Als Leukämie (Blutkrebs) bezeichnet man eine Gruppe von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen zu viele Vorläuferzellen der Leukozyten (weisse Blutkörperchen) gebildet werden. Dank der Fortschritte der Medizin ist Leukämie heute deutlich besser behandelbar und zum Teil heilbar.
Was ist Leukämie ?
Wörtlich übersetzt bedeutet Leukämie „weisses Blut“ – Betroffene haben meist zu viele weisse Blutkörperchen im Blut. Grundsätzlich bezeichnet Leukämie jedoch verschiedene Erkrankungen, bei denen die Blutbildung im Knochenmark gestört ist. Durch die Fehlfunktion bestimmter Kontrollgene werden unvollständig entwickelte weisse Blutkörperchen ins Blut entlassen. Diese sind nicht funktionsfähig, aber vermehren sich meist sehr schnell und unkontrolliert. Dadurch stören sie die normale Blutbildung im Knochenmark, es entstehen zu wenig rote Blutkörperchen, gesunde weisse Blutkörperchen und Blutplättchen. Die unreifen weissen Blutkörperchen verteilen sich im Körper und können sich in Organen wie Milz, Leber, Mandeln, Lymphknoten und anderem Körpergewebe ansiedeln.
Die Funktion der Blutbestandteile
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten): Sie machen 99 Prozent der Blutzellen aus und transportieren Sauerstoff aus der Lunge in die verschiedenen Gewebe des Körpers.
Weisse Blutkörperchen (Leukozyten): Diese Zellen wehren Krankheitserreger ab und eliminieren defekte oder überalterte körpereigene Zellen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems. So gehören B- und T-Lymphozyten, sowie Granulozyten zu den weissen Blutkörperchen.
Blutplättchen (Thrombozyten): Sie sorgen dafür, dass bei einer Verletzung eine Blutung gestillt wird. Sobald ein Gefäss verletzt wird, sammeln sich dort Blutplättchen an und tragen zum Verschluss der Gefässwunde bei. Gleichzeitig geben sie Stoffe ab, die die Blutgerinnung fördern.
Vier Arten von Leukämie (Blutkrebs)
Fachleute unterscheiden im Wesentlichen vier verschiedene Arten von Leukämie (Blutkrebs), die jeweils unterschiedlich behandelt werden müssen:
Akute lymphatische Leukämie (ALL)
Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
Akute myeloische Leukämie (AML)
Chronische myeloische Leukämie (CML)
Leukämien entstehen aus Blutstamm- und Vorläuferzellen. Bei den akuten Verlaufsformen tritt die Erkrankung meist plötzlich und mit Beschwerden wie Schwäche, Blutungen und Infektneigung auf. Die chronischen Formen hingegen entwickeln sich langsam über Monate oder sogar Jahre hinweg und beginnen schleichend. Insbesondere bei den akuten Leukämien gibt es diverse Unterformen, die jeweils auf unterschiedliche Therapien ansprechen und deren Heilungschancen sich stark unterscheiden können.
Häufigkeit und Alter
Verglichen mit anderen Krebserkrankungen wie Brustkrebs, Prostata- oder Dickdarmkrebs ist Leukämie eher selten. Sie macht rund drei Prozent der Tumorerkrankungen aus. In der Schweiz erkranken jedes Jahr ca. 1‘200 Menschen an Blutkrebs. 580 Menschen sterben pro Jahr an Leukämie. Fast die Hälfte der Leukämie-Patienten und -Patientinnen ist über 70 Jahre alt. Kinder sind selten betroffen: Nur vier von 100 Menschen, bei denen Leukämie diagnostiziert wurde, waren unter 15 Jahre alt. Die akute lymphatische Leukämie (ALL) allerdings tritt besonders häufig bei Kindern auf und ist bei ihnen auch die häufigste Krebsart. Die ALL wird jährlich bei durchschnittlich 1 von 100‘000 Menschen neu entdeckt. Die akute myeloische Leukämie, an der vor allem ältere Erwachsene leiden, wird jährlich bei drei bis vier von 100‘000 Menschen diagnostiziert.
Zentrum für Hämatologische Neoplasien
Am USZ haben sich zahlreiche Fachbereiche zu einem Zentrum für Hämatologische Neoplasien zusammengeschlossen. Das Zentrum ist nach den Richtlinien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert. Ein auf die medizinische Versorgung von Leukämie spezialisiertes Expertenteam arbeitet hier zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten eng zusammen. An DKG-zertifizierten Zentren werden Betroffene nach strengen Qualitätskriterien behandelt und haben, gemäss aktueller Studien, im Durchschnitt eine bessere Überlebenschance.
