Medienmitteilung

Untersuchungen in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie zur Abrechnung der Position «interdisziplinäres Arztgespräch» an der Klinik für Herzchirurgie des USZ abgeschlossen

Zuletzt aktualisiert am 21. Juli 2021 Erstmals publiziert am 15. Dezember 2020

Das Universitätsspital Zürich (USZ) hat zwei externe Anwaltskanzleien mit der Untersuchung der Privatpraxis des ehemaligen Klinikdirektors für Mund- und Kieferchirurgie (MKG) am Zentrum für Zahnmedizin sowie zur Abrechnung der Honorarposition «interdisziplinäres Arztgespräch» in der Klinik für Herzchirurgie in Auftrag gegeben. Diese Untersuchungen sind abgeschlossen.

1. Untersuchung in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Vorwürfe treffen weitgehend zu

Im Mai 2020 erhielt das USZ Hinweise, dass der ehemalige Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) sich Patientinnen und Patienten des USZ in seine Privatpraxis zuweise und mit Ressourcen des USZ behandle, ohne dies abzugelten. Auch habe er Praktika von jungen Ärztinnen und Ärzten manipuliert. Zur Klärung dieser Vorwürfe gab das USZ umgehend eine externe Untersuchung in Auftrag. Ein am 13. September 2019 vorgelegter Bericht der Finanzkontrolle des Kantons Zürich zur Abrechnungspraxis hatte diese Aspekte aus heutiger Sicht noch nicht umfassend behandelt.

Die mandatierte Anwaltskanzlei kommt nun zum Schluss, dass die Vorwürfe weitgehend zutreffen: Der ehemalige Klinikdirektor hat Patientinnen und Patienten des USZ in seine Privatpraxis überwiesen und dort unter Einsatz von USZ Ressourcen behandelt, ohne dies abzugelten. Das USZ wurde dadurch finanziell geschädigt. Eine Manipulation der Weiterbildungsatteste konnte hingegen nicht festgestellt werden.

Privatpraxis als Abrechnungskonstrukt

Die Untersuchung hat gezeigt, dass der ehemalige Klinikdirektor die Nachbehandlungen bestimmter Patientengruppen des USZ über seine Privatpraxis am Zentrum für Zahnmedizin an der Universität Zürich abrechnen liess. Die Privatpraxis erwies sich dabei als reines Abrechnungskonstrukt: Die Behandlungen fanden in denselben Räumlichkeiten mit demselben Personal wie die ordentlichen ambulanten Behandlungen des USZ am Zentrum für Zahnmedizin (ZZM) der UZH statt, ohne jedoch das USZ für die verwendeten Ressourcen zu entschädigen. Von aussen war zwischen Privatpraxis und ordentlicher Sprechstunde nicht zu unterscheiden. Der Untersuchung zufolge hat sich der Klinikdirektor durch dieses Konstrukt zum Nachteil des USZ bereichert. Die Krankenkassen und die Patientinnen und Patienten wurden finanziell nicht geschädigt.

Das USZ ging stets davon aus, dass sämtliche am Zentrum für Zahnmedizin generierten Erträge aus ambulanten Patientenbehandlungen an das USZ überwiesen werden. So ist es im Kooperationsvertrag zwischen dem USZ und der für das ZZM verantwortlichen Universität Zürich festgehalten. Der Klinikdirektor wurde vom USZ mehrmals auf diese Regelung hingewiesen. Eine Kontrolle durch das USZ war jedoch nicht möglich, weil das USZ keinen Zugriff auf die Administrativsysteme der Universität Zürich hat.

Keine Manipulation von Weiterbildungsattesten

Die Untersuchung hat den Vorwurf nicht erhärtet, wonach der ehemalige Klinikdirektor die dreimonatigen Weiterbildungen von jungen Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung zur Erlangung des Facharzttitels für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie manipuliert habe. Es wurde diesbezüglich kein strafrechtlich relevantes Verhalten festgestellt.

Aufarbeitung ist im Gange

Das USZ hat aus dem Fall seine Lehren gezogen und umgehend mit der Aufarbeitung begonnen. Wie von der mandatierten Anwaltskanzlei empfohlen, wurde zwischenzeitlich eine Strafanzeige gegen Prof. Rücker eingereicht. Geprüft wird zudem die Rückforderung des finanziellen Schadens. Der Vertrag USZ – ZZM wurde bereits gekündigt.

