Überblick: Was ist eine Milzruptur?
Eine Milzruptur ist ein Riss in der Kapsel oder im Gewebe der Milz. Der Milzriss ist immer ein Notfall, bei dem Ärztinnen und Ärzte schnell handeln müssen. Denn möglicherweise treten Blutungen im Bauchraum auf, die lebensbedrohlich werden können.
In den meisten Fällen ist die Ursache der Milzruptur ein stumpfes Bauchtrauma. Dabei wirkt stumpfe Gewalt auf den Bauchraum ein und schädigt die Milz, etwa bei einem Auto- oder Sportunfall. Manchmal entsteht die Milzruptur auch spontan ohne die Beteiligung mechanischer Kräfte. Beispiele dafür sind Infektionen, Entzündungen, Tumore oder Blutkrankheiten.
Bei einer Milzruptur lassen sich zwei Formen unterscheiden:
- Einzeitiger Milzriss: Sowohl die Kapsel als auch das Gewebe reissen ein und Symptome wie Schmerzen im Oberbauch sowie Kreislaufprobleme setzen sofort ein.
- Zweizeitiger Milzriss: Zunächst reisst nur das Gewebe der Milz ein und erst einige Stunden, Tage oder Wochen später auch die Kapsel. Anfangs zeigen sich keine Symptome und die Beschwerden setzen erst mit Verzögerung ein.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Behandlung bei einem Milzriss. Welche Ärztinnen und Ärzte wählen, hängt vom Ausmass und Schweregrad der Verletzung sowie der Menge und Art von Begleitverletzungen ab. Manchmal lässt sich die Milzruptur konservativ ohne Operation behandeln. In anderen Fällen ist eine OP notwendig. Ärztinnen und Ärzte versuchen jedoch grundsätzlich, die Milz zu erhalten, denn die Milz erfüllt wichtige immunologische Funktionen (Infektabwehr)! Manchmal gelingt dies nicht und sie müssen die Milz teilweise oder ganz entfernen.
Milzruptur – Häufigkeit und Alter
Die Häufigkeit der Milzruptur lässt sich nicht exakt beziffern. Bei stumpfen Bauchtraumata ist die Milz jedoch mit bis zu 45 Prozent das am häufigsten geschädigte Organ im Bauchraum. Etwa fünf bis sechs Prozent sind zweizeitige Milzrupturen (bei Kindern weniger). Der nicht-traumatische Milzriss, etwa im Rahmen von Infektionen oder Entzündungen, kommt im Vergleich dazu seltener vor.
Eine Milzruptur kann prinzipiell Menschen jeglichen Alters betreffen: Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren. Ausserdem können Menschen jeglichen Geschlechts einen Milzriss erleiden.
Milzruptur: Ursachen sind meist Bauchverletzungen
Die häufigsten Ursachen einer Milzruptur sind stumpfe Bauchverletzungen (Traumata). Als Hauptursache gelten in den Industrieländern Verkehrsunfälle – und zwar sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Besonders bei Kindern kann der Anschnallgurt aufgrund seiner Position beim Aufprall eine starke Gewalteinwirkung bedeuten und die Milz reissen lassen. Die Gefahr einer Milzruptur ist bei Kindern besonders gross, weil ihre Rippen noch weich sind und die Bauchmuskulatur schwächer ist als bei Erwachsenen.
Daneben kommen folgende Ursachen für eine Milzruptur in Betracht:
- Stürze aus grösserer Höhe – vor allem bei den Sechs- bis Zehnjährigen ist dies eine häufige Ursache.
- Stürze vom Fahrrad, etwa über den Lenker – besonders oft kommt dies bei den elf- bis 15-Jährigen vor.
- Motorradunfälle – die häufigste Ursache der Milzruptur bei den 16- bis 18-Jährigen
- Arbeitsunfälle
- Sportunfälle, etwa beim Snowboarden, Skifahren oder Boxkampf
Im Prinzip kann aber jede Verletzung des Bauchraums mit einem Milzriss einhergehen.
Ärztinnen und Ärzte unterscheiden bei der traumatischen Milzruptur:
- Stumpfes, geschlossenes Bauchtrauma: Dabei bleibt die Haut intakt. Die Hauptursache für solche Bauchverletzungen sind Autounfälle.
- Offenes, penetrierendes Bauchtrauma: Die Haut ist dabei verletzt. Die Ursachen können ein Messerstich oder eine Schussverletzung sein.
- Verletzungen des Brustkorbs (Thorax), etwa ein Rippenbruch am linken unteren Rippenbogen (die Milz liegt im linken Oberbauch)
- Durch einen Arzt verursacht (iatrogen), etwa bei einer Operation (z. B. Laparotomie), Punktion oder Darmspiegelung (Koloskopie)
Einzeitiger oder zweizeitiger Milzriss
Es gibt zwei Varianten bei einer traumatischen Milzruptur:
- Einzeitig heisst, dass die Kapsel der Milz und das Gewebe verletzt sind. Es kommt zu einer akuten Blutung in den Bauchraum.
