Eine erhebliche Anzahl Männer leidet nach der Behandlung von Prostatakrebs an Impotenz oder Inkontinenz. Neue Therapieformen minimieren das Risiko. Am Universitätsspital Zürich können sich Betroffene umfassend über die Möglichkeiten informieren und beraten lassen.
Rund 6100 Männer erkranken in der Schweiz jedes Jahr an Prostatakrebs. Damit handelt es sich um die mit Abstand häufigste Krebsart bei Männern. Die Betroffenen sind fast ausschliesslich über 50 Jahre alt, weswegen sie ab diesem Alter regelmässige Routine-Untersuchungen in Betracht ziehen sollten. Denn wenn sie früh erkannt wird, ist die Krankheit gut therapierbar: „Mehr als 80 Prozent werden fürs Leben geheilt“, sagt Daniel Eberli, Professor an der Klinik für Urologie am Universitätsspital Zürich.
Für die betroffenen Männer ist die Diagnose trotzdem ein Schock. Auch darum, weil mit den gängigen Therapien gravierende Nebenwirkungen auftreten können, welche die Lebensqualität stark beeinträchtigen: allen voran Erektionsstörungen (Impotenz) oder ungewollter Urinverlust (Inkontinenz).
Die richtige Therapie verspricht also in vielen Fällen Heilung und minimiert gleichzeitig das Risiko auf Nebenwirkungen. Da es heute mehrere praktisch gleichwertige Behandlungsmethoden gibt, hat der Patient die Wahl. Jedoch eignen sich nicht alle Therapien für alle Patienten. „Eine erste genaue Abklärung ist zentral“, sagt Urologe Eberli. Am USZ erfolgt die Biopsie standardmässig mit einem modernen Biopsie-Gerät, das MRI-Daten und Echtzeit-Ultraschallbilder kombiniert. „Dank dieser erweiterten Diagnostik sehen wir, wo sich der Tumor befindet, wie gross er ist und ob es Ablagerungen gibt“, erklärt Eberli.
Häufig steht der Patient vor der Entscheidung: Die Prostata mittels Operation entfernen oder sie bestrahlen lassen? Beide Therapien haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile, über die sich Betroffene am besten direkt von den Fachleuten informieren lassen. Das USZ bietet zu diesem Zweck gemeinsame Sprechstunden an, wo sich Betroffene mit Urologen, Radio-Onkologen und Onkologen an einen Tisch setzen können. „Wir funktionieren als Einheit“, sagt Dr. Helena Garcia, Oberärztin an der Klinik für Radio-Onkologie am USZ. „Bei uns wird Interdisziplinarität gelebt.“
Sowohl die Operation als auch die Bestrahlung werden am USZ so schonend wie möglich ausgeführt. Der chirurgische Eingriff erfolgt mit Hilfe des hochpräzisen DaVinci-Roboters. Die Bestrahlung ist dank neuer Techniken sowie dem schweizweit einzigartigen Gerät MRIdian so präzise wie nie zuvor. Zudem gibt es heute Wege, sie mit erhöhter Dosis an lediglich fünf (statt über 30) Sitzungen durchzuführen. Infrage kommt dies für Patienten in frühen oder günstigen Krankheitsstadien.
Ist der Tumor klein und lokal, gibt es Alternativen zu OP oder Bestrahlung. Manchmal reicht es, ihn vorläufig lediglich zu beobachten („Active Surveillance“). Mit der HIFU-Therapie wiederum wird das fremde Gewebe quasi verbrannt, während die Prostata selbst in Ruhe gelassen wird. Es handelt sich dabei um eine neuere Therapieform, deren Resultate im Rahmen von Studien geprüft werden. Erste Auswertungen zeigen, dass das Risiko auf Inkontinenz und Impotenz rund zehnmal kleiner ist als bei den Standardtherapien.
Alternativen auch im fortgeschrittenen Stadium
Anders ist die Ausgangslage im fortgeschrittenen Stadium – also immer dann, wenn der Krebs nicht mehr ausschliesslich lokal in der Prostata wächst, sondern anderswo Ablagerungen gebildet hat – zum Beispiel in Lymphknoten oder Knochen. „In diesen Fällen ist nicht mehr die Heilung, sondern die Stabilisierung der Krankheit unter Beibehalt einer guten Lebensqualität das Therapieziel“, sagt Professorin Anja Lorch von der Klinik für Onkologie am USZ. „Denn sehr viele Patienten können heute sehr lange sehr gut mit der Krankheit leben.“
Solche Fälle werden am USZ ebenfalls interdisziplinär im uroonkologischen Tumorboard von verschiedenen Fachärzten besprochen. Ergänzend zur Hormonspritze gibt es im fortgeschrittenen Stadium viele weitere Behandlungsmöglichkeiten, etwa Antihormon-Tabletten, Chemotherapie oder die begleitende Bestrahlung. Im Rahmen von klinischen Studien erhalten Patienten am USZ zudem Zugang zu weiteren innovativen Therapien, die oft bereits bei anderen Erkrankungen erprobt und zugelassen sind.