Die wichtigsten Warnzeichen sind plötzlich oder schleichend einsetzende Atemnot, manchmal kommt es auch zu atemabhängigen Schmerzen in der Brust. Allerdings geht oft einer Lungenembolie eine Beinschwellung oder eine Phase mit Immobilisation oder entzündlicher Krankheit voraus.
Was ist eine Lungenembolie?
Lungenembolien, sind Blutgerinnel (Thrombus), welche Blutgefässe in den Lungen teilweise oder vollständig verschliessen können. Solche Thromben entstehen in Form von Venenthrombosen, häufig in den Beingefässen und werden mit dem Blutstrom in die Lunge verschleppt. Ein solches abgerissenes oder verschlepptes Blutgerinnsel nennen Fachleute Embolus. Die Wörter „Embolie“ und „Embolus“ leiten sich vom griechischen Wort „embole“ ab. Übersetzt bedeutet es so viel wie „Eindringen“.
In der Lunge angekommen, wird jener Teil der Lunge, den das verstopfte Gefäss normalerweise versorgt, nicht mehr ausreichend oder überhaupt nicht mehr durchblutet. Das hat einerseits zur Folge, dass der Gasaustausch in der Lunge eingeschränkt wird und somit der Körper und die Organe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Ausserdem kann es zu einer Herzbelastung kommen als Folge der Gefässverstopfung, weil das rechte Herz gegen einen erhöhten Widerstand (verstopftes Gefässsystem) pumpen muss.
Eine kleine Lungenembolie mit Verstopfung weniger Lungengefässe kann unbemerkt ablaufen. Je grösser die Thrombuslast und je mehr Lungengefässe verstopft werden, desto gefährlicher sind Lungenembolien. Bei beidseitigem Befall vieler Lungengefässe kann eine Lungenembolie lebensbedrohlich sein; meist als Folge eines akuten Herzversagens. Deswegen ist es wichtig sofort den Rettungsdienst bei Alarmzeichen – Brustschmerzen, Herzrasen, Atemnot – zu verständigen, sich abklären und allenfalls behandeln zu lassen.
Europaweit schätzen Fachleute die Anzahl der Todesfälle durch akute Lungenembolien auf bis zu 370‘000. Einige Betroffene überleben bei schweren Verläufen die ersten zwei Stunden nach Beginn der Symptome nicht.
Lungenembolie: Ursachen und Risikofaktoren
Der Ursprung der Lungenembolien liegt meist in einem Blutgerinnsel, das sich an einer anderen Stelle des Körpers gebildet hat und von dort in die Lunge geschwemmt wird. In ungefähr 90 Prozent der Fälle entwickelt sich der Thrombus in den Becken- und Beinvenen. Das Blutgerinnsel kann sich ablösen, es wird mit dem Blutstrom zur rechten Herzhälfte und von dort aus in Richtung Lungenarterien fortgeschwemmt. In der Lunge verstopfen die meist mehreren Gerinnsel dann die Blutgefässe, was die verschiedenen Symptome verursacht. Auch wenn ein Blutgerinnsel die häufigste Ursache für die Lungenembolie ist, gibt es noch einige andere Gründe dafür: Fettteilchen, Fruchtwasser, Luftbläschen, Zellen und Fremdkörper.
Lungenembolie und Thrombose: Drei Mechanismen sind am Werk
Es gibt drei Faktoren, welche die Bildung von Blutgerinnseln (und damit eine Lungenembolie) begünstigen.
- Verminderte Fliessgeschwindigkeit des Blutes: bei Bewegungsmangel durch langes Sitzen oder Bettlägerigkeit, schweren Krankheiten, Unterschenkelgips, längeren Flug- und Autoreisen oder nach Operationen – die Wadenmuskelpumpe wird zu wenig betätigt.
- Erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes: Die Zusammensetzung des Blutes kann verändert sein, etwa bei Gerinnungsstörungen, Tumorleiden, entzündlichen Krankheiten oder der Einnahme hormoneller Verhütungsmittel.
- Verletzungen, Veränderungen oder Entzündungen der innersten Venenwandschicht
Risikofaktoren für Thrombose und Lungenembolie
Fachleute kennen mehrere Risikofaktoren, welche die Gefahr für eine Thrombose, und damit wiederum für Lungenembolien unterschiedlich stark erhöhen – die wichtigsten Faktoren im Überblick.
