Hyperhidrose

Übermässiges Schwitzen

Jeder Mensch muss schwitzen, damit seine Körpertemperatur im Gleichgewicht bleibt. Wenn die Schweissdrüsen aber über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder größere Mengen an Schweiss absondern, spricht man von einer Hyperhidrose. Sie kann für die Betroffenen sehr belastend sein. Die Ursachen sind oft nicht bekannt, in manchen Fällen liegen andere Krankheiten zugrunde. Mit der richtigen Therapie lässt sich das Problem in vielen Fällen lösen.

Was ist Hyperhidrose?

Wenn Ihr Körper Schweiss absondert, schützt er sich vor Überhitzung. Eine Hyperhidrose liegt erst dann vor, wenn mehr Schweiss gebildet wird, als Ihr Organismus für die Kühlung braucht. In diesem Fall kommen Sie auch bei niedrigen Temperaturen und bei geringer körperlicher Anstrengung ins Schwitzen, ohne dass Sie dies willentlich beeinflussen können. Ihre Schweissdrüsen sind dabei nicht vergrössert, und sie haben sich auch nicht vermehrt – sie produzieren aber zu viel Schweiss. Mediziner sagen, sie sind „überstimuliert“.

Die übermässige Schweissabsonderung kann sich auf den gesamten Körper erstrecken (generalisierte Hyperhidrose) oder auf einen begrenzten Bereich beschränkt sein (lokale Hyperhidrose).

Die häufigsten Formen der lokalen Hyperhidrose sind:

  • Übermässige Schweissbildung in der Achselhöhle (Hyperhidrosis axillaris)
  • Übermässige Schweissbildung an den Händen (Hyperhidrosis manuum)
  • Übermässige Schweissbildung an den Füssen (Hyperhidrosis peduum)

Hyperhidrose – Häufigkeit und Alter

In der Schweiz sind etwa zwei bis vier Prozent der Bevölkerung von Hyperhidrose betroffen. Das übermässige Schwitzen kann schon im Kindesalter beginnen, oft zwischen dem 6. und 16. Lebensjahr. Das Schwitzen der Hände tritt oft schon vor der Pubertät auf; wenn andere Bereiche wie Füsse oder Achselhöhlen betroffen sind, zeigen sich die Symptome eher mit dem Beginn oder im Verlauf der Pubertät. Beide Geschlechter können von Hyperhidrose betroffen sein, aber Frauen erleben die exzessiven Schweissabsonderungen häufiger als Männer.

Hyperhidrose: Ursachen und Risikofaktoren

Ärzte unterscheiden zwei grundsätzliche Formen der Hyperhidrose voneinander:

Primäre Hyperhidrose

Sie hat keine eindeutig erkennbare Ursache. Oft sind bei ihrem Auftreten aber Emotionen beteiligt und der Auslöser für den heftigen Schweissfluss ist dann häufig eine Situation der seelischen Belastung. Zum Beispiel, wenn Sie Angst, Stress oder körperliche Schmerzen empfinden. Dieses emotional bedingte Schwitzen wird vor allem vom limbischen System gesteuert. Das ist die „Gefühlszentrale“ des Gehirns, die tief im Inneren unseres Kopfes sitzt.

Die primäre Hyperhidrose macht sich vor allem durch eine übermässige Schweissabsonderung an Händen, Füssen, in den Achselhöhlen oder im Gesicht bemerkbar. Die primäre Hyperhidrose wird gelegentlich auch idiopathische Hyperhidrose oder fokale Hyperhidrose genannt.

Sekundäre Hyperhidrose

Bei der sekundären Hyperhidrose gibt es meistens eine erkennbare Ursache. Dem Schwitzen liegt eine Störung des Nervensystems zugrunde, das an der Wärmeregulierung des Körpers beteiligt ist. Die für die Körpertemperatur zuständige Zentrale im Gehirn heisst Hypothalamus.

Wenn Sie unter einer sekundären Hyperhidrose leiden, ist dies sehr wahrscheinlich die Folge einer anderen Erkrankung. Zu den Krankheiten oder Störungen, die infrage kommen, zählen vor allem:

  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • Hormonstörungen (bei Frauen zum Beispiel in den Wechseljahren)
  • neurologische oder psychische Erkrankungen
  • Infektionen
  • Übergewicht
  • Auch die Nebenwirkungen von Medikamenten (unter anderem Kortison, Salicylsäure, Parasympathomimetika) können mitverantwortlich für eine sekundäre Hyperhidrose sein.

