Neurodermitis

atopische Dermatitis, atopisches Ekzem, endogenes Ekzem, Neurodermitis atopica

Bei einer Neurodermitis (auch atopische Dermatitis genannt) verspüren die Betroffenen einen starken Juckreiz der Haut, deren Zustand trocken und schuppig ist. Neurodermitis ist lästig, aber nicht ansteckend, und es gibt wirksame Behandlungsmöglichkeiten. Als betroffene Person sollten Sie mit der Basistherapie beginnen, indem Sie Ihre trockene und gerötete Haut pflegen und mit genügend Feuchtigkeit versorgen.

Überblick: Was ist Neurodermitis?

Neurodermitis gehört zu den häufigsten Hautkrankheiten. Es handelt sich um ein chronisches Leiden, das häufig in Schüben verläuft. Bei einer Neurodermitis ist die Haut entzündet und verliert ihre natürliche Schutzfunktion, sodass sie nur unzureichend gegen äußere Einflüsse gewappnet ist. Die Entzündungen führen dazu, dass Keime und reizende Stoffe in die Haut eindringen können, was teilweise zu schweren Infektionen führen kann.

Neurodermitis wird auch atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem genannt. Unter einer atopischen Krankheit oder Atopie verstehen Fachleute Krankheiten, bei welchen das Immunsystem überempfindlich auf normale Umwelteinflüsse reagiert. Hierzu zählen zusätzlich zur Neurodermitis der Heuschnupfen, das Asthma und Nahrungsmittelallergien. Diese Krankheiten können häufig auch simultan oder zeitlich nacheinander auftreten.  Der Juckreiz für die Menschen, die unter einem atopischen Ekzem leiden, kann unerträglich sein. Wenn sich die Betroffenen kratzen, schafft das meist nur für einen kurzen Moment Linderung und belastet die gereizte Haut zusätzlich. Aufgekratzte Stellen öffnen den Weg für Keime. Ein Teufelskreis.

Neurodermitis – Häufigkeit und Alter

In der Schweiz leiden 5 bis 15 Prozent der Menschen an Neurodermitis, darunter auch Kinder, Kleinkinder und Babys. In vielen Fällen werden die Symptome im Laufe der Lebensjahre schwächer oder verschwinden ganz. Bei Erwachsenen tritt die atopische Dermatitis folglich seltener auf (weniger als 6 Prozent). Wer in älteren Jahren betroffen ist, litt meist schon in der Kindheit unter Neurodermitis.

Unklar ist, warum heute mehr Menschen an Neurodermitis erkranken als in vergangenen Jahrzehnten. Hierzu gibt es die sogenannte Hygiene-Hypothese, welche besagt, dass Kinder, welche auf dem Bauernhof aufwachsen, weniger anfällig für atopische Krankheiten sind. Durch unseren Lebenswandel in die Städte mit immer mehr Sauberkeit kommt es daher zu einer steigenden Anzahl der Atopien. Es ist auch nicht auszuschliessen, dass Fachleute den atopischen Ekzemen heute mehr Aufmerksamkeit schenken und deshalb häufiger die Diagnose Neurodermitis stellen als früher.

Neurodermitis: Ursachen und Risikofaktoren

Studien haben gezeigt, dass die erbliche Veranlagung eine wichtige Rolle spielt. Wenn Sie unter Neurodermitis leiden, gibt es vielleicht auch Betroffene in Ihrer Verwandtschaft. Das grösste Risiko, zu erkranken, haben Kinder, deren Eltern beide Neurodermitiker sind. Die Wissenschaft geht davon aus, dass verschiedene Gene auf unterschiedlichen Chromosomen dafür verantwortlich sind, ob ein Mensch die Veranlagung für eine Neurodermitis besitzt. Dennoch ist die atopische Dermatitis keine typische Erbkrankheit, sie kann auch von allein auftreten.

Eine besondere Rolle spielt bei vielen Patientinnen und Patienten ein Gen, das sich so verändert hat, dass es die Produktion eines bestimmten Proteins (Eiweiss) hemmt. Dieses Protein mit dem Namen Filaggrin ist an der Verhornung von Hautzellen beteiligt und reguliert die Zusammensetzung der Hautfette. Wenn der Körper zu wenig Filaggrin produziert, besitzt die Haut nicht genügend Feuchtigkeit und trocknet aus.

