Die Häufigkeit beträgt rund 1%. Trotzdem wird die Erkrankung bis heute leider häufig zu spät diagnostiziert und behandelt, was zu einer Beschädigung und Funktionseinschränkung der Gelenke führen kann. Bei dieser chronischen Gelenksentzündung schädigen körpereigene Abwehrzellen die Gelenkschleimhaut. In der Folge kommt es zu Schmerzen, Schwellungen, unbeweglichen und steifen Gelenken und eventuell Schäden am Knorpel. Die rheumatoide Arthritis ist letztendlich nicht heilbar, es können aber bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie Beschwerden gelindert und das Entstehen von Schäden verhindert oder verzögert werden.
Überblick: Was ist eine rheumatoide Arthritis?
Die rheumatoide Arthritis ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung, welche hauptsächlich mit Entzündungen der Gelenke einhergeht. Das Immunsystem identifiziert fälschlicherweise Teile des eigenen Körpers als fremd und problematisch. Eine Entzündung ist die spürbare und messbare Folge.
Die Innenhaut von Gelenken, Schleimbeutel und Sehnenscheiden werden durch Immunzellen angegriffen und letztendlich zerstört. Oft verläuft die Erkrankung in Schüben von mehrwöchiger Dauer. Neben verschiedenen Gelenken sind manchmal auch innere Organe mitbeteiligt. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Obwohl die rheumatoide Arthritis in jedem Alter auftreten kann, also auch bei Kindern, steigt das Risiko mit zunehmendem Alter. Meistens liegt der Krankheitsbeginn zwischen 40 und 50 Jahren.
Rheumatoide Arthritis: Ursachen und Risikofaktoren
Die Bedeutung des Immunsystems für die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis ist unbestritten, wobei die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind. Neben bestimmten Viren und Bakterien, die wohl ein Auslöser sein können, sind auch erbliche Faktoren an der Krankheit beteiligt. Zusätzlich zählen Übergewicht, Rauchen und Parodontitis zu den begünstigenden Einflüssen für die Entstehung der Erkrankung.
Wahrscheinlich entwickelt sich die rheumatoide Arthritis durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren über mehrere Jahre. Das komplexe Immunsystem des Menschen entwickelt eine Art Fehlprogrammierung. Abwehrzellen lösen in den Gelenken entzündliche Prozesse aus. Daraufhin wuchert die Gelenkinnenhaut und es kann zu einem Gelenkerguss respektive einer Synovitis kommen. Mit der Zeit werden Knorpel, Knochen und Bänder des Gelenks zerstört. Weisse Blutkörperchen beseitigen abgestorbene Partikel, während sie weitere entzündliche Stoffe freisetzen. So beginnt ein Teufelskreis, dem durch die Behandlung und Minimierung der Risikofaktoren begegnet werden muss.
Symptome: Rheumatoide Arthritis
Im frühen Verlauf der rheumatoiden Arthritis treten möglicherweise unspezifische Zeichen für eine Erkrankung auf, die zunächst nicht direkt auf die Ursache schliessen lassen. Dazu gehören unter anderem:
- Erschöpfung
- Appetitlosigkeit
- Selten Gewichtsverlust
- Müdigkeit
- erhöhte Temperatur oder leichtes Fieber
- Leistungsschwäche
- Schlafstörungen
- Schwitzen in der Nacht
Darüber hinaus gibt es typische Anzeichen, die den Bewegungsapparat mit unterschiedlicher Intensität betreffen, wobei der Beginn häufig schleichend ist und sich die Symptome über Wochen und Monate entwickeln können. Die Symptome treten oft schubweise auf, das heisst die Beschwerden klingen möglicherweise zwischenzeitlich ab. In der Regel sind mehrere Gelenke betroffen, wobei eine Oligoarthritis (2-4 Gelenke) oder eine Polyarthritis (> 4 Gelenke) vorliegen kann. In seltenen Fällen liegt ein einzelnes betroffenes Gelenk vor (Monoarthritis). Mögliche Symptome sind:
- Gelenkschmerzen: Diese sind oft im Ruhezustand ausgeprägter. Die Schmerzen steigern sich durch Druck, Beugung oder Streckung. Häufig sind Fingergrundgelenk, Fingermittelgelenk, Handgelenk, Zehengrundgelenk jeweils auf beiden Körperseiten symmetrisch betroffen. Die Fingerendgelenke sind in der Regel nicht betroffen und sprechen daher nicht für eine rheumatoide Arthritis.