Symptome: Hyperhidrose

Wenn Sie bei starker körperlicher Anstrengung oder bei einer hohen Umgebungstemperatur ins Schwitzen kommen, ist das ganz normal. Eine Hyperhidrose liegt erst dann vor, wenn folgende Merkmale erfüllt sind:

  • Intensive Schweissbildung ohne erkennbaren Anlass
  • Das übermässige Schwitzen tritt häufig auf (mindestens mehrmals pro Woche)
  • Hygienische Massnahmen (Waschen, Deodorant) schaffen keine Abhilfe
  • Die übermässige Schweissbildung ist Ihnen unangenehm

Schweissbildung als Alarmzeichen

Nicht immer liegt bei einem plötzlichen und auch übermässigen Schweissausbruch am ganzen Körper eine Hyperhidrose vor. Er kann auch ein Anzeichen für einen Herzinfarkt sein. Das gilt vor allem, wenn es sich um kalten Schweiss handelt und wenn Symptome wie Zittern, Angstgefühle, Brustschmerzen, Übelkeit, Schwindel oder Luftknappheit hinzukommen. Ein akuter Schweissausbruch in Verbindung mit solchen Symptomen tritt möglicherweise auch bei folgenden Zuständen auf:

  • Entzugserscheinungen (nach Alkohol- oder Drogenkonsum),
  • Angst- oder Panikattacken,
  • Kreislaufabfall (zum Beispiel bei Vergiftungen, Entzündungen oder nach einer Impfung).

Hyperhidrose: Diagnose beim Arzt

Wenn Sie häufiger unter starker Schweissbildung leiden und deshalb einen Arzt aufsuchen, wird er Sie zunächst fragen, an welchen Körperstellen und wie oft das Problem auftritt (Anamnese). Sicher wird er sie auch nach Ihren Lebensumständen fragen. Er will klären, ob es bestimmte Situationen sind, in denen der heftige Schweiss auftritt. Vermutlich wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin auch wissen wollen, ob es ähnliche Fälle in Ihrer Familie gibt. Denn bei der primären Hyperhidrose kann eine genetische Veranlagung im Spiel sein.

Falls sich im Arztgespräch herausstellt, dass Sie häufig in den Achselhöhlen, an den Händen oder Füssen schwitzen und dass Sie ansonsten keine anderen Beschwerden haben, steht die Diagnose „primäre Hyperhidrose“ so gut wie fest. Sollten Sie weitere Beschwerden oder eine Krankheit haben, könnte eine sekundäre Hyperhidrose vorliegen. Um weitere Informationen hierüber zu bekommen, stehen Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin Tests zur Verfügung:

  • Jod-Stärke-Test: Teile der Haut werden mit Jod und einem Stärkepulver bestrichen. Wenn an den so behandelten Stellen Schweiss austritt, verfärben sie sich dunkel. Auf diese Weise können schwitzende Hautbereiche deutlich sichtbar gemacht und genau erkannt werden.
  • Gravimetrie: Sie misst mit Filterpapier und einer sehr genau messenden Feinwaage die ausgeschiedene Schweissmenge in einem bestimmten Zeitraum. Es gibt keine eindeutig definierte Menge, die eine Hyperhidrose bestätigen oder ausschliessen könnte. Der Test kann aber helfen, den Mengenunterschied vor und nach einer Therapie zu dokumentieren. Und damit den Erfolg (oder Misserfolg) der Behandlung.

Hyperhidrose: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Eine Hyperhidrose lässt sich gelegentlich durch vorbeugende Massnahmen begrenzen, die den allgemeinen Lebensstil betreffen:

  • Vermeiden Sie ganz oder weitgehend den Genuss von Alkohol, Zigaretten, Gewürzen und von grösseren Mengen Kaffee. Sie können schweisstreibend wirken.
  • Versuchen Sie abzunehmen, falls Sie Übergewicht haben.
  • Versuchen Sie Stress abzubauen, falls er in Ihrem Leben eine grössere Rolle spielt. Es gibt hierfür eine Reihe von Entspannungsübungen und Methoden, zum Beispiel Meditation und Autogenes Training.
  • Tragen Sie keine Textilien aus Polyacryl; sie sind nicht schweissdurchlässig und können zu verstärktem Schwitzen führen.

Bei einer Hyperhidrose gibt es keine Krankheitsanzeichen, die sich schon vor dem Erscheinen des eigentlichen Leidens bemerkbar machen. Es existieren also keine Bluttests oder ähnliche Verfahren, die der Früherkennung dienen, indem sie auf eine drohende Hyperhidrose aufmerksam machen. Wenn jedoch in Ihrer Familie Fälle von Hyperhidrose aufgetreten sind, besteht bei Ihnen ein erhöhtes Risiko, dass auch Sie von übermässiger Schweissbildung betroffen sein können.