Hohes Thromboserisiko
- Grössere / längerdauernde Operationen (z.B. orthopädische Eingriff)
- frühere Thrombose oder Lungenembolie
Mittleres Thromboserisiko
- Einnahme von Hormonen
- Gipsverband mit eingeschränkter Beweglichkeit des Sprunggelenks
- mittelgrosse Operationen
- Chronische Herzschwäche, früherer Herzinfarkt
- Chronische Lungenkrankheiten
Niedriges Thromboserisiko
- Bettruhe von mehr als drei Tagen
- Schwangerschaft und Wochenbett
- Starke Krampfadern
Symptome: Lungenembolie
Die Symptome von Lungenembolien korrelieren mit der Anzahl der Gerinnsel und damit dem Ausmass der befallenen Lungengefässe. Ist die Thrombuslast klein und ist nur ein kleines Areal betroffen, verursacht die Lungenembolie oft nur eine anstrengungsabhängige Atemnot und milde und unspezifische Beschwerden oder bleibt zuerst unbemerkt, häufig kommt es dann zu immer neuen Embolien. Blockieren dagegen Blutgerinnsel mehrere, auch grosse Lungengefässe, zeigt sich zunehmend auch eine Atemnot in Ruhe und es besteht Lebensgefahr. Ein Teil der Lunge ist in diesem Fall von der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung abgeschnitten. Bei Ruheatemnot müssen Betroffene somit umgehend den Rettungsdienst verständigen.
Ganz allgemein sind die Beschwerden bei Lungenembolien unspezifisch und können auch im Rahmen anderer Krankheiten vorkommen. Ausserdem ist das Ausmass der Symptome individuell sehr unterschiedlich.
Folgende Alarmzeichen können auf eine Lungenembolie hindeuten:
- Zunehmende Atemnot, zuerst nur bei Belastung, dann auch in Ruhe
- Schlagartige Luftnot und Atemnot, beschleunigte Atmung
- Schneller Herzschlag, Herzrasen
- Atemabhängige Brustschmerzen, Schmerzen im Brustkorb
- Husten, manchmal mit blutigem Auswurf
- massive Ängste – bis hin zur Todesangst
- Schweissausbrüche
- Blutdruckabfall, Kreislaufschwäche, Schwindel, Benommenheit, Kreislaufschock und Ohnmacht
Bei einer tiefen Beinvenenthrombose lässt sich oft eine Schwellung, Rötung, Überwärmung an jener Körperextremität feststellen wo die Thrombose ist. Zusätzlich können Schmerzen, Schwere- oder ein Spannungsgefühl an der betroffenen Extremität auftreten.
Wichtig: Schwere Atemnot in Ruhe möglicherweise verbunden mit Schwächegefühl oder Schmerzen im Brustbreich ist immer ein Notfall, bei dem Sie sofort den Rettungsdienst 144 verständigen müssen!
Lungenembolien: Diagnose bei uns
Am Anfang der Diagnose von Lungenembolien steht immer das Gespräch zwischen einem Arzt oder einer Ärztin und dem Patienten oder der Patientin zur Krankengeschichte. Wichtig sind zum Beispiel folgende Fragen:
- Welche Beschwerden haben Sie genau, seit wann und wie war der Verlauf?
- Wie intensiv sind die Beschwerden ausgeprägt?
- Hatten Sie schon früher eine Thrombose oder Lungenembolie?
- Waren Sie kürzlich längere Zeit bettlägerig, zum Beispiel nach einer Operation?
- Rauchen Sie?
- Nehmen Sie Hormone ein, zum Beispiel Verhütungsmittel?
- Sind Krankheiten bei Ihnen bekannt, zum Beispiel Gerinnungsstörungen, Krebs, chronische Herz- oder Lungenkrankheiten?
Ihre Antworten liefern uns schon erste Hinweise darauf, ob eine Lungenembolie als Verursacher der Symptome in Frage kommen könnte.
Körperliche Untersuchung und weitere Diagnosemethoden
Die körperliche Untersuchung mit der Bestimmung der Vitalfunktionen (Blutdruck, Puls) kann Anhaltspunkte für mögliche Lungenembolien oder andere für die Beschwerden ursächliche Krankheiten geben.
- Die Pflegefachpersonen bestimmen ihren Puls und Blutdruck und messen die Körpertemperatur.
- Wir hören die Lunge ab
- Untersuchung der grossen Halsvenen: Treten sie hervor? Dann staut sich vermutlich das Blut vom rechten Herzen in die Venen zurück.