- Zweizeitig bedeutet dagegen, dass das Milzgewebe verletzt, aber die Kapsel zunächst noch intakt ist – es bildet sich ein Bluterguss (Hämatom) in der Milz oder unterhalb der Kapsel. Erst später reisst auch die Kapsel ein und es blutet in den Bauchraum.
Milzruptur: Milzvergrösserung aufgrund von Krankheiten
Daneben kann der spontane Milzriss auch bei einer vergrösserten Milz (Splenomegalie) auftreten. Die Milzvergrösserung kommt zum Beispiel im Rahmen dieser Erkrankungen vor:
- Malaria – eine Infektionskrankheit, deren Verursacher einzellige Parasiten (Plasmodien) sind.
- Pfeiffersches Drüsenfieber (Mononukleose) – eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV)
- Blutkrankheiten, zum Beispiel Blutkrebs (Leukämie) oder Polycythaemia vera (dabei vermehren sich alle Blutzellen – Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten)
- Milztumoren (Lymphome = Lymphdrüsenkrebs)
- Blutgerinnsel (Thrombose) in der Pfortader
Wofür braucht ein Mensch die Milz?
Die Milz liegt im linken Oberbauch und ist von einer Kapsel aus Bindegewebe umhüllt. Ein Milzriss kann verschieden Folgen nach sich ziehen, denn sie besitzt wichtige Aufgaben im Körper. Die Milz hilft bei der Blutreinigung mit und ist Teil des lymphatischen Systems – sie besitzt daher auch immunologische Aufgaben. Sie baut rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) ab. Zudem speichert sie ungefähr ein Viertel der Thrombozyten, die im Blutkreislauf zirkulieren als Reserve. Wenn Ärztinnen oder Ärzte die Milz entfernen müssen, geht diese Speicherfunktion verloren.
Symptome: Milzruptur verursacht oft Schmerzen
Die Symptome bei einer Milzruptur hängen davon ab, ob der Milzriss einzeitig oder zweizeitig ist. Bei der einzeitigen Milzruptur reissen sowohl die Kapsel als auch das Gewebe der Milz ein und es kommt zu Einblutungen in den Bauchraum. Die Symptome richten sich danach, wie hoch der Blutverlust ist. Folgende Beschwerden können auftreten:
- Leichte bis starke Schmerzen, vor allem ein Druckschmerz im linken Oberbauch. Die Schmerzen können jedoch in andere Körperregionen ausstrahlen, etwa die linke Schulter (sog. „Kehr-Zeichen“). Auch ein Druckschmerz an der linken Halsseite ist möglich (sog. „Saegesser-Zeichen“).
- Abwehrspannung der Bauchdecke – sie fühlt sich hart an und ist schmerzempfindlich.
- Schonatmung aufgrund der Schmerzen, Atemnot
- Kreislaufstörungen bis hin zum hämorrhagischen Schock – eine lebensbedrohliche Situation. Es kommt zum Blutdruckabfall (Hypotonie) und Herzrasen (Tachykardie).
Bei einer zweizeitigen Milzruptur bleibt die Kapsel zunächst intakt und nur das Gewebe der Milz ist geschädigt. Betroffene verspüren daher direkt nach dem Trauma keine oder nur schwache Symptome. Erst Stunden, Tage oder Wochen später reisst auch die Kapsel der Milz – und die Beschwerden setzen ein:
- Schmerzen im linken Oberbauch
- plötzliche Symptome eines Schocks – bis hin zum Kollaps und Herz-Kreislauf-Stillstand
Ein Milzriss ist immer ein Notfall. Ärztinnen und Ärzte müssen diesen sofort behandeln, um lebensbedrohliche Folgen zu vermeiden.
Milzruptur: Diagnose bei uns
Die Diagnose einer Milzruptur sollte immer so schnell wie möglich geschehen, denn der Milzriss ist ein Notfall! Blutungen in den Bauchraum sind lebensbedrohlich. Wir müssen die Milzruptur umgehend behandeln und die Blutung stoppen. Die traumatische Milzruptur entsteht oft durch einen Auto-, Sport- oder Arbeitsunfall. Oft haben Betroffene neben dem Milzriss noch andere Verletzungen, die wir uns ansehen müssen.
Wir stellen – falls möglich – einige Fragen zu Ihrer Krankengeschichte, zum Beispiel:
- Welche Beschwerden haben Sie genau?
- Wann haben Sie diese erstmals bemerkt und wie lange bestehen sie?
- Wie intensiv sind die Symptome ausgeprägt?
- Wo würden Sie die Beschwerden genau lokalisieren?
- Haben die Symptome plötzlich eingesetzt oder erst mit zeitlicher Verzögerung?