Die genaue Ursache für atopische Ekzeme ist unbekannt, aber es gibt zahlreiche Faktoren, die eine Neurodermitis auslösen und begünstigen können. Welche Faktoren auf Sie zutreffen, wenn Sie selbst oder ein Angehöriger betroffen sind, kann ganz unterschiedlich sein. Häufige Faktoren sind:

  • der Kontakt mit Wolle oder anderen Textilien, die die Haut reizen
  • zu häufiges Waschen mit Seife oder Kontakt mit Reinigungsmitteln
  • Tabakrauch
  • bestimmte Lebensmittel, auf die der Organismus empfindlich reagiert
  • Hitze, Schwüle, Kälte oder andere Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen
  • psychischer Stress

Symptome: Neurodermitis

Wenn Sie selbst unter Neurodermitis leiden, kennen Sie sicher trockene, rote, rissige und vor allem juckende Haut. Manchmal kommen noch Schuppen, nässende Bläschen oder Knötchen hinzu. Ganz unterschiedliche Hautbereiche können betroffen sein.

  • Bei Erwachsenen sind häufig die Beugefalten der Kniekehlen und die Ellenbogenbeuge befallen. Auch Gesicht, Hals und Nacken sowie die Handgelenke und Hände sind oft betroffen. Eine Sonderform der Neurodermitis ist die Prurigoform (Prurigo atopica): Hierbei handelt es sich um hefig juckende Knötchen, die sich über größere Hautflächen oder sogar den ganzen Körper ausgebreitet haben (und oft zerkratzt werden).
  • Bei Kindern und Jugendlichen wird eine Neurodermitis oft an den Innenseiten (Beugefalten) der Knie- und Ellenbogengelenke sichtbar. Das Gesicht ist weniger häufig betroffen.
  • Bei Säuglingen tritt eine frühe Form (Vorform) der Neurodermitis oft als sogenannter Milchschorf auf; in diesem Fall bildet die Haut gelblich-weiße Krusten. Typische Bereiche für atopische Ekzeme sind die Wangen, die Kopfhaut sowie die Außenseiten von Armen und Beinen. Weniger häufig sind Bauch und Rücken betroffen. Die atopische Haut von Säuglingen ist meist nicht so trocken wie bei Kindern und Jugendlichen und sie neigt meist weniger zur Schuppenbildung.

Eine atopische Dermatitis (Neurodermitis) kann eine grosse psychische Belastung sein und die Lebensqualität stark einschränken. Das Leiden kann zu Beeinträchtigungen im Beruf und in der Schule führen und sogar Depressionen oder sonstige psychiatrische Erkrankungen auslösen. Bei Kindern ist die quälend juckende Haut ein häufiger Grund für Schlafstörungen. Kinder, die unter atopischen Ekzemen leiden, haben ein größeres Risiko, psychisch auffällig zu werden oder an ADHS zu erkranken, als Kinder ohne Neurodermitis.

Nicht alle stark juckenden Hautrötungen bei trockener Haut sind jedoch atopische Ekzeme. Es könnte sich zum Beispiel auch um eine Schuppenflechte, um ein Kontaktekzem oder um Krätze (Scabies) handeln. Deshalb ist es wichtig, dass Sie als betroffene Person eine erfahrene Dermatologin oder Dermatologen aufsuchen. Nur wenn die Hausärztin oder der Hautarzt die richtige Diagnose stellt, kann Ihnen bei einer Neurodermitis mit der für Sie passenden Therapie geholfen werden.

Diagnose Neurodermitis

Wir erkennen nicht nur an der Haut, ob Sie Neurodermitis haben. Auch andere äusserliche Merkmale deuten darauf hin:

  • Schatten über den Augen (leicht mit einem übermüdeten Aussehen zu verwechseln)
  • eine Dennie-Morgan-Falte (zwei Falten – seltener eine – unterhalb des unteren Augenlids)
  • verdickte Haut mit vertieften Linien in den Handflächen (sogenannte Ichthyosis-Hände)

Dies sind jedoch keine sicheren Kennzeichen, die eine genaue Diagnose ersetzen können. Deshalb werden wir Sie nach Ihrer genauen Krankheitsgeschichte fragen (Anamnese). Wichtig sind dabei Ihre eigenen Beschwerden (seit wann, wie oft, wie stark, wodurch ausgelöst) und mögliche Kofaktoren (zum Beispiel Allergien). Zusätzlich werden wir von Ihnen auch wissen wollen, ob es in Ihrer Verwandtschaft Fälle von Neurodermitis, Heuschnupfen, Asthma oder sonstige Allergien gibt.

Eine Untersuchung der gesamten Haut soll uns schließlich die endgültige Diagnose ermöglichen. Eventuell ist auch noch die Entnahme einer Gewebeprobe notwendig (Biopsie). Für den Nachweis einer Atopie werden allergische Hauttests (Prick-Test) und Blutuntersuchungen hinzugezogen.

