Was sind Schlaf-Wach-Störungen?
Schlaf-Wach-Störungen betreffen nicht nur die Schlafdauer. Der Schlaf kann auch gestört sein, wenn die Schlafzyklen oder Schlafstadien vom normalen Schlaf abweichen oder die Tagesbefindlichkeit der Betroffenen eingeschränkt ist. Das bedeutet, dass der Schlaf entweder zu kurz oder zu lang ausfällt, zu häufig unterbrochen wird oder nicht erholsam ist, oder das die Wachheit beeinträchtigt ist.
DIe ICSD-3 (International Classification of Sleep Disorders, 3. Version) teilt Schlaf-Wach-Störungen in folgende Gruppen ein:
- Insomnien: Darunter verstehen wir Ein- und Durchschlafstörungen. Eine Einschlafstörung liegt vor, wenn Mühe mit Einschlafen hat. Bei einer Durchschlafstörung wacht man nachts häufig auf und kann längere Zeit nicht wieder einschlafen. Auch zu frühes morgendliches Aufwachen gehört in diese Gruppe. Insomnien sind die häufigste Form von Schlaf-Wach-Störungen.
- Hypersomnien: Diese sind durch das Auftreten einer übermässigen Tagesschläfrigkeit gekennzeichnet. Bei einer übermässigen Tagesschläfrigkeit leiden die Betroffenen trotz ausreichend langer Schlafdauer unter vermehrtem Schlafdrang und extremer Schläfrigkeit am Tage und haben teilweise das Bedürfnis, länger als zehn bis elf Stunden pro Tag zu schlafen. Die Narkolepsie ist eine wichtige Hypersomnie-Erkrankung.
- Schlafbezogene Atmungsstörungen: Im Schlaf wird die Atmung unbewusst über das vegetative Nervensystem gesteuert. Bei einer schlafbezogenen Atmungsstörung kommt es beispielsweise zu kurzen Atemstillständen, wie es beim obstruktiven oder zentralen Schlafapnoe-Syndrom der Fall ist.
- Schlafbezogene Bewegungsstörungen: Auch Bewegungsstörungen können den Schlaf stören. Zu den häufigsten schlafbezogenen Bewegungsstörungen gehört das Restless Legs-Syndrom (RLS, „unruhige Beine“).
- Parasomnien: Hiermit sind Verhaltensauffälligkeiten am Übergang zwischen Schlaf und Wach gemeint. Dabei wird der Schlaf durch plötzliche Vorgänge oder Ereignisse wie Schlafwandeln oder angsterfülltes Erwachen unterbrochen.
- Zirkadiane Schlaf-Wach-Störungen: Der zirkadiane Rhythmus umfasst etwa 24 Stunden. Der natürliche Schlaf-Wach-Rhythmus wird dabei durch den Wechsel von Helligkeit und Dunkelheit bei Tag und Nacht beeinflusst. Bei einer zirkadianen Rhythmusstörung verschiebt sich der Tageszyklus und damit die Schlafphase nach vorne oder hinten, oder bei einem verlängerten individuellen Rhythmus deutlich über 24 Stunden verlagern sich die Schlafzeiten von Tag zu Tag nach hinten. Dadurch geraten die individuellen Schlaf- und Wachzeiten durcheinander, etwa in Folge einer Zeitverschiebung (Jetlag) oder Schichtarbeit.
Schlaf-Wach-Störungen – Häufigkeit und Alter
Schlaf-Wach-Störungen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden.
Schlaf-Wach-Störungen: Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen von Schlaf-Wach-Störungen können – je nach Form – sehr unterschiedlich sein. Mitunter liegen auch mehrere Ursachen gleichzeitig vor. Allgemein lassen sich diese in zwei Gruppen einteilen:
- Äussere Einflüsse: Hierzu zählen beispielsweise Lärm, helles Licht, Hitze und Kälte, aber auch Substanzen wie Kaffee, Alkohol, Nikotin, Medikamente oder Drogen. Auch eine schlechte Schlafhygiene oder unregelmässige Schlafzeiten durch Schichtarbeit oder ein Jetlag infolge von Langstreckenflügen mit Zeitverschiebungen können eine Rolle spielen. Stress führt häufig dazu, dass Menschen schlecht ein- oder durchschlafen können.
