und die Kinder müssen weniger lange auf die Bescherung warten.»
Notfall
Auch im Institut für Notfallmedizin ist Weihnachten spürbar. Zwar ist das Patientenaufkommen über die Festtage ungefähr gleich hoch wie an jedem anderen Tag, allerdings gibt es am Weihnachtsabend oft ein Zeitfenster, in dem fast keine Patienten und Patientinnen kommen. «Das ist schon sehr aussergewöhnlich, da bei uns sonst nonstop Patienten ankommen. Meine Erklärung dafür ist, dass während dieser Zeit von ca. 17:00 – 19:00 Uhr zuhause die Geschenke ausgepackt werden», sagt Institutsdirektorin Dagmar Keller Lang. Kurz nach dieser Verschnaufpause kommen die Patienten aber wieder in Scharen. Typische Weihnachts-Notfälle sind Alkoholvergiftungen, Herzinfarkte oder Magenverstimmungen aufgrund des Weihnachtsessens. Das Notfall-Team ist auch über die Feiertage zu jeder Tages- und Nachtzeit im Einsatz. «Trotzdem versuchen wir, Weihnachten so gut es geht zu feiern», sagt Notfall-Pflegeleiter Patrik Honegger. «Jeder im Team bringt selbstständig etwas zu Essen mit und stellt es in den Pausenraum. Wenn es die Situation zulässt, können wir dort einen Moment lang innehalten und so Weihnachten feiern.» Patrik Honegger und Dagmar Keller Lang sind seit vielen Jahren an Weihnachten im Einsatz. Häufig seien die Patienten, die in den Notfall kommen, überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung. Verständlich, denn wer will Weihnachten schon im Spital verbringen? Trotzdem zeigen sich viele Patienten und Patientinnen extrem dankbar. Speziell dann, wenn sie zeitig wieder nach Hause zu ihren Liebsten können.
Palliative Care
Auf der Palliative Care lässt Weihnachten niemanden kalt. Hier, wo die unheilbar Kranken gepflegt und betreut werden, gehen die Patientinnen und Patienten unterschiedlich mit dem Fest um: «Die einen freuen sich riesig, dass sie nochmals Weihnachten erleben dürfen. Anderen, die Schmerzen haben und nur noch auf den Tod warten, ist das Fest häufig zu viel», sagt Pflegefachfrau Rahel Isler. Viele Patienten möchten über die Feiertage nach Hause. Das Pflege-Team ermöglicht es Ihnen, wenn immer es medizinisch vertretbar ist. Falls die Patienten da bleiben, dürfen sie ihr Zimmer mit Weihnachtsdekoration ausschmücken, um wenigstens etwas Feststimmung zu haben. Häufig kommt auch die Seelsorge vorbei und schenkt den Patienten eine Kerze. Generell sei Weihnachten auf der Palliative Care eher besinnlich und ruhig. Aber es schwingt auch immer etwas Wehmut mit: «Viele reflektieren ja zur Weihnachtszeit das vergangene Jahr und ziehen Bilanz. Im Falle der Palliative Care ist das oft auch ihr ganzes Leben.»
Seelsorge
An den Feiertagen hat die Seelsorge alle Hände voll zu tun: «Das Gesprächsbedürfnis der Patientinnen und Patienten ist grösser als an normalen Tagen und schwierige Diagnosen sind während diesen Tagen doppelt schwierig», sagt die Leiterin der reformierten Spitalseelsorge, Susanna Meyer Kunz. Sie und ihr Team organisieren verschiedene Anlässe wie Gottesdienste oder Konzerte und besuchen die Patientinnen und Patienten auf den Stationen. Häufig erinnern sich die Patienten daran, was sie jetzt gerade zuhause machen würden, wären sie nicht im Spital – welches Essen es zu Weihnachten gäbe und wann die Geschenke ausgepackt würden. Gedanken, die den Spitalaufenthalt nicht einfacher machen. Aber es gibt in diesen schwierigen Situationen auch immer wieder schöne Momente. Die Menschen seien sensibler während dieser Zeit und würden mehr aufeinander achten. Für sie persönlich ist Weihnachten im Spital nichts Schlimmes, im Gegenteil: «Der ganze Weihnachts-Kommerz fällt im Spital komplett weg. Es geht hier nicht ums Konsumieren, sondern um die Essenz – das Zusammensein», sagt sie, um gleich noch anzufügen: «Auch in der eigentlichen Weihnachtsgeschichte ist nicht alles heile Welt. Maria und Josef waren auch nicht zuhause und mussten Zuflucht in einem Stall suchen. Für mich der beste Beweis, dass aus einer schwierigen Situation etwas Gutes entstehen kann, ganz speziell an Weihnachten.»