Das Multiple Myelom ist eine Krebsart, die eher selten auftritt, aber es gehört zu den häufigsten Tumoren des Knochenmarks und des blutbildenden Systems. In der Schweiz erkranken jährlich etwa 620 Menschen an diesem bösartigen Plasmazellkrebs, die genauen Ursachen sind unbekannt. Die meisten Erkrankten sind zum Zeitpunkt der Diagnose älter als 70 Jahre. Dank des medizinischen Fortschritts kann das Multiple Myelom zwar nicht geheilt, aber immer besser behandelt werden. Mit der Therapie wird das Wachstum des Krebses oft für längere Zeit gebremst, die Lebensqualität bleibt erhalten.
Überblick: Was ist ein Myelom
Eingeordnet wird das Multiple Myelom in die Gruppe der langsam wachsenden Non-Hodgkin-Lymphome (NHL). Mit Non-Hodgkin-Lymphom bezeichnen Fachleute alle malignen (bösartigen) Erkrankungen des lymphatischen Systems. Das lymphatische System ist Teil des Immunsystems, zu ihm gehören das Lymphgefässsystem und die lymphatischen Organe wie Thymus, Milz, Rachenmandeln, Lymphknoten und auch das Knochenmark. Im Knochenmark werden rote und weisse Blutkörperchen gebildet, wobei den weissen Blutkörperchen die Aufgabe der Infektabwehr zufällt. Aus bestimmten weissen Blutkörperchen, den B-Lymphozyten, entwickeln sich die Plasmazellen. Sie sind ein wichtiger Teil des Immunsystems, denn sie helfen Infektionen zu bekämpfen, indem sie Immunglobuline, sogenannte Antikörper, produzieren. Diese Antikörper können Krankheitserreger unschädlich machen.
Wenn die Plasmazellen entarten oder bösartig werden, dann vermehren sie sich ungebremst und produzieren gleichzeitig grosse Mengen an funktions- und wirkungslosen Antikörpern. Die erkrankte Person wird anfälliger gegen Infekte, weil die gesunde Abwehr nicht mehr funktioniert. Die entarteten Plasmazellen werden Myelomzellen genannt, sie bilden an vielen Stellen Wucherungen im Knochenmark und verdrängen die normalen Zellen immer mehr. Das führt mit der Zeit zu verschiedenen Krankheitssymptomen. Im fortgeschrittenen Stadium greifen Myelome auch die Knochensubstanz an.
Zentrum für Hämatologische Neoplasien
Am USZ haben sich zahlreiche Fachbereiche zu einem Zentrum für Hämatologische Neoplasien zusammengeschlossen. Das Zentrum ist nach den Richtlinien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert. Ein auf die medizinische Versorgung von Knochenmarkkrebs spezialisiertes Expertenteam arbeitet hier zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten eng zusammen. An DKG-zertifizierten Zentren werden Betroffene nach strengen Qualitätskriterien behandelt und haben, gemäss aktueller Studien, im Durchschnitt eine bessere Überlebenschance.
Myelom: Ursachen und Risikofaktoren
Wodurch Myelome entstehen hat die Wissenschaft bisher nicht eindeutig klären können. Als auslösende Faktoren werden Umweltgifte, Pestizide, Schwermetalle, Lösungsmittel oder Asbest diskutiert. Auch scheint es einen Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit (Adipositas) oder chronischen Infektionen (HIV, Hepatitis) und Knochenmarkkrebs zu geben. Als weitere Risikofaktoren für ein Multiples Myelom gelten fortgeschrittenes Alter und männliches Geschlecht. Obwohl eine familiäre Häufung bestätigt werden kann, ist eine genetische Veranlagung bisher nicht belegt. Es gibt Genvarianten, die das Risiko für Myelome zu erhöhen scheinen, aber die Zusammenhänge konnten noch nicht wirklich geklärt werden.
Die Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) wird als Vorstufe – Präkanzerose – des Myeloms gesehen. Bei einer MGUS werden ebenfalls funktionslose Antikörper gebildet, aber nicht in dem schädigenden Umfang wie bei Knochenmarkkrebs.
Symptome: Myelom
Ein Myelom kann sich über Jahre hinweg entwickeln, ohne deutliche Krankheitssymptome zu verursachen. Anzeichen wie Müdigkeit, Gewichtsverlust, Nachtschweiss, erhöhte Körpertemperatur oder eine erhöhte Infektanfälligkeit sind nicht unbedingt spezifisch und können auch mit vielen anderen körperlichen Ursachen zusammenhängen. Doch sollten Sie sich sicherheitshalber bei den genannten Beschwerden an uns wenden und die Ursache abklären lassen. Wie bei vielen bösartigen Tumorerkrankungen sind die Therapiechancen dank der medizinischen Forschung grösser, je eher die Erkrankung entdeckt und entsprechend behandelt wird. Diffuse Anzeichen für ein Multiples Myelom können sein:
- häufige Infektionen
- Müdigkeit
- Gewichtsverlust
Deutliche Beschwerden machen sich meist erst bei fortgeschrittenem Multiplem Myelom bemerkbar. Dann zeigt sich eine ganze Reihe von auffälligen Symptomen wie:
- Knochenschmerzen, Knochenbrüche
- Blutarmut (Anämie), Erschöpfungszustände
- Eingeschränkte Nierenfunktion, schäumender Urin
- Erhöhte Kalziumwerte im Blut
Schmerzen am Knochenapparat sind die häufigsten Beschwerden im Zusammenhang mit dem Multiplen Myelom. Die Wucherungen im Knochenmark führen zu Rücken- und Knochenschmerzen, die oft als Anzeichen von Rheuma oder Osteoporose missdeutet werden. Auch plötzliche Brüche ohne richtiges Trauma kommen öfter vor, weil die Substanz des Knochens von innen zunehmend angegriffen wird.