- Gelenkschwellung: Die Schwellung kann zu einem Druck auf Nerven (z.B. im Bereich des Handgelenkes) führen mit nachfolgenden Missempfindungen und Taubheit. Typischwerweise sind die Fingergrundgelenke (MCP) betroffen.
- Gelenküberhitzung
- Selten Gelenkrötung
- Abnahme der Beweglichkeit
- Morgensteifigkeit: Unbewegliche Gelenke nach dem Aufwachen für bis zu einer Stunde, Besserung meist durch Bewegung und im Tagesverlauf. Eine nur kurz dauernde Morgensteife findet man oft bei Arthrose.
- Sehnenscheidenentzündung: Schwellung und Schmerzen im Bereich der betroffenen Sehnen (z.B. im Bereich von Hand- und Sprunggelenk).
- Abnehmende Kraft beim Greifen: Das ist ein frühes Anzeichen und führt zu auffallenden Einschränkungen im Alltag (zum Beispiel Öffnen von Schraubgläsern).
- Gelenkverformung: Diese tritt im Falle einer längerdauernden, nicht kontrollierten Entzündung auf. Gelenkverformungen haben aufgrund der besseren Diagnostik und Fortschritte in der Therapie in den letzten Jahren abgenommen. Folgende Deformationen können auftreten.
Ulnardeviation (Verzerrung der Finger vom Daumen weg
Schwanenhalsdeformität (Überstreckung des mittleren und Wegknicken des letzten Fingerglieds)
Knopflochdeformität (Herausragen der Knöchel der Fingermittelgelenke)
Überstreckung von Daumenendgelenk
Verformung von Daumengrundgelenk
- Rheumaknoten: Bei etwa einem Fünftel der Betroffenen bilden sich gutartige, grobe, gummiähnliche, teils verschiebbare Knoten an den Sehnen oder unter der Haut, an Ellenbogen, Händen, Achillessehne und Schienbein. Die Häufigkeit dieser hat wie auch die Gelenkverformungen in den letzten Jahren abgenommen.
Da die rheumatoide Arthritis im fortschreitenden Verlauf möglicherweise auch weitere Entzündungsherde an anderen Organen mit sich bringt, können verschiedene Erkrankungen von Herz, Lunge, Leber, Nieren, Augen und Blutgefässe zu vielfältigen Symptomen führen, wobei je nach betroffenem Organ eine bedrohliche Situation vorliegen kann. Mögliche Organmanifestationen sind:
- Herzbeutelentzündung
- Entzündung und Trockenheit von Augen und Mund
- Blutgefässentzündung (Vaskulitis)
- Entzündung der Lunge mit Bindegewebsvermehrung (Lungenfibrose)
- Rippenfellentzündung (Pleuritis)
- Entzündung von Hornhaut und Bindehaut der Augen
Speziell zu erwähnen ist bei Arthritispatienten und -patientinnen zudem das allgemein erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (wie z.B. Herzinfarkt), so dass entsprechende Massnahmen ergriffen werden sollten (u.a. Ernährung, Bewegung, optimale Einstellung der Blutfettwerte, des Blutzuckers, des Blutdruckes).