- Leber abtasten: Eine geschwollene Leber ist ein Hinweis darauf, dass sich das Blut in Richtung der Bauchorgane zurückstaut.
- Ultraschall der Leber – eine Schwellung des Organs lässt sich so erkennen.
- Untersuchung der Beine: Sind Schwellungen durch Wasseransammlungen (Ödeme) erkennbar? Haben Sie Schmerzen oder Spannungsgefühle in den Beinen, sind oberflächliche Venen gut sichtbar oder ist die Haut bläulich verfärbt? Diese Zeichen deuten auf eine tiefe Beinvenenthrombose hin.
- Eine Blutgasanalyse zeigt, wie hoch der Gehalt an Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut ist.
- Die Elektrokardiografie (EKG) zeichnet die Herzstromkurve auf und diese können bei Lungenembolien verändert sein.
- Computertomografie des Brustkorbs
Um die Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie einzuschätzen, nutzen wir ein Punktesystem namens Wells- oder Geneva-Score. Sieben Parameter aus der körperlichen Untersuchung und der Anamnese fliessen darin ein:
- Gibt es Hinweise auf eine Thrombose? Ja = 3 Punkte
- Ist eine Lungenembolie wahrscheinlicher als eine andere Ursache/Erkrankung? Ja = 3 Punkte
- Herzschlag: Ist er schneller als 100-mal pro Minute? Ja = 1,5 Punkte
- Gab es in den letzten vier Wochen eine Operation oder wurde strenge Bettruhe eingehalten? Ja = 1,5 Punkte
- Ist schon einmal eine Thrombose oder Lungenembolie aufgetreten? Ja = 1,5 Punkte
- Enthält der Auswurf Blutbeimengungen? Ja = 1 Punkt
- Liegt oder lag in den letzten sechs Monaten eine Krebserkrankung vor? Ja = 1 Punkt
Null bis zwei Punkte bedeuten eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie, zwei bis sechs Punkte eine mittlere und mehr als sechs Punkte eine hohe Wahrscheinlichkeit.
Die Behandlung beginnt sofort, wenn die Ergebnisse dieser Untersuchungen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Lungenembolie vermuten lassen.
Blutuntersuchung (D-Dimer-Test)
Manchmal sind die ersten Untersuchungsergebnisse nicht eindeutig. Dann folgt eine Blutuntersuchung, bei der wir die sogenannten D-Dimere bestimmen (D-Dimer-Test). D-Dimere sind Spaltprodukte des Eiweisses Fibrin, das massgeblich am Aufbau des Blutgerinnsels beteiligt ist. Der Körper bildet D-Dimere, wenn er versucht, das Blutgerinnsel selbst aufzulösen, D-Dimere können aber auch bei anderen entzündlichen Krankheiten vorkommen.
Ausserdem bestimmen wir noch andere Blutwerte, etwa das Troponin und das Brain Natriuretic Peptide, abgekürzt BNP. Das sind Eiweisse, die das Herz produziert. Bei einer Lungenembolie sind diese Werte möglicherweise erhöht als Folge der Herzbelastung.
Weitere Untersuchungen bei Lungenembolie
Für die Diagnose einer Lungenembolie braucht es eine Computertomografie (CT)/CT-Angiografie mit Kontrastmittel. Hierbei verabreichen Radiologen oder Radiologinnen ein Kontrastmittel und fertigen dann ein dreidimensionales Bild vom Brustkorb an. So lassen sich die Embolien der Lungengefässe darstellen.
Zudem ziehen wir noch weitere Untersuchungen heran zur Abschätzung des Schweregrades. Die wichtigsten sind:
- Herzultraschall (Echokardiografie): Wir können den Zustand des rechten Herzens einschätzen, etwa ob es normal pumpt oder vergrössert (gestaut) ist
- Lungenszintigrafie: Die Lungenszintigrafie funktioniert mit einer schwach radioaktiven Substanz, die ihnen in die Vene injiziert wird, zum Teil verbunden mit einer Substanz, die der Patient oder die Patientin einatmet. Die Lungenszintigrafie lässt Rückschlüsse auf die Durchblutung und Belüftung zu und ist zur Abklärung von chronifizierten Lungenembolien im Verlauf möglicherweise wichtig (selten verwendet)
- Ultraschall (Sonografie) der Bein- und Beckenvenen, um eine Thrombose in diesem Bereich aufzuspüren
- Magnetresonanztomografie/MR-Angiografie: Ihre Aussagekraft bei der Diagnose der Lungenembolie ist noch nicht ausreichend belegt. Nur spezielle Zentren verfügen über diese Technik, weshalb sie nicht flächendeckend zum Einsatz kommt.
