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Rasche Bilddiagnostik kann Leben retten

Die Neuroradiologie unterstützt mit beschleunigter Bilddiagnostik und Kathetertechnik die Behandlung von akuten Schlaganfällen.

Bei einem Schlaganfall verschliesst sich ein Blutgefäss im Gehirn durch ein Gerinnsel. Dabei sterben jede Minute 1.9 Millionen Nervenzellen, 14 Milliarden Kommunikationsstellen und 12 Kilometer Nervenfasern ab. Bei 22 Milliarden Zellen im Vorderhirn ist bereits nach zwei Stunden über ein Prozent der Neuronen unwiederbringlich zerstört. Nur wenn die Abläufe der Rettungskette perfekt zusammenspielen, kann die Zeitspanne zwischen Transport, Notaufnahme und Behandlung so kurz wie möglich gehalten werden. Einer Arbeitsgruppe des Klinischen Neurozentrums am USZ ist es in den letzten drei Jahren gelungen, die Zeit bis zur Intervention bei akutem Schlaganfall mehr als zu halbieren. Anteil an diesem Erfolg hat auch das 40-köpfige Team um Zsolt Kulcsár. Seit 2017 am USZ, leitete er die Klinik für Neuroradiologie im vergangenen Jahr interimistisch und wurde per 1. April 2022 zum Klinikdirektor ernannt: «Mit unseren bilddiagnostischen sowie klinischen Aufgaben sehen wir uns als Dienstleister und Schnittstelle im Klinischen Neurozentrum am USZ.»

Neuro-Disziplinen greifen ineinander

Tür an Tür gelegen, profitiert die Klinik für Neurochirurgie von intraoperativen Bildern der Neuroradiologie. Solchen reibungslosen Abläufen im Klinischen Neurozentrum hat sich Zsolt Kulcsár verschrieben, insbesondere, wenn es um den USZ-Neubau geht. «Heute passen alle Puzzleteile zusammen», erklärt der Klinikdirektor mit Blick auf die Baupläne. «Wir müssen dafür sorgen, dass unsere multidisziplinäre Zusammenarbeit im neuen Setup weiterhin klappt. Damit retten wir Leben.»

Bilddiagnostik beschleunigt die Behandlung bei schweren Schlaganfällen

Die technische Weiterentwicklung der letzten Jahre ermöglicht heute nicht nur eine verfeinerte Bildgebung bei der Computertomographie (CT) und der Magnetresonanztomographie (MRT), sondern auch ein deutlich höheres Tempo. Bei einem Schlaganfall verortet der CT-Scan ein Blutgerinnsel schon nach zwei Minuten präzis, was die Behandlung enorm beschleunigt. Die verfeinerte Bildgebung kann eine Detailtiefe abbilden, die bis vor wenigen Jahren undenkbar gewesen ist. «Standen uns früher 200 Bilder zur Diagnose zur Verfügung, so sind es heute 4’000», erklärt Zsolt Kulcsár. «Aber auch bei hoher Präzision braucht es Spezialisten, die die richtigen Informationen herausfiltern und jede Nuance einer Schattierung zuordnen können.» So hat denn Bilddiagnostik für den Klinikleiter etwas Detektivisches. «Es ist für mich wie ein Krimi, bei dem ich dem Täter unbedingt auf die Spur kommen will.»

2021: 50’000 Bilddiagnosen

Die Klinik für Neuroradiologie erstellte 2021 an den vier Standorten USZ Campus, Wollishofen, Schlieren und Flughafen rund 50’000 Bilddiagnosen. Davon wurden 1’200 Personen am USZ über eine Neuro-Intervention behandelt. «Ansonsten untersuchen wir als Dienstleister natürlich auch Rücken, Kopf und Gliedmassen», sagt Zsolt Kulcsár. 50’000 Diagnosen sind ein grosses Volumen mit dem Anspruch auf hohe Qualität. Zsolt Kulcsár besteht auf striktes Vier-Augen-Prinzip. Dieses Alleinstellungsmerkmal will er auf keinen Fall preisgeben. Der Erfolg gibt ihm recht. Die Zuweisungen durch private Ärzte steigen. Die Wartezeiten aber auch. «Mit neuen Abläufen werden wir die Vorgänge beschleunigen », erklärt der Klinikleiter. «Wir haben in anderen Bereichen bewiesen, dass wir schnell sein können. Wir werden auch diese Prozesse optimieren – ohne Kompromisse bezüglich Qualität. Das ist mein Anspruch.»

In der interventionellen Kathetertechnik schweizweit führend

Neben der Bilddiagnostik nehmen die Spezialisten für Neuroradiologie auch minimalinvasive Eingriffe zur Behandlung von Gefässproblemen, Tumoren, Tinnitus sowie Tränenwegserkrankungen vor. Die wichtigste Behandlungsmethode ist dabei die Kathetertechnik. Kann bei einem Schlaganfall das Blutgerinnsel nicht medikamentös aufgelöst werden, wird es mittels Kathetertechnik aus dem betroffenen Gefäss gezogen. Zsolt Kulcsár und sein Team sind in der interventionellen Kathetertechnik schweizweit führend. Behandelte die Klinik für Neuroradiologie im Jahr 2016 noch weniger als 100 akute Schlaganfälle, so waren es 2021 fast 230 Patientinnen und Patienten. Bis zu zwei Drittel der Behandelten können ihr Leben später selbstständig weiterführen. Vorher lag der Wert bei gerade mal 20 Prozent.

Hohes Risiko – hohe Belastung

Die Behandlung eines akuten Schlaganfalls bedeutet für alle Beteiligten stets einen Wettlauf gegen die Zeit. «Eingriffe am Gehirn sind immer enorm komplex und dauern lange», betont Zsolt Kulcsár. «Liegen wir mit unserem Katheter einen halben Millimeter daneben, stirbt der Mensch oder lebt künftig mit schwersten Einschränkungen.» Das belastet. Rund um die Uhr in Bereitschaft, leisten die Spezialisten viele Notfalldienste pro Monat. «Meine Aufgabe ist es, unser Team optimal zu organisieren und so vor dem Ausbrennen zu schützen.» Gleichzeitig sind aber häufige Eingriffe für die notwendige Erfahrung in diesem schwierigen Fachgebiet wichtig. Ein Dilemma, dessen sich der Klinikleiter bewusst ist. Kommt hinzu, dass interventionelle Neuroradiologinnen und -radiologen rar sind. Zsolt Kulcsár sucht deshalb aktiv nach hochqualifizierten Fachärztinnen und Fachärzten. Auch Forschende will er vermehrt anziehen. Mit Projekten zur Bildgebung nimmt die Klinik an internationalen Studien teil. Zsolt Kulcsár selber leitet eine europäische Studie zur Behandlung von Hirnaneurysmen. Die Hierarchie hält er möglichst flach und involviert sein Team in praktisch alle Prozesse. Das motiviert das Team, aber auch den Klinikdirektor: «Ich entscheide am Ende einer gemeinsam geführten Diskussion und übernehme dafür gerne die Verantwortung.»

Zsolt Kulcsar, PD Dr. med.

Klinikdirektor, Klinik für Neuroradiologie

Tel. +41 44 255 56 00
Spezialgebiete: Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie, Minimal-invasive Behandlung von neurovaskulären Krankheitsbildern, Neurovaskuläre Bildgebung

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