Sarkoidose

Morbus Boeck

Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine akut oder chronisch verlaufende entzündliche Erkrankung, die sich in fast allen Organen des Körpers abspielen und somit deren Funktion stören kann. Im Rahmen der Entzündungsreaktion bei Sarkoidose bilden sich sogenannte Granulome, kleine Knötchen aus Entzündungszellen. Am häufigsten sind Lunge und Lymphdrüsen betroffen.

Überblick: Was ist eine Sarkoidose?

Die Sarkoidose, auch Morbus Boeck, gehört zu den granulomatösen Erkrankungen. Ihr klassisches Merkmal sind mikroskopisch kleine, knotenförmige Gewebeveränderungen. Unklar ist, warum sie sich bilden. Vermutlich handelt es sich um eine Fehlregulation des Immunsystems, verursacht durch Erbfaktoren in Verbindung mit gewissen Umwelteinflüssen.

An Sarkoidose erkrankte Personen können allgemeine Beschwerden haben, die bei allen entzündlichen Erkrankungen auftreten:

  • Fieber
  • Abgeschlagenheit und Erschöpfung
  • Müdigkeit
  • Gewichtsverlust
  • Nachtschweiss
  • Gliederschmerzen

Die weiteren Symptome der Erkrankung können sehr unterschiedlich sein und hängen davon ab, welche Organe involviert sind.

Dies sind beispielsweise:

  • Lunge (zu 90 Prozent)
  • Lymphknoten (bis zu 90 Prozent)
  • Haut
  • Gelenke
  • Herz
  • Niere
  • Leber
  • Milz
  • Augen
  • Knochen
  • Nervensystem
  • Speicheldrüse

Die Sarkoidose befällt zwar am häufigsten Lunge und Lymphknoten, kann aber praktisch in jedem Organ vorkommen. Daher bezeichnen Fachleute sie auch als systemische Erkrankung. Betrifft die Sarkoidose beispielsweise die Lunge, leiden die betroffenen Personen an Husten und/oder Atemnot. Bei einem Lymphknotenbefall bemerken die Patienten und Patientinnen gelegentlich eine Schwellung der befallenen Lymphknoten. Die Sarkoidose erscheint sowohl in akuter als auch in chronischer Form und ist nicht ansteckend.

Meistens entwickelt sich die Sarkoidose zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Insgesamt leiden von 100’000 Menschen etwa 20 bis 40 daran, Frauen etwas häufiger als Männer. In manchen Ländern, darunter Schweden und Island, und in manchen Bevölkerungsgruppen, etwa US-Amerikaner und -Amerikanerinnen schwarzafrikanischer Abstammung, tritt die Sarkoidose signifikant häufiger auf. Als mögliche Ursache für diese Häufung kommen neben erblichen auch Umweltfaktoren hinzu.

Röntgenaufnahmen einer Lunge mit Sarkoidose

Ursachen und Risikofaktoren der Sarkoidose

Warum manche Menschen an der Sarkoidose erkranken, ist bislang unklar. Fachleute vermuten aber, dass eine erbliche Disposition in Verbindung mit bestimmten Umweltfaktoren das Leiden verursachen können.

Erbliche Faktoren

Als Ursachen für die chronisch entzündliche Erkrankung kommen möglicherweise genetische Faktoren in Betracht. So sind in fünf Prozent der Fälle familiäre Häufungen beschrieben. Zudem wurden gewisse Genveränderungen identifiziert, die das Risiko einer Sarkoidose begünstigen.

