Was ist Morbus Basedow?
Morbus Basedow wird auch Basedow-Krankheit (oder im Englischen Graves’ disease) genannt. Es handelt sich hierbei um eine Autoimmunerkrankung: Die Abwehrzellen des Immunsystems greifen nicht – wie eigentlich vorgesehen – körperfremde Erreger an, sondern richten sich gegen körpereigenes Gewebe. Vor allem die Schilddrüse ist davon betroffen; sie liegt an der Vorderseite des Halses unter dem Kehlkopf. Bei etwa der Hälfte der Erkrankten kommt es auch zu Veränderungen der Augen; die fallen in den meisten Fällen kaum auf, bei fünf bis 25 Prozent der Patientinnen und Patienten können sie jedoch stark ausgeprägt sein.
Etwa zwei bis drei Prozent der Frauen sind von der Basedow-Krankheit betroffen. Die Häufigkeit bei Männern ist fünfmal niedriger. In vielen Fällen tritt die Krankheit zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr in Erscheinung, sie kann aber auch in allen anderen Altersgruppen auftreten.
Ursachen: Wie entsteht Morbus Basedow?
Das Immunsystem des Körpers bildet Abwehrstoffe (Antikörper) normalerweise, um damit Krankheitserreger zu bekämpfen. Bei der Autoimmunerkrankung Morbus Basedow heften sich bestimmte Antikörper stattdessen an die Oberfläche von Schilddrüsenzellen. Dadurch wird die Schilddrüse zu einer vermehrten Produktion von Hormonen angeregt; in der Medizin heisst diese Überfunktion Hyperthyreose. Ausserdem reagiert die Schilddrüse auf die Antikörper häufig, indem sie sich übermässig vergrössert.
Weitere Stellen, an denen die Antikörper andocken können, befinden sich in Muskel- und Fettzellen der Augenhöhle. Hier entstehen dann oft Schwellungen: Das Auge wölbt sich hervor oder tritt sogar aus der Augenhöhle heraus; dieser Zustand wird endokrine Orbitopathie oder Exophthalmus genannt.
Warum das alles überhaupt passieren kann, ist unklar. Manchmal haben Betroffene in ihrer Familie Angehörige, die ebenfalls an Morbus Basedow erkranken, weshalb eine genetische Veranlagung wahrscheinlich ist. Selten tritt die Basedow-Krankheit auch gemeinsam mit Diabetes vom Typ 1 auf. Bei manchen Patientinnen und Patienten erscheint ein Morbus Basedow nach einem seelisch belastenden Erlebnis oder in einem Lebensabschnitt, der von Stress-Situationen beherrscht wird. Die Erkrankung kann aber auch bei Menschen auftauchen, die sich bis dahin vollkommen unbeschwert gefühlt haben.
Symptome: Wie zeigt sich Morbus Basedow?
Bei der Basedow-Krankheit bilden sich oft drei Symptome, die in der Medizin als „Merseburger Trias“ bezeichnet werden (weil der Arzt Karl Adolph von Basedow, Namensgeber der Erkrankung, in der Stadt Merseburg starb). Diese drei Merkmale sind sogenannte Leitsymptome. Das bedeutet nicht, dass sie bei allen Erkrankten vorkommen müssen – das Phänomen der hervortretenden Augen betrifft ja nur weniger als die Hälfte der Patientinnen und Patienten. Wenn aber diese Leitsymptome bei Ihnen festgestellt werden, sind sie ein starker Hinweis darauf, dass ein Morbus Basedow vorliegt.
Dies sind die drei typischen Krankheitszeichen der Basedow-Krankheit:
Vergrösserte Schilddrüse
Wenn fehlgeleitete Antikörper des Immunsystems die Schilddrüse zu einem verstärkten Wachstum anregen, kann ein Kropf entstehen. Diese Anschwellung unterhalb des Kehlkopfes wird auch Struma genannt. Eine Struma bei Morbus Basedow entsteht meist gleichmässig und ohne Knoten.
Erhöhte Herzfrequenz
Die Überfunktion der Schilddrüse beschleunigt den gesamten Stoffwechsel und regt auch das Herz an, schneller zu schlagen. Die erhöhte Herzfrequenz, Tachykardie genannt, kann zahlreiche Beschwerden hervorrufen:
- innere Unruhe, Nervosität, Zittern
- Schwindel
- Herzklopfen (Puls über 100)
- erhöhter Blutdruck
Vorgewölbte Augen
Etwa weniger als die Hälfte der Morbus-Basedow-Kranken muss erleben, dass ihre Augäpfel aus den Augenhöhlen hervortreten. Diese Erscheinung, Exophthalmus oder endokrine Orbitopathie genannt, betrifft nicht immer gleichmässig beide Augen. Oft verhindert die Vorwölbung, dass sich die Lidspalte vollständig schliessen lässt, also der Spalt zwischen Oberlid und Unterlid, durch den man das Auge sieht.
Wenn bei Morbus Basedow die Augen beteiligt sind, geschieht das meistens im gleichen Zeitraum, in dem sich auch die übrigen Krankheitssymptome bilden. Manchmal kommt es aber auch vor, dass die Augenprobleme erst Monate oder sogar Jahre später auftreten – sogar dann, wenn sich die Erkrankten längst in ärztlicher Behandlung befinden.
Ein Exopthalmus kann zu vielfältigen Beeinträchtigungen führen:
- gerötete, gereizte, juckende oder brennende Augen
- zu seltener Lidschlag, trockene Augen
- angeschwollene Augenlider
- Tränenfluss
- Lichtempfindlichkeit
- Schmerzen, Druck- oder Fremdkörpergefühl im Auge
- Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Doppelbilder)
Die bei Morbus Basedow erhöhte Produktion von Schilddrüsenhormonen und der überaktive Stoffwechsel können zu weiteren Beschwerden führen. Zum Beispiel zu Durchfall, Haarausfall und einer übermässigen Schweissproduktion.