Warum bei manchen Menschen entartete Leukozyten entstehen, ist unklar. An einer Stelle kommt es zu Fehlern bei der Vervielfältigung der DNA in Blutvorläuferzellen. Trotzdem können manche Faktoren das Risiko, an Leukämie zu erkranken, erhöhen. Dazu zählen:
Chemikalien
Strahlung
Genetische Faktoren
Bestimmte Medikamente
Tabakkonsum
Die oben genannten Faktoren können das Risiko erhöhen, bedeuten jedoch nicht, dass sie Krebs auslösen müssen.
Symptome: Leukämie zeigt sich mit Müdigkeit und Blässe
Bei einer chronischen Leukämie sind oft kaum Symptome zu entdecken. Deshalb fällt sie oft erst nach langer Zeit oder bei Routine-Untersuchungen auf. Bei einer akuten Leukämie hingegen treten die Beschwerden meist plötzlich auf. Sie können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, wie sich die Gesamtzahl der Blutzellen durch die Krankheit verändert. Manchmal leiden Betroffene unter einzelnen der folgenden Symptome, manchmal auch unter mehreren:
Im Einzelnen hängen die Beschwerden davon ab, wie sich das Blut zusammensetzt:
Werden zu wenig reife weisse Blutkörperchen produziert, funktioniert die Immunabwehr nur eingeschränkt. Häufige und zum Teil schwere Infekte sind die Folge.
Fehlen rote Blutkörperchen, wird zu wenig Sauerstoff im Körper transportiert. Deshalb können Betroffene z.B. schnell erschöpft und abgeschlagen sein.
Werden zu wenig Blutplättchen gebildet, ist die Blutstillung gestört. Als Beispiel können Wunden dann nicht mehr wie üblich verschlossen werden und es kommt zu Blutungen.
Andererseits bilden an Blutkrebs Erkrankte zu viele fehlerhafte Blutzellen. Manche Erkrankte können Bauchschmerzen haben, weil Leber oder Milz vergrössert sind. Falls die Leukämiezellen das zentrale Nervensystem befallen, können Schwindel, Kopfschmerzen oder Lähmungen die Folge sein. Bei einer akuten Leukämie kann sich der Gesundheitszustand Betroffener schnell verschlechtern. Deshalb müssen solche Symptome rasch abgeklärt werden.
Leukämie/Blutkrebs: Diagnose bei uns
Schon im Blutbild erkennen wir erste Anzeichen einer Leukämie. Dabei werden die Konzentrationen der verschiedenen Blutzellen (Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten) sowie des Blutfarbstoffs Hämoglobin gemessen. Ein Differentialblutbild gibt Aufschluss darüber, welche Unterarten der Leukozyten in welcher Konzentration im Blut vorhanden sind. Dabei erkennen wir unter dem Mikroskop, wie viele reife und unreife Leukozyten im Blut vorhanden sind.
Sind bei diesem Blutbild Auffälligkeiten erkennbar, sichern wir die Diagnose durch eine Knochenmarkuntersuchung. Dabei entnehmen wir mit einer Nadel aus dem Beckenknochen unter örtlicher Betäubung etwas Knochenmark und eine Knochenmarkbiopsie. Eine mikroskopische Untersuchung im Labor zeigt dann, in welchen Mengen die Knochenmarkzellen vorliegen und wie sie aussehen.
Je nach Beschwerden können weitere Untersuchungen nötig sein: Haben wir den Verdacht, dass das zentrale Nervensystem befallen ist, so prüfen wir dessen Flüssigkeit (Liquor) mit einer Hirnwasserpunktion und suchen nach Leukämiezellen. Mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, CT oder MRT sehen wir pathologisch veränderte Organe oder Lymphknoten. Mittels FDG-PET/CT kann zudem ein gesteigerter Stoffwechsel in Lymphknoten und Organen detektiert werden.
Genetische Untersuchung
Für die Behandlung des Blutkrebses ist es wichtig die kranken Blutzellen möglichst genau zu charakterisieren. Hierfür werden bestimmte Chromosomenbereiche und Gene untersucht, welche mit der Leukämieentstehung im Zusammenhang stehen können. Zudem werden Oberflächeneiweisse mit Hilfe der Immunphänotypisierung bestimmt und quantifiziert. Diese Informationen helfen uns die bestmögliche Behandlung zu finden.