Inhalierte Schadstoffe

In neun von zehn Fällen befällt die Sarkoidose die Lunge einer betroffenen Person. Deshalb gehen Forschende davon aus, dass die Krankheit durch Schadstoffe verursacht wird, die über die Atmung aufgenommen wurden (sogenannte inhalative Noxen). Man nimmt an, dass die eingeatmeten Substanzen das Immunsystem aktivieren und damit die charakteristische Knötchenbildung auslösen. Die Lunge kann von Beginn an oder auch im weiteren Verlauf betroffen sein. Es stehen verschiedene Stoffe unter Verdacht, die Sarkoidose auszulösen:

  • Chemikalien
  • Feinstaub
  • Bakterien
  • Pilze
  • Viren
  • allergieauslösende Stoffe (z. B. Pollen)

Symptome: Eindeutige Krankheitszeichen fehlen

Welche Symptome die Krankheit verursacht, hängt von den befallenen Organen, dem Schwergrad und dem Verlauf ab.

Die akute Sarkoidose

In nur ungefähr zehn Prozent aller Krankheitsfälle treten die Symptome plötzlich auf. Meist ist die Lunge betroffen. Die üblichen Kennzeichen der akuten Form sind:

  • Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl,
  • schmerzhafte, anfangs rote, später bläuliche Knötchen unter der Haut (Erythema nodosum), meist an den Schienbeinen,
  • schmerzende Gelenkschwellung und -entzündung (Arthritis), meist an den Sprunggelenken,
  • Lymphknotenschwellung im Bereich der Hauptbronchien und der grossen Lungengefässe. Die Schwellungen verursachen meist keine Beschwerden, lassen sich aber auf einer Röntgenaufnahme identifizieren.

Die chronische Sarkoidose

In etwa 90 Prozent der Fälle tritt die Sarkoidose in ihrer chronischen Form auf. Meist betrifft sie die Lunge und benachbarte Lymphknoten, wobei manche Betroffene die Krankheit gar nicht bemerken. Bei fnderen entwickeln sich die Symptome schleichend, hauptsächlich zunehmender Reizhusten und belastungsabhängige Atemnot machen sich bemerkbar. Auf dem Röntgenbild können wir die geschwollenen Lymphknoten in der Lungenregion erkennen. Weitere Anzeichen der chronischen Form der Sarkoidose sind:

  • leichtes Fieber
  • Gewichtsverlust
  • Nachtschweiss
  • Müdigkeit
  • Gelenkschmerzen (Arthritis)

Symptome Sarkoidose – im ganzen Körper möglich

Prinzipiell kann die Sarkoidose Ihren gesamten Körper (extrapulmonale Sarkoidose) angreifen. Je nachdem, welches Organ betroffen ist, kommt es zu unterschiedlichen Symptomen:

  • Augen:Entzündung verschiedener Bereiche der Augen, etwa der Regenbogenhaut (Iris) oder des Ziliarkörpers, an dem die Augenlinse aufgehängt ist. Dann treten Augenschmerzen vor allem bei hellem Licht auf.
  • Haut: Hautveränderungen, wie das Erythema nodosum, siehe oben. Ausserdem können bläulich-lila Hautverfärbungen entstehen (Lupus pernio), besonders an Wangen und Nase.
  • Herz: Ist das Organ stark betroffen, kann die Sarkoidose eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen auslösen. Es besteht dann die Gefahr ernsthafter Komplikationen.
  • Leber und Milz:Eine Sarkoidose an diesen Organen kann ihre Funktion einschränken. Die Leberwerte im Blut können auch verändert sein.
  • Nieren:Durch eine erhöhte Calcium-Konzentration im Blut und dadurch auch im Urin kann es zu vermehrter Nierensteinbildung und einer Verkalkung der Niere kommen (Nephrokalzinose). Weiter kann sich die Sarkoidose in der Niere als entzündliche Erkrankung manifestieren.
  • Zentrales Nervensystem: Die Neurosarkoidose betrifft das Gehirn und Rückenmark. Sie kann einen Ausfall von Hirnnerven verursachen und dadurch die Gesichtsmuskulatur lähmen. Die Krankheit führt öfter auch zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis).
  • Frühkindliche Sarkoidose: Sie zeigt sich mit noch unspezifischeren Symptomen, beispielsweise Fieber, Appetitlosigkeit, Müdigkeit bis hin zu einer Vergrösserung von Leber und Milz.

