Story

Schweizerische HIV-Kohorten-Studie SHCS: Wegweisende Forschungsplattform seit 35 Jahren

Die 1988 gegründete Swiss HIV Cohort Study ist eine einzigartige Forschungsplattform zu HIV. Die Ergebnisse aus über 1400 Studien haben massgeblich zu mehr Wissen, zur besseren Behandlung und Bekämpfung von HIV in der Schweiz und weltweit beigetragen. Und es wird weiter geforscht.

Seit dem Start 21856 Studienteilnehmerinnen und Teilnehmer

Seit dem Start der Studie liessen sich 21856 erwachsene Personen mit HIV in der SHCS registrieren; zwischen 2009 und 2018 nahmen 89 Prozent aller neu diagnostizierten Personen in der Schweiz an der Studie teil. Alle sechs Monate werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Folgeterminen aufgeboten, bei denen Blutproben genommen und Befragungen durchgeführt sowie sämtliche klinisch relevante Informationen (Laborwerte, Diagnosen, Medikation) erfasst werden. Derzeit umfasst diese Gruppe der aktiv Teilnehmenden 9415 Personen. An der Studie beteiligt sind sieben Studienzentren, darunter alle Schweizer Universitätsspitaler und zwei grosse Kantonsspitäler, 16 Regionalspitäler und 45 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Gefördert wird die SHCS u.a. seit Beginn vom Schweizerischen Nationalfonds SNF, von der SHCS Forschungsstiftung und vom Bundesamt für Gesundheit BAG.

Ein Datenschatz für die Forschung zu HIV

Daraus entstanden ist eine der ersten Biobanken mit mittlerweile über 2 Mio. Blutproben und biologischen Daten der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer, auf die Forschende zurückgreifen und so Forschungsprojekte rasch umsetzen können. SBFI, SNF und BAG haben die SHCS als Dateninfrastruktur von nationaler Bedeutung erkannt. Die SHCS beteiligt sich mit ihren Daten zudem an internationalen Studien.

Hinzu kommen nicht-medizinische Angaben, etwa zu Verhaltensänderungen infolge der Behandlungsmöglichkeiten, die wertvolle Informationen zum gesellschaftlichen Umgang und zur Prävention von HIV-Übertragungen liefern. In der SHCS arbeiten denn auch zahlreiche Fachrichtungen national und in internationalen Kollaborationen zusammen; darunter Vertreterinnen und Vertreter der Infektiologie, Virologie, Immunologie, Gynäkologie und Pädiatrie und sowie der Epidemiologie, der Genetik, Mathematik, Bioinfomatik und Biologie. Die SHCS wirkt zudem als Ausbildungsplattform verschiedener Disziplinen und ist ein wichtiger, unabhängiger Partner der Pharmaforschung für klinische Studien.

Forschungserfolge und Vorbild für andere Studien

Aus der SHCS gingen bis heute mehr als 1400 publizierte Studien hervor. Dank der SHCS konnten in der Schweiz Hepatitis C in der Gruppe der Männer mit HIV-HCV-Infektion eliminiert, die HIV-Übertragung von der Mutter auf das ungeborene Kind praktisch beseitigt und HIV-Ansteckungen generell massiv reduziert werden, indem die SHCS dazu beitrug, dass Menschen mit HIV in der Schweiz Zugang zu den modernsten Therapien haben, die u.a. Übertragungen verhindern. Neben den HIV-spezifischen Erfolgen wurde die SHCS zu einem wegweisenden Projekt, wie chronische Krankheiten erfolgreich studiert werden; zahlreiche andere seither entstandenen Studien orientieren sich an ihrem Vorbild.

Mit den Patienten ändern sich auch die Fragen

Wirksame Therapien führten dazu, dass sich die Lebenserwartung von Menschen mit HIV in der Schweiz heute kaum mehr von Personen ohne HIV unterscheidet. Damit hat sich auch das Profil der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer verändert. Und mit den älteren Patientinnen und Patienten verändert sich auch die Forschung der SHCS. So stellen sich heute die Fragen zu den langfristigen Auswirkungen der Medikamente und zur Kombination mit Medikamenten zur Behandlung altersbedingter Erkrankungen oder mit höherem Körpergewicht als Patientinnen und Patienten früher. Molekulargenetische Analysen haben zu einem besseren Verständnis der Krankheit geführt und neue Wege individualisierter Behandlungen und Heilungsmöglichkeiten eröffnet, an denen ebenso intensiv geforscht wird, wie an einem HIV-Impfstoff, Resistenzen gegen HIV-Medikamente sowie dem besserem Verständnis auf dem Weg zur Heilung der HIV-Infektion.

Huldrych Günthard, Infektiologe am USZ, seit 1991 in der Studie aktiv und seit 2012 deren Präsident, sieht deshalb stolz auf das Erreichte – und mit anhaltender Energie nach vorn: «Wir konnten mit der SHCS dazu beitragen, dass eine HIV-Infektion zu einer beherrschbaren chronischen Krankheit wurde und das Leben Betroffener massiv verbessern. Heilbar ist die Infektion aber noch nicht, auch ein Impfstoff ist noch nicht in Sicht. Wenn uns das noch gelingt und wir dazu beitragen können, wäre das grandios. Es muss auch nicht weitere 35 Jahre dauern.»

Mehr Infos zur Studie

Huldrych Günthard, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene

Tel. +41 44 255 33 22
Spezialgebiete: HIV Infektion, antiretrovirale Therapie, Opportunistische Infektionen bei immunsupprimierten Patientinnen und Patienten, Virale Infektionen