Selbsthilfegruppen
Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».
Zweitmeinung bei Leukämie
Bei einer Krebsdiagnose ist eine medizinische Zweitmeinung eine wichtige Entscheidungshilfe. Das Comprehensive Cancer Center Zürich unterstützt Sie mit einer fachlich fundierten Expertenmeinung. Sie erhalten eine sorgfältige Situationsanalyse sowie eine persönliche Beratung und rasche Antworten auf ihre Fragen.
Wir haben in den letzten Jahren deutliche Fortschritte in der Behandlung von Leukämien erzielt. Die Prognose bestimmter Leukämieformen hat sich hiermit deutlich gebessert. Gemäss dem aktuellen Wissensstand gibt es jedoch kaum Faktoren, die bei der Leukämieentstehung beeinflusst werden können. Entsprechend arbeiten wir weiter an der Verbesserung der Diagnostik und der Therapie dieser insgesamt seltenen Erkrankungen.
„Die Forschung hat in den letzten Jahren auch bei Leukämieerkrankungen grosse Fortschritte gemacht. Heute können wir viele verschiedene Unterarten von Leukämien unterscheiden und die Behandlung individuell auf die Form abstimmen.“
Grundsätzlich bezeichnet Leukämie eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen die Bildung von weissen Blutkörperchen im Knochenmark entartet ist. Es wird zwischen chronischen und akuten sowie zwischen myeloischen und lymphatischen Leukämien unterschieden. Aufgrund einer Fehlfunktion gelangen nicht funktionsfähige weisse Blutkörperchen ins Blut. Weil sie sich rasch vermehren, verdrängen sie die normale Blutbildung im Knochenmark. Es kommt zu einem Mangel an gesunden weissen Blutkörperchen, roten Blutkörperchen sowie Blutplättchen.
Teilen und vermehren sich die Blutzellen in einem sehr frühen und unreifen Stadium ihrer Entwicklung und teilen sich die Krebszellen rasch, schreitet auch die Krankheit schnell voran. Man spricht dann von einer akuten Leukämie, die unbehandelt innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod der Betroffenen führt. Im Gegensatz dazu schreiten die chronischen Leukämien langsamer fort. Vielen ist die so genannte Altersleukämie (chronische lymphatische Leukämie) bekannt, die meist bei älteren Menschen auftritt und auch ohne Behandlung oft langsam verläuft.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Etwa die Hälfte der Leukämiepatientinnen und -patienten ist zum Zeitpunkt der Diagnose über 70 Jahre alt. Häufig entsteht Leukämie aus einem gesunden Zustand heraus. Es gibt aber Risikofaktoren wie Rauchen, die Exposition gegenüber Chemikalien oder ionisierenden Strahlen sowie eine Chemo- oder Strahlentherapie bei einer früheren Krebserkrankung.
Die Symptome sind meist unspezifisch. Erste Anzeichen können z.B. eine Infektion sein, die nicht abheilt, unerklärte Blutungen oder Abgeschlagenheit und ein Leistungsknick. Halten solche Beschwerden über längere Zeit an, sollte man sie ohnehin abklären lassen. Den ersten Hinweis auf eine Leukämie – oder deren Ausschluss – liefert meistens schon ein unter dem Mikroskop untersuchtes Blutbild. Für die exakte Diagnose wird Knochenmark entnommen und mit verschiedenen Methoden untersucht: Wir erfahren so, um welche Leukämie es sich genau handelt und können die Therapie gezielt darauf abstimmen.
Die Forschung hat in den letzten Jahren auch bei Leukämieerkrankungen grosse Fortschritte gemacht. Heute können wir viele verschiedene Unterarten von Leukämien unterscheiden und die Behandlung individuell auf die Form abstimmen, an der die Patientin oder der Patient leidet. Früher gab es vorwiegend Chemotherapien. Sie sind auch heute noch wichtig, häufig werden sie aber mit einer Immuntherapie oder einer zielgerichteten Therapie kombiniert. Wir erreichen so die höchste Wirksamkeit. Einen Teil der Leukämien können wir heute auch heilen. Bei manchen Patienten ist dafür eine Transplantation von Blutstammzellen nötig.
Podcast USZ direkt: Dem Blutkrebs auf der Spur
Assistenzärztin Tharshika Thavayogarajah hatte als Teenager einen Schlüsselmoment. Seither hat sie es sich zum Ziel gesetzt, Blutkrebs zu erforschen und neue Therapiemöglichkeiten zu finden.