Sarkoidose: Diagnose bei uns

Da sich die Sarkoidose mit unterschiedlichen Symptomen zeigt, ist ihre Diagnose nicht trivial. Bei Verdacht werden als Erstes die möglichen Symptome erfragt. Bei der körperlichen Untersuchung stehen Lunge, Lymphdrüsen und Haut im Vordergrund, da sie am häufigsten betroffen sind. Wir werden Ihren Brustkorb abhören und abklopfen, ausserdem Ihre Haut genau inspizieren und möglicherweise sogar eine Gewebeprobe entnehmen, um sie auf Knötchen zu untersuchen. Für die Diagnose können wir zudem folgende Verfahren einsetzen:

Lungenuntersuchung bei Sarkoidose

Das Ausmass, in dem Sarkoidose die Lungenflügel befällt, kann verschiedene Stadien erreichen.

Der Röntgenbefund des Brustkorbs zeigt, wie weit die Sarkoidose fortgeschritten ist:

  • Stadium 0: Symptome ausserhalb des Brustkorbs, keine Lungenbeteiligung
  • Stadium I: Geschwollene Lymphknoten zwischen den beiden Lungenflügeln. Das Lungengewebe zeigt keine Auffälligkeiten. Spontanheilungsrate circa 70 Prozent
  • Stadium II:  Schwellung der Lymphknoten im Brustkorb plus fleckige Veränderungen in der Lunge. Spontanheilungsrate bei circa 50 Prozent
  • Stadium III: Veränderungen des Lungengewebes, dabei keine Schwellung der Lymphknoten
  • Stadium IV: Krankhafter bindegewebiger Umbau des Lungengewebes (Lungenfibrose) mit eingeschränkter Lungenfunktion

Ist die Lunge befallen, überprüfen wir das Ausmass der Beeinträchtigung mit dem sogenannten Lungenfunktionstest. Eine Lungenspiegelung (Bronchoskopie) oder Spiegelung der Region zwischen den beiden Lungenflügeln (Mediastinoskopie) bringt dann noch differenziertere Ergebnisse. Bei der Lungenspiegelung entnehmen wir Gewebeproben, um sie auf krankhafte Veränderungen hin zu testen.

Blutuntersuchung bei Sarkoidose

Es existieren keine spezifischen Blutwerte, welche die Diagnose einer Sarkoidose bestätigen oder ausschliessen. Dennoch werden zur Beurteilung der Entzündungsaktivität verschiedene Laborwerte berücksichtigt (z.B. ACE (engl. Angiotensin Converting Enzyme), aktives Vitamin D3, Kalzium-Konzentration im Blut, Neopterin, s-IL2-Rezeptor, CRP, TNF-alpha, die Senkungsgeschwindigkeit der Blutkörperchen oder die Kalziumausscheidung im Urin.

Bildgebende Verfahren

Die Schnittbildaufnahmen einer hochauflösenden Computertomografie (CT) des Brustkorbs lassen Gewebeveränderungen der Lunge und der Lymphknoten noch genauer erkennen. Für die Bestimmung der Ausbreitung der Sarkoidose und deren Aktivität wird häufig eine Positronenemissionstomographie (PET) durchgeführt. Auch das zentrale Nervensystem kann bei Sarkoidose mittels CT untersucht werden. Ergänzt wird die Methode dann durch Magnetresonanztomografie-Aufnahmen.

Sarkoidose: Untersuchung weiterer Organe

Um herauszufinden, ob die Sarkoidose andere Organe befallen hat, können wir weitere Untersuchungen vornehmen. Wir werden beispielsweise

  • Ihre Leberwerte bestimmen,
  • den Urin sowie die Nierenfunktion im Blut testen und bei Bedarf einen Nierenultraschall sowie möglicherweise eine Nierenbiopsie durchführen
  • Ihr Herz mit Elektrokardiogramm, Ultraschall, Magnetresonanztomographie (cMRT) oder Herz-PET untersuchen,
  • eine augenärztliche Untersuchung empfehlen.