Die Verstärkung des Risikomanagements und der Compliance zur künftigen Vermeidung eines solchen Falls sind bereits umgesetzt oder in die Wege geleitet. Dazu gehören, neben der Trennung vom betroffenen Klinikdirektor, die weitere Entflechtung zwischen der Universität Zürich und dem USZ im Bereich der Zahnmedizin, die Schaffung einer externen Whistleblowing Plattform sowie die Umsetzung neuer Regelungen im Bereich der Meldung und Bewilligung von Nebenbeschäftigungen sowie im Umgang mit Interessenbindungen. In Arbeit sind zudem die Erstellung von Verhaltensrichtlinien für die Gesamtunternehmung (Code of Conduct) sowie Anpassungen bei den Anstellungen der Klinikdirektorinnen und Klinikdirektoren.

Die Organisation der Weiterbildungen zur Erlangung des Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Facharzttitels durch junge Ärztinnen und Ärzte wurde ebenfalls bereits angepasst.

2. Untersuchung zur Abrechnung der Position «interdisziplinäres Arztgespräch» an der Klinik für Herzchirurgie

Durch die eigenen Kontrollmechanismen des USZ sind an der Klinik für Herzchirurgie anfangs August 2020 Unregelmässigkeiten bei der die Erfassung und Abrechnung der Tarifposition «interdisziplinäres Arztgespräch» aufgefallen. Eine umgehend durchgeführte interne Abklärung zeigte, dass diese Position über die letzten rund drei Jahre systematisch von der Klinikadministration erfasst wurde, obwohl sie im Klinikinformationssystem nicht dokumentiert worden war. Die Erfassung und Abrechnung der Position wurde sofort eingestellt und ebenfalls eine Anwaltskanzlei mit einer umfassenden externen Untersuchung mandatiert. Stichproben quer durch verschiedene andere Kliniken haben gezeigt, dass die Position dort korrekt dokumentiert und abgerechnet wurde.

Ärztinnen und Ärzte hatten keine Kenntnis

Die Untersuchung hat ergeben, dass die betreffende Position durch die Administration der Klinik systematisch bei allen zusatzversicherten Patientinnen und Patienten abgerechnet wurde und zwar für jeden Tag auf einer Intensivstation oder Intermediate Care Abteilung. Zwar finden auf diesen Abteilungen tatsächlich täglich Visiten mit verschiedenen Ärztinnen und Ärzte statt. Die Honorarposition ist aber nicht für diese Standardgespräche vorgesehen. Die Ärztinnen und Ärzte, die diese Visiten durchgeführt haben und entsprechend auf der Abrechnung aufgeführt wurden, hatten keine Kenntnis von der Verrechnung in ihrem Namen.

Rückzahlung an die Krankenkassen

Das USZ wird die unrechtmässig in Rechnung gestellten Kosten den Krankenkassen vollumfänglich rückerstatten. Dafür wurden im September 2020 die notwendigen Rückstellungen gebildet. Zudem hat das USZ eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Die Auszahlungen aus dem Honorarpool der Klinik werden zurückgefordert.

Erkenntnisse und Massnahmen

Aufgrund der Erkenntnisse aus der Untersuchung wurden – wie bei der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) – umgehend organisatorische Massnahmen zur Stärkung der Governance Struktur getroffen sowie zusätzliche Kontrollen in der Umsetzung des Zusatzhonorargesetzes eingeführt; die organisatorische Unterstellung und die Pflichtenhefte der Klinikdirektorinnen und Klinikdirektoren und der Klinikmanagerinnen und Klinikmanager werden zur Zeit überprüft. Auch bei den Vorkommnissen wie jenen in der Herzchirurgie erhofft sich das USZ von der Einrichtung der anonymen, externen Whistleblowerstelle, Hinweise auf Unregelmässigkeiten oder allfällige Missstände früher und konkreter zu erhalten und entsprechend rascher einschreiten zu können.

Eine wesentliche Verbesserung wird überdies die vom Regierungsrat im Rahmen der Revision des Spitalplanungs- und Finanzierungsgesetzes vorgesehene Anpassung oder Aufhebung des Zusatzhonorargesetzes darstellen, um die damit verbundenen Fehlanreize zu eliminieren.

Auskunft

Für Auskünfte zur Verfügung steht Franz Hoffet, Dr. iur., Mitglied des Spitalrats und des Finanzausschusses des Spitalrats USZ, wie folgt:

Dienstag, 15. Dezember 2020, von 15.00 bis 16.30 Uhr unter Tel.: +41 43 222 10 00

 

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