Lungenembolie: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Eine Lungenembolie ist in den meisten Fällen die Folge eines Blutgerinnsels in den tiefen Bein- und Beckenvenen. Mit der richtigen Thromboseprophylaxe können Sie hier selbst ansetzen. Wenn Sie eine Thrombose verhindern, können Sie auch einer Lungenembolie vorbeugen.
Einige Tipps:
- Bei Bettlägerigkeit sollten Sie versuchen, täglich etwas aufzustehen oder zumindest die Beine/Füsse immer wieder zu bewegen, um so den Blutfluss und Ihren Kreislauf anzukurbeln. Fragen Sie uns, ob Sie wirklich strikte Bettruhe einhalten müssen. Ansonsten helfen auch regelmässige Fussgymnastik (Wadenmuskeln anspannen, Fussspitzen heben, senken und kreisen lassen) sowie das Hochlegen der Beine.
- Nach einer Operation vermindern Kompressionsstrümpfe das Thromboserisiko. Sie üben von aussen Druck auf das Bein und den Knöchel aus. Kompressionsstrümpfe helfen auch bei längeren Reisen, wenn Sie sich nicht ausreichend bewegen können.
- Auf Reisen sollten Sie immer versuchen, sich zwischendurch zu bewegen. Laufen Sie im Bus, der Bahn oder im Flugzeug einige Schritte hin und her. Auf Autoreisen steigen Sie öfters aus und gehen Sie ein Stück spazieren.
- Falls sie nicht an einer Herzkrankeit leiden, trinken Sie viel! Ratsam sind mindestens 1,5 bis zwei Liter pro Tag. Gut sind Wasser, Tee oder Fruchtsaftschorlen. Konsumieren Sie nur wenig Alkohol und Kaffee, denn sie begünstigen den Flüssigkeitsverlust.
- Verzichten Sie aufs Rauchen. Das gilt besonders, wenn Sie gleichzeitig Hormone einnehmen.
- Achten Sie auf ein gesundes Körpergewicht und vermeiden Sie Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas).
- Mit Venengymnastik fördern Sie den Blutfluss in den Beinen und beugen Krampfadern vor.
- Gerinnungshemmende Medikamente können einer Lungenembolie vorbeugen. Sie eignen sich für Personen mit erhöhtem Thromboserisiko in Risikosituationen.
Verlauf und Prognose bei einer Lungenembolie
Der Verlauf und die Prognose bei einer Lungenembolie hängen von verschiedenen Faktoren ab:
- dem Schweregrad der Lungenembolie,
- Ihrem Alter,
- Ihrem allgemeinen Gesundheitszustand,
- bestehenden Grunderkrankungen und
- wie schnell die Behandlung einsetzt.
Behandlung der Lungenembolie
Lungenembolien sind in der überwiegenden Mehrheit der Fälle gut mittels blutverdünnenden Medikamenten behandelbar und heilen meist folgenlos wieder aus. Ausgedehntere Lungenembolien mit Befall von grösseren Blutgerinnsel können dagegen lebensgefährlich werden. Manche überleben die ersten Stunden nach dem Beginn der Symptome nicht. Daher ist eine umgehende Diagnostik oder Behandlung bei Lungenembolien auch so wichtig. Dann besteht die Möglichkeit, dass Sie sich wieder vollständig erholen.
Wer einmal Lungenembolien durchgemacht hat, besitzt zudem ein erhöhtes Risiko für weitere Embolien. Sollten Sie trotz Behandlung der Lungenembolien mittels Blutverdünnung nach drei bis sechs Monaten immer noch Beschwerden haben, sollten Sie sich unbedingt in ärztliche Behandlung begeben. Eine Lungenembolie kann noch weitere Komplikationen und Folgen nach sich ziehen. Dazu gehören zum Beispiel ein Lungeninfarkt, eine Lungenfellentzündung, Herzrhythmusstörungen oder ein Herzversagen aufgrund der erhöhten Belastung des rechten Herzens. Langzeitkomplikationen sind Abgeschlagenheit und Belastungsluftnot.
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