Wenn die Tumore sich im Knochenmark ausbreiten, verdrängen sie die blutbildenden Zellen. Die Produktion der roten Blutkörperchen sinkt, als Folge treten Blässe, Müdigkeit und geringere Leistungsfähigkeit auf. Auch weisse Blutkörperchen werden weniger gebildet, die Immunabwehr nimmt ab, entsprechende Folgeerscheinungen sind eine höhere Anfälligkeit gegenüber Infekten und Krankheiten.
Die im Übermass von den entarteten Plasmazellen produzierten Antikörper (sog. Paraproteine) sind nicht funktionstüchtig und werden über die Nieren ausgeschieden. Manche Betroffene klagen über schäumenden Urin. Die sich auflösenden Knochen setzen vermehrt Kalzium frei, das sich im Blut verteilt und ebenfalls über den Urin ausgeschieden wird. Paraproteine und Kalzium schädigen die feinen Kanälchen in den Nieren, ihre Funktion leidet.
Myelom – Diagnose bei uns
Oft wird das Multiple Myelom zufällig bei einer Blut- oder Urinuntersuchung entdeckt. In der Diagnostik geht es zunächst darum, den Verdacht zu bestätigen. Dann muss geklärt werden, wo genau das Myelom sitzt und wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Zur Diagnose eingesetzt werden:
- Laboruntersuchungen
- Knochenmarkpunktion
- Bildgebende Verfahren
Die wirkungslosen Antikörper (sog. Paraproteine), lassen sich im Urin labortechnisch nachweisen und sind ein wichtiger Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Multiplen Myeloms. Auch im Blut lassen sich die entarteten Antikörper ausmachen, der erhöhte Proteinspiegel gibt Hinweise auf das Stadium der Erkrankung. Beim Blutbild wird ausserdem untersucht, ob schon die Anzahl der roten und weissen Blutkörperchen sowie der Blutplättchen eingeschränkt ist. Der Kalziumgehalt, die Nierenwerte und die Blutgerinnung sind ebenfalls wichtige Parameter, die anzeigen, wie weit sich das Myelom schon ausgebreitet hat.
Eine weitere Untersuchung ist die Knochenmarkpunktion, bei der unter örtlicher Betäubung eine Hohlnadel bis zum Knochenmark geführt wird, um eine Stanzprobe zu entnehmen. Die entnommenen Zellen und Gewebe werden mikroskopisch untersucht, um den Anteil an bösartigen Plasmazellen genau zu bestimmen.
Ob das Myelom bereits die Knochenstruktur angegriffen hat, lässt sich mit bildgebenden Verfahren untersuchen. Mit einer Computertomografie (CT) können auch schon kleine Auflösungserscheinungen der Knochen erkannt werden. Eine Magnetresonanztomografie (MRT) macht Schädigungen an den Wirbelkörpern sichtbar. Mittels FDG-PET/CT kann darüber hinaus ein gesteigerter Stoffwechsel in befallenen Knochen und eine Beteiligung von Lymphknoten oder Organen detektiert werden.
Myelom – Stadium der Erkrankung
Der erhobene Befund wird medizinisch in drei Stadien eingeteilt, dafür spielen die Werte von Albumin und Beta-2-Mikroglobulin im Bluts eine Rolle. Ein hoher Beta-2-Mikroglobulin-Gehalt ist Anzeichen eines schon weit fortgeschrittenen Stadiums. Von der Einstufung hängt der individuelle Therapieplan ab.
Zweitmeinung bei Knochenmarkkrebs
Bei einer Krebsdiagnose ist eine medizinische Zweitmeinung eine wichtige Entscheidungshilfe. Das Comprehensive Cancer Center Zürich unterstützt Sie mit einer fachlich fundierten Expertenmeinung. Sie erhalten eine sorgfältige Situationsanalyse sowie eine persönliche Beratung und rasche Antworten auf ihre Fragen.
Myelom – Vorbeugung, Früherkennung, Prognose
Eine Möglichkeit das Multiplen Myelom vorzubeugen gibt es nicht. In gewissem Umfang könnte eine gesunde Ernährung davor schützen. Nach einer isländischen Studie sollen Menschen mit einem hohen Obstkonsum (mindestens drei Mal in der Woche) ein geringeres Risiko haben, dass sich bei ihnen aus der Vorstufe MGUS ein Multiples Myelom entwickelt.
Mit regelmässigen Gesundheitschecks können Sie selbst zu einer möglichen Früherkennung beitragen. Meist fällt bei einem Blutbild diese Erkrankung eher zufällig auf. Und Sie können sich bei diffusen Symptomen an Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin wenden und die Anzeichen medizinisch abklären lassen.
Der Verlauf der Erkrankung hängt davon ab, in welchem Stadium sie diagnostiziert und behandelt wird. Dank der modernen Therapiemöglichkeiten ist es heute über einen längeren Zeitraum möglich, den Krebs in seinem Wachstum in Schach zu halten und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.
Selbsthilfegruppen
Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».