- Können Sie Ihre Symptome mit einem Ereignis (z. B. Unfall) in Verbindung bringen?
- Sind Grunderkrankungen bei Ihnen bekannt, z. B. Malaria, Pfeiffersches Drüsenfieber oder eine Krebserkrankung?
- Nehmen Sie Medikamente ein? Falls ja: Welche und seit wann?
Wir untersuchen unsere Patientinnen und Patienten meist körperlich, um zum Beispiel äusserliche Verletzungen wie Prell- oder Gurtmarken zu erkennen. Auch die Druckschmerzempfindlichkeit bestimmter Körperbereiche lässt sich so überprüfen. Hilfreich ist eine Blutuntersuchung, bei der wir unter anderem wiederholt das Hämoglobin messen. Auch der Hämatokrit-Wert und das Blutbild lassen Rückschlüsse auf einen Milzriss zu. Wir überwachen ausserdem immer die Vitalparameter: Blutdruck, Herzschlag, Atmung und Körpertemperatur. So lässt sich ein Schock frühzeitig erkennen.
Zudem setzen sie bildgebende Verfahren in der Diagnostik ein, um eine Milzruptur, Blutungen und andere Verletzungen im Bauchraum sichtbar zu machen:
- Ultraschall (Sonografie) des Bauchraums – wir wiederholen die Ultraschalluntersuchung, wenn der Befund zunächst unauffällig ist. Denn es kann auch eine zweizeitige Milzruptur vorhanden sein, bei der die Kapsel der Milz erst mit zeitlicher Verzögerung einreisst. Auch ist der Bluterguss manchmal zunächst klein und vergrössert sich erst später.
- Computertomografie (CT) des Bauchraums, wenn der Kreislauf des Patienten ausreichend stabil ist – diese Methode arbeitet mit Röntgenstrahlen und liefert dreidimensionale, hochaufgelöste Schnittbilder. Eine Milzruptur sowie Hämatome und andere Verletzungen lassen sich so gut erkennen.
- Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie) als Alternative zur Computertomografie, etwa bei instabilem Kreislauf
- Röntgen des Brustkorbs, etwa bei knöchernen Verletzungen
Milzruptur: Schweregrade
Je nach Ausmass des Milzrisses lassen sich fünf Schweregrade oder Typen unterscheiden:
- Isolierter Kapselriss oder Bluterguss unter der Kapsel, der sich nicht ausbreitet
- Verletzung der Milzkapsel und des Milzgewebes – der Gefässstiel an der Milz (Milzhilus) oder die Milzarterien sind nicht betroffen.
- Kapsel und Gewebe sind verletzt und es blutet aus den Arterien des Organs.
- Kapsel, Gewebe, Milzhilus und Arterien sind verletzt – der Gefässstiel ist abgerissen.
- Die Milz ist geborsten oder im Milzhilus ausgerissen – die Blutversorgung über die Gefässe ist unterbrochen.
Milzruptur: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Besondere Massnahmen zur Vorbeugung der Milzruptur in der Arztpraxis sind nicht bekannt. Weil Milzrisse oft im Rahmen von Sport- oder Arbeitsunfällen vorkommen, können Sie hier bis zu einem gewissen Mass vorbeugen, indem Sie auf ausreichende Schutzkleidung achten. Seltener stecken Grunderkrankungen dahinter, die eine Milzvergrösserung verursachen. Und diesen können Sie kaum vorbeugen.
Auch spezielle Massnahmen zur Früherkennung einer Milzruptur gibt es nicht. Daher gilt der allgemeine Ratschlag: Suchen Sie nach jedem Unfall in der Freizeit oder beim Sport Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf, auch wenn Sie kaum oder keine Symptome verspüren – es könnte sich auch ein zweizeitiger Milzriss bilden. Und wenn Sie Symptome verspüren, ist ein Arztbesuch ohnehin grundsätzlich ratsam. Bei Autounfällen ist ohnehin meist schnell der Notfalldienst vor Ort.
Verlauf und Prognose bei einem Milzriss
Wenn Fachleute die Milzruptur rechtzeitig diagnostizieren und behandeln, sind der Verlauf und die Prognose in der Regel günstig. Die Sterblichkeit ist in diesem Fall niedrig. Beide hängen jedoch davon ab, ob noch weitere Verletzungen vorliegen, was zum Beispiel bei einem Autounfall oft der Fall ist. Ist nur die Milz verletzt, spielen noch Faktoren wie das Alter und die Höhe des Blutverlustes für die Prognose eine Rolle.
Milzruptur: Behandlung hängt von der Schwere ab
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Behandlung bei einem Milzriss. Welche Therapie zum Einsatz kommt, hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Fachleute können eine leichte Verletzung der Milz oft konservativ ohne Operation behandeln. In schwereren Fällen ist jedoch ein chirurgischer Eingriff notwendig.