Geimpfte COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit höchsten Risikofaktoren und schwerer Erkrankung bewältigten ihre Erkrankung insgesamt besser als schwer kranke Patienten mit weniger Risikofaktoren, aber ohne Impfschutz. Dies zeigt die Auswertung von Daten aus Schweizer Intensivstationen.
Personen mit Risikofaktoren für eine schwer verlaufende COVID-19-Erkrankung wurden nach der Zulassung der ersten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 als erste geimpft, um sie vor einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu schützen, aber auch, um die Kapazitäten der Intensivstationen aufrecht zu erhalten. Welchen Einfluss die COVID-19-Impfung auf die Intensivpatienten tatsächlich zeigte, haben Intensivmedizinerinnen und -mediziner des Universitätsspitals Zürich nun anhand von Daten aus dem RISC-19-ICU-Register in einer prospektiven Studie ausgewertet. Publiziert wurde die Studie mit dem Erstautor Matthias Hilty, Oberarzt am Institut für Intensivmedizin des USZ, soeben in Intensive Care Medicine.
Beobachtungen mit Daten belegen
Für die Studie wurden Daten aus dem RISC-19-ICU Register von COVID-19-Patientinnen und -Patienten von Schweizer Intensivstationen ausgewertet. Im Risk Stratification in Covid-19 patients in the ICU Register erfassen seit März 2020 derzeit 90 Intensivstationen aus 26 Ländern weltweit Daten zu intensivpflichtigen COVID-19-Patienten. Etabliert wurde das Register von der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI). Die Datensammlung dient den Intensivstationen und der Forschung als wichtige Quelle prospektiver Aussagen zu kritisch kranken COVID-19-Patienten.
Ausgewertet wurden die Daten von 964 COVID-19-Patientinnen und -Patienten, die in den neun Monaten seit Beginn der Impfkampagne auf den Intensivstationen der Schweizer Spitäler behandelt wurden. Davon waren nur 33 mit einem der beiden in diesem Zeitraum zugelassenen mRNA-Impfstoffe geimpft, 931 waren ungeimpft.
Die 33 Patientinnen und Patienten, die trotz mRNA-Impfung so schwer an COVID-19 erkrankt waren, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden mussten, gehörten alle der höchsten Risikogruppe an. Im Vergleich mit den ungeimpften Patienten waren sie älter, hatten mehr Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder eine Herzkreislauferkrankung, und insbesondere waren von ihnen viele aufgrund einer Vorerkrankung immunsupprimiert – ein bekannter Risikofaktor für eine Erkrankung trotz Impfung und für einen schweren Krankheitsverlauf.
Geimpfte Patienten in besserem Gesamtzustand
Der Gesamtzustand der geimpften Patientinnen und Patienten war nach standardisierten Beurteilungskriterien bei der Aufnahme auf die Intensivstation jedoch insgesamt besser als derjenige der ungeimpften COVID-19-Patienten. So zeigten sie beim Eintritt weniger Lungenprobleme als die ungeimpften Patienten, weniger benötigten eine maschinelle Beatmung, sie hatten eine geringere Beeinträchtigung der Herz- und Kreislauffunktion und litten weniger an Gerinnungs- und an Nierenfunktionsstörungen. Daraus resultierte für diese Patientengruppe eine weniger belastende Behandlung und eine durchschnittlich um sechs Tage kürzere Aufenthaltszeit als bei den ungeimpften Patienten. Die Mortalität bei den geimpften Patienten lag deutlich unterhalb der aufgrund der Risikokonstellation erwarteten – sie entsprach trotz der Risikokonstellation der durchschnittlichen Mortalität der auf den Intensivstationen behandelten COVID-19-Patienten.
Für Matthias Hilty weisen die Auswertungen jetzt nach, was die behandelnden Ärztinnen und Ärzte in der Klinik beobachtet hatten: «Die Daten zeigen eindrücklich, dass die Impfung gegen COVID-19 hoch gefährdete und schwer kranke Patienten vor dem schwersten Krankheitszustand bewahrte, obwohl die meisten eine stark erhöhte Risikokonstellation aufwiesen, die normalerweise mit einem schlechten Outcome verbunden ist, wenn diese Patienten kritisch erkranken. Der kürzere Aufenthalt auf der Intensivstation bedeutet in der Regel auch eine bessere Ausgangslage für die Rekonvaleszenz.» Zusammen mit der anteilmässig kleinen Zahl der geimpften Risikopatientinnen und -patienten auf den Intensivstationen seien diese Daten ein klarer Hinweis darauf, dass die Impfung gut schütze und diese Patientengruppe enorm von der Impfung profitiere. Auch inzwischen neu aufgetretene Varianten hätten an diesem Bild bisher nichts verändert. «Wir werden aber sicher auch spätere Daten auswerten», so Hilty, «um weitere Erkenntnisse dazu zu gewinnen.»