Story

Seltene Krankheit: Leben trotz Leiden

Markus Vorburger (58) hat eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung namens Neurofibromatose Typ 2 (NF2-assoziierte Schwannomatosis). Diese beeinträchtigt sein Hörvermögen und seinen Gleichgewichtssinn. Dank der richtigen Therapie, Unterstützung vom USZ und von seinem Arbeitgeber kommt er im Alltag gut zurecht.

„Eines Morgens war mir so schwindlig, dass ich nicht mehr aufstehen konnte. Das war vor fast 25 Jahren. Da wurde bei mir ein Kontroll-MRI gemacht, weil mein Vater eine vererbbare Krankheit namens Neurofibromatose Typ 2 hat, die sich auf sein Hör- und Gleichgewichtssinn auswirkte. Mit 60 wurde er schwerhörig. Typischerweise bilden sich bei der Krankheit gutartige Tumoren im Gehirn, den Augen, den Hörorganen oder im Bereich der Wirbelsäule oder des Rückenmarks. Gesehen hat man im MRI damals bei mir nichts. So ging ich davon aus, nicht betroffen zu sein. Nach einigen Jahren machte ich auf Anraten der Neurologin meines Vaters ein weiteres Kontroll-MRI. Dabei stellte sich heraus, dass ich doch betroffen bin von Neurofibromatose Typ 2.

Nach einem Hörsturz zehn Jahre später überwies mich mein HNO-Arzt ans USZ. Ich bin froh, hat man mich damals ans USZ überwiesen: Ich fühle mich hier bestens aufgehoben, erhalte immer Antworten auf meine vielen Fragen und ein ganzes Team von Spezialistinnen und Spezialisten kümmert sich um mich: Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachpersonen, Physiotherapeutinnen und –therapeuten aus den Fachbereichen der Kliniken für Neurologie und ORL.

Im Alltag eingeschränkt

Mein Hörvermögen hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert, ich habe in beiden Gehörgängen je einen Tumor von sieben bis acht Millimetern Durchmesser. Leider sind die Tumore schneller gewachsen als zuerst vermutet. Auch mein Gleichgewichtssinn ist betroffen: Aktuell habe ich ständig das Gefühl, vorne raus zu kippen. Bei meiner Arbeit als Hauswart gibt es Tätigkeiten, die ich je nach Tagesform nicht ausführen kann. Auf den grossen Rasenmäher sitzen, mit dem vibrierenden Laubbläser hantieren – alles Dinge, die für mich Gift sind. Manchmal ist mir auch so schwindlig, dass ich nicht arbeiten kann. Wenn ich am Morgen aufstehen kann, ohne dass mir schwindlig ist, wird es für mich guter Tag. Die Krankheit beeinträchtig mein Wohlbefinden schon massiv. Seit 2018 trage ich ein Hörgerät. Damals habe ich bemerkt, wie schlecht ich eigentlich schon höre. Ich bin froh, kommt die Verschlechterung bei mir schleichend, so kann ich mich wenigstens daran gewöhnen. Und ich kann mich langsam in die Situation hineinleben und mein Leben mit der Familie entsprechend anpassen.

Keine Operation

Man könnte die Tumoren operieren. Allerdings sind sie bei mir an einem sehr heiklen Ort. Und eine Operation ist auch immer ein Risiko, deshalb lasse ich es auf Anraten meines Behandlungsteams lieber so, wie es jetzt ist. Über mögliche Behandlungsmethoden habe ich viel gelesen, auch Studien und Berichte von Spezialkliniken. Bei einer Routinekontrolle bei der Neurologin Dorothee Gramatzki habe ich beiläufig gefragt, ob es ein Medikament gäbe für meine Tumoren. Sie nannte sofort den Namen Avastin (Bevacizumab). Da habe ich vor Glück, dass es eine mögliche Therapie gibt, geweint. Die Ärztinnen und Ärzte am USZ haben sich dafür eingesetzt, dass ich das Medikament off-label erhalte. Die Kosten hat die Krankenkasse zuerst abgelehnt. Jetzt gehöre ich zu den Härtefällen, und die Krankenkasse bezahlt das Medikament.

Letztes Jahr habe ich acht Dosen davon erhalten. Ich vertrage das Medikament sehr gut und habe keine Nebenwirkungen. Jedes Jahr werde ich auf Herz und Nieren getestet, und mein Bauch, die Wirbelsäule und der Kopf wurden auch kontrolliert. Der Schwindel wird im Drehstuhl am USZ Flughafen behandelt. Die Tumore verhalten sich zurzeit ruhig. Und auch der Lagerungsschwindel ist besser geworden.

Ich unterstütze die Forschung

Die Zukunft bleibt ungewiss, doch ich weiss, dass ich am USZ in den besten Händen bin. Hier finde ich die besten Mediziner, modernste Technologien und das alles gepaart mit menschlicher Wärme und Unterstützung. Ich bin gerne bereit, die Forschung mit Teilnahmen an Studien zu unterstützen. Nicht zuletzt für Cedrick, meinen sechsjährigen Sohn. Ich hoffe, dass er die Krankheit nicht bekommt.  Meine Geschichte möchte ich teilen, um anderen Menschen Mut zu machen. Es ist wichtig zu wissen, dass man sich das Leben auch mit Handicap gut einrichten kann. Deshalb mache ich auch bei Studien mit – nützen mir die Resultate mir nichts mehr, bringen sie vielleicht der nächsten Generation etwas.“