Damit Spenderblut und Blutprodukte sicher und verträglich sind, braucht es aufwändige und im Notfall blitzschnelle Analysen. Die hochspezialisierten Labore im USZ sind deshalb rund um die Uhr bereit.
Der Patient hat durch den schweren Unfall viel Blut verloren. Noch im Schockraum erhält er Blutkonserven, die sein Leben retten. «Dieses Bild haben die meisten vor Augen beim Stichwort Blutkonserve. Diese absolut dringenden Fälle sind aber glücklicherweise nicht allzu häufig. Fast die Hälfte der Patienten, die Blutprodukte erhalten, haben beispielsweise bei einer Operation einen grossen Blutverlust erlitten, der ausgeglichen werden muss», erklärt Ruth Luginbühl, Leiterin des Labors für Immunhämatologie. «Die andere Hälfte sind Patienten, die im Rahmen einer Therapie, zum Beispiel einer Stammzelltherapie wegen einer Krebserkrankung, Blutprodukte erhalten. Oder auch nach einer Transplantation. Wiederum andere sind wegen einer chronischen oder einer erblichen Krankheit auf regelmässige Gaben angewiesen», ergänzt Evelyne Giabbani, Leiterin des Labors für klinische Hämatologie.
So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Der Bedarf in dringenden Fällen ist in den letzten Jahren gegenüber der therapeutischen Anwendung sogar massiv gesunken. Die Zahl schwerverletzter Patienten ist beispielsweise dank Airbags in den Autos und anderer Schutzmassnahmen gesunken, die Blutstillung ist besser geworden, und auch bei Operationen wird dank des am USZ angewendeten Patient Blood Management weniger Blut gebraucht: Das Blut des Patienten kann während der Operation aufgefangen, aufbereitet und ihm gleich wieder zugeführt werden. Und bei geplanten Operationen wird bei den Patienten schon vorab ein möglicher Blutmangel abgeklärt und behoben. Dadurch sind Blutgaben seltener nötig. Dabei geht es nicht nur darum, mit dem kostbaren Spenderstoff sorgsam umzugehen. Denn auch bestens abgestimmte Blutgaben sind immer eine Belastung für den Körper und können Nebenwirkungen wie eine allergische Reaktion hervorrufen. Deshalb will man sie wenn immer möglich vermeiden.
«Von Blut zu sprechen, ist eigentlich nicht ganz korrekt», erläutert Ruth Luginbühl. «Das Spenderblut wird in seine Bestandteile zerlegt. Häufig wird nur ein Erythrozytenkonzentrat gebraucht, also rote Blutkörperchen, die den Sauerstoff transportieren. Da ist es sinnvoll, wenn auch nur diese gegeben werden und das Plasma und die Blutplättchen an einem anderen Ort gezielt eingesetzt werden können.»
Höchste Sicherheit, auch wenn es eilt
Aufbewahrt und analysiert werden die Blutprodukte in der Immunhämatologie des USZ, geliefert werden sie von Blutspende Zürich, das die Versorgung jederzeit sicherstellt. Ein Vorrat ist am USZ dennoch immer vorhanden, täglich werden Bestand und Bedarf geprüft. Erythrozytenkonzentrat ist bis zu 42 Tage haltbar, gefrorenes Plasma kann tiefgefroren bis zu drei Jahre lang gelagert werden, die Blutplättchen dagegen nur wenige Tage. Planbare und selten gebrauchte Produkte werden gezielt bestellt. Zentral ist auch die Sicherheit. Jeder Eingang wird genau kontrolliert, um sicherzustellen, dass Inhalt und Inhaltsangabe übereinstimmen. So wird zum Beispiel bei allen Erythrozytenkonzentraten noch einmal die Blutgruppe bestimmt.
Angefordert werden die Blutspenden über das USZ-System. Eine Blutspende muss wie ein Medikament verordnet werden. Gesetzlich vorgeschrieben ist auch, dass beim Empfänger zweimal die Blutgruppe bestimmt wird. Zudem werden für eine bestmögliche Übereinstimmung die Antikörper ermittelt.
Alle Analysen am USZ
Je nach Verwendung müssen weitere Faktoren berücksichtigt werden, etwa das Geschlecht, ob eine Frau noch im gebärfähigen Alter ist oder das Gewicht. Eine genaue Analyse kann bis zu zwei Tage dauern. «Als grosses Spital und weil bei uns schwerverletzte Patienten versorgt werden, führen wir sämtliche Analysen selber durch», erklärt die Spezialistin. Die Bestimmung von Blutgruppe und Antikörpern des Empfängers dauert mindestens eine Stunde. In einer akut lebensbedrohlichen Situation muss passendes Blut jedoch innerhalb von Minuten verfügbar sein. Deshalb wird dann ausnahmsweise auch einmal die grundsätzlich für alle verträgliche Blutgruppe O übertragen – auch wenn dann ein kleines Restrisiko bestehen bleibt, dass der Patient Antikörper gegen ein Blutgruppensystem hat. «Unser Labor ist deshalb rund um die Uhr besetzt und das Team hochqualifiziert, bestens eingespielt, und es behält auch in Stressmomenten ruhig Blut», fasst Ruth Luginbühl zusammen.
Hilfe bei erblichen Krankheiten und Krebs
«Wenigen ist bekannt, dass Blutprodukte nicht nur bei akutem Blutverlust benötigt werden, sondern auch bei chronischen Krankheiten und Krebstherapien», sagt Evelyne Giabbani. «Manche kennen die Rhesusunverträglichkeit zwischen Mutter und ungeborenem Kind. Am USZ behandeln wir diese mit einer Transfusion beim Kind schon vor oder gleich nach der Geburt.» Nach einer Knochenmark- oder Stammzelltransplantation brauchen viele Patientinnen und Patienten Thrombozytengaben, also Blutplättchen, für die Blutgerinnung, weil ihre körpereigene Thrombozytenproduktion eingestellt ist. Und Menschen mit bestimmten erblichen Blutkrankheiten sind auf regelmässige Transfusionen angewiesen. So benötigen Menschen mit einer Thalassämie alle paar Wochen oder Monate Erythrozyten, weil sie rote Blutkörperchen zu schnell abbauen. Evelyne Giabbanis Team im Labor für klinische Hämatologie führt sämtliche Messungen durch, die den Ärzten präzise Aufschluss darüber geben, ob, wie viel und welche Blutprodukte ein Patient oder eine Patientin braucht für die beste Wirkung bei geringster Belastung. «Die Fortschritte in der Medizin bringen auch neue Technologien und Fortschritte in der Analytik. So hat die Molekulargenetik uns völlig neue Möglichkeiten eröffnet, die Analysen noch besser und die Blutprodukte noch passender und verträglicher zu wählen», fasst Evelyne Giabbani ihre anhaltende Begeisterung für ihren Beruf zusammen. Die beiden Spezialistinnen für medizinische Analytik sind sich einig: Sie sind und bleiben «mit Herzblut» dabei.