Rheumatoide Arthritis: Diagnose im USZ
Wenngleich ein frühzeitiges Erkennen (innerhalb der ersten drei Monate nach Auftreten der ersten Beschwerden) der rheumatoiden Arthritis äusserst wichtig ist, kann eine Diagnose aufgrund der unspezifischen Erstsymptome schwierig sein. Es fehlen eindeutige Tests, und so ist eine Kombination von Selbstbeobachtung des Betroffenen und diagnostischer Methoden die erfolgreichste Option. Die Diagnosestellung einer rheumatoiden Arthritis erfordert viel Erfahrung. Hauptpfeiler ist eine ausführliche Befragung, in der unter anderem folgende Punkte festgehalten werden:
- in welchen Gelenken sind Schmerzen und Schwellungen vorhanden?
- wann treten die Beschwerden auf (insbesondere Frage nach Ruheschmerzen)?
- wie lange dauert die morgendliche Betonung resp. die Morgensteife?
- Einschränkungen im Alltag?
- Begleitsymptome?
Auch eine körperliche Untersuchung, bei der alle Gelenke, auch nicht betroffene, auf Druckempfindlichkeit, Schwellung und Funktionsbeeinträchtigung inspiziert und getastet werden. Zusätzlich lässt man folgende Blutwerte überprüfen:
- Verschiedene Entzündungswerte (Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein). Diese sind nicht selten erhöht.
- Autoantikörper (Rheumafaktor, Anti-citrullinierte-Protein/Peptid-Antikörper, auch ACPA genannt, eventuell weitere Antikörper). Diese Antikörper sind oft positiv (seropositive rheumatoide Arthritis), jedoch nicht immer (seronegative Arthritis).
- Nicht selten findet man im Labor eine Blutarmut, dies aufgrund der chronischen Entzündung (Entzündungsanämie).
Einige dieser Blutwerte können manchmal Jahre vor Ausbruch der Krankheit bereits auf eine rheumatoide Arthritis hinweisen. Sollten Sie einen erhöhten ACPA-Wert aufweisen, können sie durch gezielte Gegenmassnahmen der Erkrankung vorbeugen oder zumindest Ihren Verlauf gegebenfalls abmildern und verlangsamen Weiter unterstützen bildgebende Verfahren die Diagnose:
- Röntgen: typische Veränderungen betroffener Gelenke an Händen und Füssen (Spätzeichen)
- Ultraschall: Knochendefekte und Entzündungsherde an Gelenken, Schleimbeutel, Sehnenscheiden
- Selten MRT (Magnetresonanztomografie), Szintigrafie
Rheumatoide Arthritis: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Durch die nicht abschliessend geklärten Ursachen der rheumatoiden Arthritis ist eine Vorbeugung und auch die Früherkennung nur in begrenztem Masse möglich. Sicher ist, dass Rauchen und Übergewicht die Entstehung des Krankheitsbildes begünstigen und ihren Verlauf beschleunigen. Weiter gehen diese Risikofaktoren mit einem schwereren Verlauf und weniger gutem Therapieansprechen einher. Auch eine gute Mundhygiene kann der Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis entgegenwirken.
Eine Früherkennung ist in einigen Fällen durch die Blutuntersuchung von Rheumafaktoren und dem oben erklärten ACPA-Wert möglich. Bei einer bestehenden rheumatoiden Arthritis ist eine vollständige Heilung nicht möglich. Der entstandene Schaden kann sich nicht regenerieren. Ziel ist deshalb eine Verlangsamung und günstigenfalls ein kompletter Rückgang der Krankheitsaktivität. Die Kombination verschiedener Therapiemassnahmen mit einem angepassten Lebenswandel erzielt dabei meist gute Ergebnisse.
Selbsthilfegruppen
Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».
Rheumatoide Arthritis: Behandlung
Eine Therapie der rheumatoiden Arthritis setzt sich optimalerweise aus vielen verschiedenen Bausteinen zusammen. Neben Medikamenten, Spritzverfahren und immer weniger häufig Operationen gehören zu einer Behandlung auch eine unterstützende Physio-, Ergotherapie und physikalische Therapie. Erkrankte sollten mit Ihrer behandelnden Ärztin oder ihrem behandelnden Arzt einen Behandlungsplan erarbeiten, der an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst ist.
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