Sarkoidose: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Da die Ursachen der Sarkoidose bisher nicht gänzlich geklärt sind, können Sie die Krankheit nicht vorbeugen. Eine Früherkennung der Sarkoidose ist aufgrund der unspezifischen Symptome ebenfalls schwierig.

Die Prognose der akuten Sarkoidose ist trotz ihrer zum Teil starken Symptome sehr gut: Ein hoher Anteil der Betroffenen erfährt eine Spontanheilung innerhalb der ersten vier bis sechs Wochen. Nach einem Jahr haben sich bei der Röntgenuntersuchung nachgewiesene Veränderungen der Lunge zurückgebildet.

Für die chronische Form der Sarkoidose besteht eine etwas ungünstigere Prognose. Bei etwa 70 von 100 Betroffenen mit chronischer Sarkoidose im Stadium I heilt die Erkrankung aber innerhalb von zwei Jahren spontan aus. Allerdings sinkt die Spontanheilungsrate mit zunehmendem Schweregrad der Krankheit (siehe oben). Manche chronischen Fälle von Sarkoidose heilen aber schon nach einer einmaligen Therapie mit Immunsuppression ab. Beim Befall von Herz, Gehirn oder schwerem Lungenbefall besteht allerdings ein erhöhtes Risiko, an Sarkoidose zu versterben.

Komplikationen durch die Sarkoidose

Als Folge einer chronischen Sarkoidose können verschiedene Komplikationen auftreten.

  • Lähmungen,
  • Lungenvernarbung (Lungenfibrose),
  • Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen
  • Selten Nierenfunktionsstörung,
  • Sehstörungen.

Sarkoidose: Behandlung nicht immer erforderlich

Es ist nicht immer nötig, eine Sarkoidose zu behandeln. Wenn Sie eine leichte Sarkoidose mit günstiger Prognose haben, können Sie zunächst mit der Behandlung abwarten, wobei Sie uns regelmässig zur Kontrolle aufsuchen sollten.

Medikamentöse Behandlung bei Sarkoidose

Es gibt einige Wirkstoffe, die wir bei einer Sarkoidose einsetzen können:

  • Kortison: Sollte eine medikamentöse Therapie nötig sein, dann eignen sich besonders Glucocorticoide, von denen Prednisondas bekannteste ist. Sie helfen sehr gut, allerdings können unter einer Langzeittherapie ernst zu nehmende Nebenwirkungen auftreten. Deshalb sollte eines der folgenden Kriterien erfüllt sein, bevor wir Kortison in Tablettenform einsetzen: Sie leiden unter starken Beschwerden.
  • Es handelt sich um eine Sarkoidose im Stadium II, ab dem die Lungenfunktion nachlässt.

Die anfängliche Sarkoidose-Therapie mit Kortison dauert etwa vier bis zwölf Wochen. Danach verringern wir die Dosierung allmählich. Frühestens nach einem halben Jahr werden wir ein Absetzen der Therapie diskutieren.

  • Lokale Kortisonpräparate: Für die Therapie von Augen oder Haut können Sie bei einer Sarkoidose Kortisonpräparate auch lokal in Form von Augentropfen oder Salbe anwenden. Für die Therapie der Lunge kann unter Umständen nach anfänglicher Tabletteneinnahme zu einem Inhalationsspray gewechselt werden.
  • Immunsuppressiva: Nimmt die Sarkoidose einen langwierigen Verlauf oder wirkt die Kortison-Therapie nur unzureichend, können wir Ihnen zusätzlich Medikamente gegen das körpereigene Abwehrsystem verabreichen (Immunsuppressiva), beispielsweise Azathioprin, Methotrexat oder einen TNF-alpha-Blocker (Infliximab oder Adalimumab).
  • Lungentransplantation: Hat sich im weit fortgeschrittenen Stadium das Bindegewebe der Lunge narbig umgebaut und ist die Lunge in ihrer Funktion eingeschränkt (Lungenfibrose), bleibt als letzte Behandlungsoption eine Lungentransplantation.