Neurodermitis: allergische Form

Bei einem grossen Teil der betroffenen Personen, die an einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis) leiden, reagiert das Immunsystem empfindlich auf Allergene. Das sind Stoffe, die Allergien auslösen können. Häufige Allergene sind Pollen, Hausstaub-Milben, Tierhaare und bestimmte Nahrungsmittel. Bei diesen Neurodermitis-Betroffenen lässt sich im Blut eine erhöhte Menge eines bestimmten Abwehrkörpers nachweisen (Antikörper vom Typ Immunglobulin E, kurz IgE genannt). Das IgE regt den Organismus an, entzündungsfördernde Stoffe auszuschütten.

Wenn Sie zu den Betroffenen gehören, deren IgE-Menge im Blut erhöht ist, dann leiden Sie unter der sogenannten extrinsischen Form der Neurodermitis. Die nicht-allergische Neurodermitis wird dagegen intrinsisch genannt. Um welche der beiden Formen es sich bei Ihnen handelt, können wir mithilfe verschiedener Tests herausfinden:

  • Eine Blutuntersuchung im Labor zeigt, ob sich im Blut ein auffälliger IgE-Anteil befindet.
  • Ein Hauttest zeigt, ob eine Überempfindlichkeit (Allergie) gegenüber bestimmten Stoffen vorliegt. Ein häufig eingesetzter Allergietest ist der Prick-Test: Hierbei werden nacheinander verschiedene Stoffe, die im Verdacht stehen, eine Allergie auszulösen, mit der Haut in direkten Kontakt gebracht. Allergische Reaktionen zeigen sich dann in Form von Rötungen und Schwellungen (Quaddeln).

Neurodermitis: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Eine Neurodermitis alleine durch vorbeugende Massnahmen zu verhindern, ist kaum möglich. Ganz wichtig ist eine konsequente Hautpflege bereits ab dem Säuglingsalter bei Risikokindern. Auch im Erwachsenenalter bedeute die konsequente Hautpflege die Basis jeglicher Therapie. Als weitere Massnahme kann bei Säuglingen auf die Ernährung geachtet werden, indem man sie in den ersten vier bis sechs Monaten stillt und ihnen in dieser Zeit kein fremdes Eiweiss (zum Beispiel Kuhmilch) gibt. Eine Alternative zum Stillen ist hypoallergene Säuglingsnahrung. Babys, die in den ersten Lebensmonaten auf diese Weise ernährt werden, haben größere Chancen, keine häufig auftretende oder schwere Form der Neurodermitis zu entwickeln.

Jugendliche und Erwachsene sollten vor allem die schon erwähnten Risikofaktoren vermeiden. Nur wenn Sie die Substanzen kennen, die auf Ihren Organismus einen unerwünschten Reiz ausüben, können Sie ihnen entgehen, um Ihre Neurodermitis in Schach zu halten.

Verlauf und Prognose der Neurodermitis

Etwa die Hälfte aller Neurodermitis-Betroffenen erkrankt in den ersten sechs Lebensmonaten. Rund 70 bis 85 Prozent erkranken vor dem fünften Lebensjahr. Jede Neurodermitis ist anders, jede erkrankte Person hat seine eigene Krankheit. Es gibt unterschiedlich lange Pausen zwischen den Schüben, und die einzelnen Schübe können verschieden ausgeprägt und unterschiedlich lange andauernd sein.

Bei vielen an Neurodermitis Erkrankten werden die Symptome im Laufe der Jahre schwächer oder verschwinden sogar ganz. Das gilt vor allem für Betroffene, die schon in den ersten zwölf Lebensmonaten erkrankten. Rund 60 Prozent der an Neurodermitis leidenden Kinder haben bis zum frühen Erwachsenenalter keine Symptome mehr.

Eine komplette Heilung der atopischen Dermatitis ist bisher nicht möglich, da eine Veranlagung zur Neurodermitis ein Leben lang besteht. Doch mit der für Sie passenden Therapie stehen die Chancen gut, ein weitgehend beschwerdefreies Leben zu führen.

Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».

Neurodermitis: wirksame Behandlung

Es gibt mehrere wirkungsvolle Möglichkeiten, ein atopisches Ekzem zu lindern. Manches können Sie selbst tun. Uns stehen verschiedene Therapie-Optionen zur Verfügung, darunter auch Medikamente. Welche wir davon wählen, hängt vom Grad der Ausprägung und von Ihren individuellen Umständen ab. Ein Mittel allein ist meist nicht in der Lage, eine Neurodermitis zu lindern.

Bei der Behandlung Ihrer Neurodermitis unterscheiden wir zwei grundlegende Arten der Therapie:

  • die äusserliche Behandlung (mit Salben, Cremes, UV-Licht)
  • die innerliche Behandlung (mit Medikamenten)

Bei leichten bis mittelschweren Schüben reicht meist eine äusserliche Behandlung aus; die innere Behandlung, auch systemische Therapie genannt, werden wir vor allem bei einem schwereren Verlauf wählen.

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