- Innere Einflüsse: Psychische Erkrankungen wie Depressionen sowie Angsterkrankungen wie auch Symptome infolge organischer Erkrankungen wie Hormonstörungen, Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen können den Schlaf nachhaltig stören. Vereinzelt sind definierte Defizite im zentralen Nervensystem wie der Untergang bestimmter Zellen (z.B. Hypokretin bei Narkolepsie) ursächlich.
Nicht immer lässt sich die eigentliche Ursache für die Schlafstörung ausmachen. Dies ist zum Beispiel bei der idiopathischen Insomnie der Fall. Diese besteht oft schon seit der Kindheit ohne erkennbare Ursache.
Symptome: Schlaf-Wach-Störungen
Schlaf-Wach-Störungen können – je nach Art und Form der Störung – zu verschiedenen Beschwerden führen. Chronische Schlaf-Wach-Störungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die betroffene Person mehrmals pro Woche über einen längeren Zeitraum schlecht schläft. Dies macht sich durch beispielsweise Müdigkeit und Abgeschlagenheit bemerkbar. Fehlt Ihrem Körper Schlaf oder ist Ihre Schlafqualität schlecht, kann sich das auch durch
- Konzentrations- und Leistungsschwäche,
- Nervosität und Gereiztheit,
- Muskelverspannungen,
- Stimmungsschwankungen,
- depressive Verstimmung,
- Kopf-, Nacken- und Zahnschmerzen oder eine
- erhöhte Schmerzempfindlichkeit
bemerkbar machen.
Oft bleibt eine Schlaf-Wach-Störung von der betroffenen Person selbst unbemerkt. Angehörige oder Partner bemerken aber häufige Bewegungen des Bettnachbarn, Schreie, Aufschrecken, Atemstörungen oder -aussetzer sowie Schlafwandeln.
Schlaf-Wach-Störungen: Diagnose bei uns
Da bei Schlaf-Wach-Störungen verschiedene oder mehrere Ursachen vorliegen können, die mitunter weit zurückliegen, muss die Diagnose oft sehr umfassend erfolgen. Um ein möglichst genaues Bild der Beschwerden zu erhalten werden bei Schlaf-Wach-Störungen in der Regel verschiedene Diagnoseverfahren eingesetzt.
Zur genauen Diagnose werden wir Ihre Krankengeschichte erfragen und mögliche Erkrankungen als Ursache ausschliessen (Anamnese). Wichtig für uns zu wissen, ist auch, ob Sie Medikamente einnehmen, die den Schlaf stören, oder grosse Mengen an Koffein oder Alkohol konsumieren.
Schlaftagebuch und Schlaf-Fragebogen
Wichtige Hinweise auf die Diagnose liefert ein Schlaf-Tagebuch beziehungsweise ein Schlaf-Fragebogen. Darin dokumentieren Sie Ihr Schlafverhalten zum Beispiel in Form von
- Zubettgeh- und Schlafzeiten,
- bewusst wahrgenommene Wachphasen,
- Ihrem subjektiven Empfinden des Schlafs,
- Ihrer Lebenssituation und
- bestimmte Vorkommnisse und Auffälligkeiten wie Schlafwandeln oder Zähneknirschen.
Die subjektiv empfundene Tagesschläfrigkeit können wir mithilfe der „Epworth Schläfrigkeitsskala“ (ESS) erfassen. Zur Ermittlung der objektiven Schlafqualität dient der „Pittsburgh Sleep Quality Index“ (PSQI). Weitere Fragebögen kommen situativ zum Einsatz.
Schlaf-Wach-Störungen: Untersuchung im Schlaflabor
Eine wichtige Diagnosemöglichkeit liefert eine nächtliche Untersuchung im Schlaflabor, in der medizinischen Fachsprache auch Polysomnographie (PSG) genannt. Hierzu verbringen Sie beziehungsweise Betroffene eine Nacht im Schlaflabor. Dies dient dazu, der Schlafstörung genau auf den Grund zu gehen. Zudem können wir im Schlaflabor den Behandlungsfortschritt kontrollieren und gegebenenfalls anpassen.