Diagnose: Wie lässt sich Morbus Basedow feststellen?
Meist reichen zwei Untersuchungsmethoden aus, um zu klären, ob eine Basedow-Krankheit vorliegt:
Blutwerte: Bei Morbus Basedow ist der Anteil der Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 im Blut erhöht. Das Vorliegen einer erhöhten Menge bestimmter Antikörper (TRAK, TSH-Rezeptor-Autoantikörper) kann dann bereits die Erkrankung nachweisen.
Sonographie (Ultraschall-Untersuchung): Erfahrene Ärzte und Ärztinnen erkennen auf einem Bildschirm, dass die Schilddrüse stärker als normalerweise durchblutet ist; oft ist sie auch vergrössert.
Eher selten wird als zusätzliche Untersuchung eine Szintigraphie gemacht. Bei dieser Methode leitet man eine schwach radioaktive Substanz durch den Körper. Sie reichert sich vorübergehend in der Schilddrüse an und gibt Aufschluss über deren Stoffwechselaktivität. Wenn sie erhöht ist – ein deutlich sichtbarer Hinweis auf Morbus Basedow –, erkennt man das auf dem Bild (Szintigramm), das von einer Spezialkamera angefertigt wird.
Um festzustellen, ob bei der Basedow-Krankheit auch die Augen betroffen sind, erfolgt meist eine gründliche Augenuntersuchung, im Spital oder in einer augenärztlichen Praxis. Wenn Sie an Morbus Basedow erkrankt sind, sollten Sie Ihre Augen regelmässig untersuchen lassen – auch dann, wenn Sie keine Augenbeschwerden haben.
Therapie: Wie wird Morbus Basedow behandelt?
Medikamente können dafür sorgen, dass die Schilddrüse weniger Hormone bildet und freisetzt. Diese Schilddrüsenhemmer werden Thyreostatika genannt. Bis die Neuproduktion der Hormone zum Erliegen kommt, dauert es meist sieben bis zehn Tage. Bis dahin können vorübergehend Betablocker für Abhilfe sorgen – sie helfen gegen Herzrhythmusstörungen und die damit verbundenen Symptome wie Zittern oder innere Unruhe. Wenn Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Sie mit Thyreostatika behandelt, müssen Sie damit rechnen, dass die Therapie 12-18 Monate dauert. Bei einer zu kurzen Behandlung bestünde die Gefahr, dass die Schilddrüsenprobleme erneut auftreten.
Falls die medikamentöse Therapie nicht zum erwünschten Erfolg führt, gibt es eine weitere Möglichkeit, mit der sich die Beschwerden der Basedow-Krankheit bekämpfen lassen: die Verkleinerung der Schilddrüse oder sogar ihre vollständige Entfernung. Beides kann entweder durch eine Operation erfolgen oder durch die sogenannte Radiojod-Therapie: Um zu erreichen, dass ein Teil des Schilddrüsengewebes gezielt verringert wird, schluckt man als Patientin oder Patient eine Kapsel oder Tablette, die schwach radioaktives Jod enthält. Das Jod reichert sich in der Schilddrüse an und tötet dort jene Zellen ab, die Hormone produzieren. Alle übrigen Zellen der Schilddrüse bleiben im Idealfall intakt.
Falls Sie als Morbus-Basedow-Patientin oder -Patient an einer endokrinen Orbitopathie leiden, gibt es auch Mittel zur Behandlung Ihrer Augenprobleme. Bei leichten oder mässigen Beschwerden kann zum Beispiel das Spurenelement Selen für Erleichterung sorgen. Und wenn stärkere Schwellungen oder Vorwölbungen der Augäpfel das Problem sind, können entzündungshemmende Glukokortikoide helfen (meist als „Kortison“ bekannt). In manchen Fällen kann auch eine Augenoperation oder eine Bestrahlung der Augenhöhle helfen.
Prognose: Wie verläuft Morbus Basedow?
Beim Morbus Basedow handelt es sich um eine chronische Erkrankung – den Satz „Sie sind für immer geheilt“ bekommen die Betroffenen leider nie zu hören. Rückfälle nach einer medikamentösen Behandlung sind keine Seltenheit. Aber die Basedow-Krankheit ist nicht lebensbedrohlich, und die moderne Medizin bietet heute viele Möglichkeiten der gezielten Hilfe.
Der Verlauf der Erkrankung kann individuell ganz unterschiedlich sein. Betroffene mit einem grossen Kropf oder besonders hohen Antikörpermengen haben eine schlechtere Prognose. Das gilt auch für Raucher: Sie leiden meist unter Beschwerden, die im Vergleich zu Nichtrauchern häufiger und stärker auftreten. Falls Sie rauchen, sollten Sie deshalb überlegen, damit aufzuhören – es kann sich positiv auf Ihre Basedow-Krankheit auswirken. Wenn Erkrankte weder rauchen noch besonders grosse Schilddrüsen besitzen, stehen die Chancen gut, dass ein mit Medikamenten behandelter Morbus Basedow nach etwa einem Jahr keine gravierenden Beschwerden mehr verursacht.
Falls Sie zu den Morbus-Basedow-Betroffenen gehören, die unter Veränderungen der Augen leiden, können Sie dafür sorgen, dass lästige oder schmerzhafte Symptome leichter zu ertragen sind. Hilfreich sind zum Beispiel getönte Brillen, Prismen-Gläser (bei Doppelbildern), Augentropfen, Augengel, ein Augenverband und kühle Augenkompressen.
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