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Künstliche Intelligenz zur Entdeckung von Brustkrebs

Algorithmen des «machine learning» (besser bekannt als «künstliche Intelligenz») können durch automatisiertes Lernen die Muster krankhafter Veränderungen in radiologischen Bildern speichern und generalisieren bzw. «verstehen». Ein so trainierter Algorithmus kann eingesetzt werden, um in unbekannten Bildern nach Krankheiten zu suchen. Ein Team von Radiologen am Universitätsspital Zürich (USZ) konnte nun erstmals zeigen, dass Computer auch in der Krebsdiagnostik bereits zu erfahrenen Ärzten vergleichbare Leistungen erbringen.

Brustdichte ist in der Radiologie zurzeit ein sehr aktuelles Thema. Ein «deep learning» Programm der «künstlichen Intelligenz», das von einem Spin-off des USZ entwickelt wurde, macht beispielsweise bei einem Röntgenbild (Mammografie) eine Risikoanalyse durch Bestimmung der Brustdichte – eine Krankheit erkennen kann es nicht. Laden Sie beispielsweise das hier abgebildete Testbild unter www.b-rayz.ch hoch, dann erhalten Sie das Resultat der Risikoanalyse. Eine solche kann den Ärzten eine enorme Unterstützung zur Beurteilung des Brustkrebsrisikos einer Patientin sein.

Intelligente Computer-Programme zur Unterstützung des menschlichen Arbeitens werden immer leistungsfähiger und sind zunehmend in der Lage, komplexe Aufgaben zuverlässig zu erledigen. Im März 2016 besiegte das Programm Alphago von Google den amtierenden Champion im hochkomplexen chinesischen Brettspiel «Go» – ein Meilenstein, der von vielen Experten noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten wurde. In der Medizin und insbesondere in der Diagnostik sind deshalb in den nächsten Jahren bedeutende Veränderungen zu erwarten.

Künstliche neuronale Netzwerke ähnlich dem menschlichen Gehirn

Eine besonders leistungsfähige Methode des maschinellen Lernens stellt das «Deep Learning» dar, bei dem tiefe künstliche neuronale Netzwerke, ähnlich dem menschlichen Gehirn, zu einem gewissen Mass die Mustererkennung des Menschen nachahmen. Am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie (DIR) des USZ wurde erstmalig eine generische – das heisst allgemein verwendbare – Deep Learning-basierte Software genutzt (ViDi Suite), um automatisiert Brustkrebs in Mammographien zu detektieren. So konnte gezeigt werden, dass die Software eine ähnliche Performance zeigt wie erfahrene Radiologen. Die Studie wurde im Januar 2017 zur Publikation in der Zeitschrift «Investigative Radiology» akzeptiert (Deep Learning in Mammography: Diagnostic Accuracy of a Multi-Purpose Image Analysis Software in the Detection of Breast Cancer).

Das Computer-Programm wurde mit einer typischen Kohorte von Mammographien trainiert, wie sie in der radiologischen Bildgebung am USZ vorkommt. Anschliessend wurde die Leistungsfähigkeit des trainierten Programms an mehreren Sammlungen von Mammographien getestet:

1. Einer Sammlung von Mammographien mit hoher Brustkrebshäufigkeit,
2. einer Sammlung aus Portugal von einer völlig unterschiedlichen Population,
3. und einer Sammlung, die eher einer Brustkrebs-Screening-Situation in Zürich entspricht mit niedriger Häufigkeit von Brustkrebs.

Zum Vergleich wurden die Bilder von drei erfahrenen Radiologen bezüglich des Vorliegens von Brustkrebs ausgewertet. Es zeigte sich, dass die diagnostische Genauigkeit des trainierten Computer-Programms ungefähr der Leistung der Radiologen entsprach. Unterschiede bestanden darin, dass das Programm Vorteile bezüglich der Detektion von Abnormitäten aufwies (Sensitivität), während die Radiologen eine bessere Beurteilung der Gefährlichkeit der Läsion erreichten (Spezifität).

Fazit

Damit wurde erstmalig eine leistungsfähige Software des «machine learning» direkt an typischen Mammographien, wie sie im Alltag eines Schweizer Spitals auftreten, angewendet und im Vergleich zum Radiologen getestet. Im Ergebnis zeigte sich, dass das trainierte Programm schon sehr nahe an die menschliche Leistung heranreicht. Auch das Computer-Programm braucht eine hohe Anzahl von Trainingsfällen – ähnlich wie bei der Ausbildung von Assistenzärzten auf dem Weg zum Facharzt. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass das trainierte Programm kopiert werden kann, wohingegen der Assistenzarzt immer individuell ausgebildet werden muss.

Die zuverlässige Erledigung von medizinischen Aufgaben durch hochspezialisierte Software wird die Tätigkeit des Arztes, insbesondere des Radiologen, in den nächsten Jahren nachhaltig verändern. Aufgrund der Konsequenzen für den Patienten wird der Arzt jedoch nicht ersetzt werden, sondern zunehmend zur Bestätigung, Interpretation und Demonstration der maschinell erhobenen Befunde eingesetzt werden.

Wie «machine learning» bei Mammographien funktioniert, im Video erklärt (D):
http://blog.usz.ch/cms/wp-content/uploads/2017/11/Machine-Learning_lang_DE.mp4

How «machine learning» works for mammograms, explained in the video (E):

http://blog.usz.ch/cms/wp-content/uploads/2017/11/Machine-Learning_lang_ENG.mp4

Beitrag SRF PULS über die «machine learning» Software des Teams von USZ-Radiologen mit Prof. Dr. med. Andreas Boss.

Autor
Prof. Dr. med. Andreas Boss ist Leitender Arzt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des USZ und Facharzt für Radiologie.