Die Polysomnographie ermöglicht es, die genaue Schlafstruktur zu erfassen und besteht aus mehreren Untersuchungen:
- Kontrolle der Atmung
- Elektroenzephalogramm (EEG)
- Elektrokardiogramm (EKG, Herzfunktion)
- Elektromyogramm (EMG, Muskelaktivität an Beinen und Kinn)
- Elektrookulogramm (EOG, Augenbewegungen)
- Lage des Körpers
- Sauerstoffgehalt im Blut
Schlaf-Wach-Störungen: ergänzende Untersuchungen
Vor der PSG führen wir in aller Regel eine aktigraphische Untersuchung über 2 Wochen durch. Bei dieser im Alltag eingebetteten Untersuchung werden mit Hilfe eines Sensors am Handgelenk Daten erfasst, die Aufschluss über Ihren Schlaf-Wach-Rhythmus, Schlafgewohnheiten oder Tagschlafphasen geben. Auch der Therapieerfolg lässt sich hiermit überwachen.
Nach der PSG führen wir bei Hypersomnie- und anderen Patienten Tagestests durch, um die Tagesschläfrigkeit zu messen (z.B. Multipler Schlaf-Latenz-Test) oder um die Fähigkeit, in nicht-stimulierenden Situationen wach zu bleiben, zu bestimmen (z.B. Multipler Wachhalte-Test).
Schlaf-Wach-Störungen: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Sind Schlaf-Wach-Störungen eine Begleiterscheinung oder Folge einer anderen Erkrankung, sollten Sie zunächst diese behandeln lassen. Dadurch bessern sich die Schlaf-Wach-Störungen oft oder lassen sich ganz beseitigen.
In vielen Fällen können Sie Schlaf-Wach-Störungen schon durch richtiges Verhalten im Alltag vermeiden. Wichtig sind in diesem Zusammenhang einfache Massnahmen wie der Verzicht auf Koffein, Nikotin und Alkohol sowie regelmässige Schlafenszeiten. Diese und weitere wichtige Regeln zur Schlafhygiene finden Sie unter dem Menüpunkt Behandlung.
Verlauf und Prognose von Schlaf-Wach-Störungen
Auf Dauer kann schlechter Schlaf Ihrer Gesundheit schaden. Nebst der verringerten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit erhöht sich durch Schlafmangel das Risiko für zahlreiche Erkrankungen wie Depressionen, Übergewicht oder Diabetes Der Grund: Bei Schlaf-Wach-Störungen verändert sich der Stoffwechsel. Es werden weniger wachstumsfördernde Hormone produziert, die wir zur Zellerneuerung benötigen und die uns fit und gesund halten. Studien zeigen zudem, dass Menschen, die regelmässig weniger als fünf Stunden pro Nacht schlafen, eine grössere Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar eine geringere Lebenserwartung haben. Neuere Literatur weist ausserdem darauf hin, dass schlechter Schlaf neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson begünstigen können.
Es ist also wichtig, bei Schlaf-Wach-Störungen rechtzeitig etwas zu unternehmen. Das Gleiche gilt für Beschwerden, die Ihnen das Ein- oder Durchschlafen erschweren, wie zum Beispiel unruhige Beine (Restless-Legs-Syndrom) oder wenn Sie schnarchen. Aufmerksam sollten Sie auch werden, wenn Sie trotz ausreichenden Schlafs unter ständiger Müdigkeit und Erschöpfung leiden. Dies kann Anzeichen eines Schlafapnoe-Syndroms sein, bei dem es zu nächtlichen Atemaussetzern kommt und welches mit einem erhöhten Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall einhergeht.
Schlaf-Wach-Störungen: Behandlung
Bei Schlaf-Wach-Störungen über einen längeren Zeitraum sollten Sie wegen der möglichen negativen Folgen für Ihre Gesundheit einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.
Bedeutsam für die Therapie ist daher, die genauen Ursachen herauszufinden und diese – wenn möglich – zu beseitigen.
- Schlafapnoe: Behandlung mit Atemmaske
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- Restless Legs Syndrom