Verlauf und Prognose der Hyperhidrose

In vielen Fällen beschränkt sich die Hyperhidrose auf die Pubertät und das frühe Erwachsenenalter. Ansonsten hängen der Verlauf und die Prognose vor allem davon ab, mit welcher Therapie die chronisch auftretenden übermässigen Absonderungen von Schweiss behandelt werden. Falls Sie unter einer sekundären Hyperhidrose leiden, bei der eine andere Krankheit die Grundlage der starken Schweissbildung ist, kommt es in erster Linie darauf an, diese Krankheit zu behandeln.

Bei einer nicht behandelten Hyperhidrose oder nach dem Ausbleiben eines Therapie-Erfolgs kann der Verlauf der Krankheit von Komplikationen begleitet sein. Vor allem bei starker Schweissbildung an den Fusssohlen ist das häufig der Fall. Hier können sich in der aufgeweichten Haut leicht offene Stellen bilden, an denen Pilzinfektionen drohen. Auch Warzen sowie Hautpilz und Nagelpilze kommen vor.

Hyperhidrose: wirksame Behandlung

Da bei der sekundären Hyperhidrose andere Krankheiten oder Störungen zugrunde liegen, sollten zunächst diese behandelt werden, um damit auch das übermässige Schwitzen zu beenden. Anders sieht es dagegen bei der primären Hyperhidrose aus, die ohne erkennbare Ursache auftritt. Zur Behandlung dieser Krankheitsform steht Ihrem Arzt eine Reihe von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.

Topische Therapie bei Hyperhidrose

Sehr wahrscheinlich wird Ihr Arzt oder ihre Ärztin mit einer topischen Therapie beginnen. Das ist eine Behandlung, die genau an jenen Körperstellen (und nur dort) einsetzt, an denen sie wirken soll (Beispiel: keine Tablette, sondern Deodorant oder Hautcreme). Meistens erfolgt ein stufenweises Vorgehen; falls die zunächst eingesetzte Therapie nicht wirkt oder unakzeptable Nebenwirkungen hat, wird die Behandlung mit einer anderen Methode fortgesetzt. Gelegentlich werden auch verschiedene Verfahren miteinander kombiniert.

Die erste Wahl ist fast immer ein Antitranspirant (Deodorant), das Aluminiumchlorid enthält. Dieser Wirkstoff soll die Schweissdrüsen verschliessen. Wenn die Anwendung eines solchen Deos bei Ihnen keinen Erfolg hat, sollten Sie weitere Therapien gegen Hyperhidrose, die für Sie infrage kommen könnten, mit Ihrem Arzt absprechen.

Anticholinergika – Behandlung der Hyperhidrose mit Medikamenten

Medikamente, die Ihren Schweissfluss reduzieren könnten, gehören zur Gruppe der Anticholinergika. Ein Anticholinergikum ist ein Wirkstoff, der in das autonome Nervensystem eingreift. Hier blockiert er die Weiterleitung von Nervenreizen – unter anderem von jenen Reizen, die die Schweissdrüsen aktivieren. Anticholinergika eignen sich nicht für eine Dauertherapie, könnten Ihnen aber kurzfristig Erleichterung bringen, wenn Sie in bestimmten Situationen lästiges Schwitzen vermeiden wollen.

Behandlung der Hyperhidrose mit Iontophorese

Diese Therapie soll den Schweissfluss an Händen oder Füssen vermindern, indem die Reizschwelle der Schweissdrüsen erhöht wird. Sie werden also unempfindlicher gemacht. Das geschieht mit Hilfe eines Wasserbades, in dem schwacher Gleichstrom fliesst. Nach anfänglicher Behandlung im Spital können Sie die Leitungswasser-Iontophorese auch bei sich zu Hause anwenden. Voraussetzung ist eine kurze Schulung und das entsprechende Heimgerät. Jede Anwendung dauert etwa 20 bis 30 Minuten und soll anfangs mehrmals pro Woche erfolgen. Später können Sie die Abstände vergrössern.

Die Iontophorese kann auch bei Achselschweiss eingesetzt werden. Hier ist die Anwendung aber schwieriger (mit einem Schwämmchen) und oft weniger wirksam.

Behandlung der Hyperhidrose mit Botulinum-Toxin

Bei dieser Therapie setzt Ihr Arzt das Nervengift Botulinum-Toxin A ein, kurz auch Botox genannt. Es wird mit mehreren Injektionen (Stichen) in die nahe Umgebung der Schweissdrüsen gespritzt, um dort Nervenleitungen zu blockieren. Zum Beispiel unter den Achseln. Die Erfolgsquote der Botox-Therapie ist hoch; oft muss sie nach einigen Monaten wiederholt werden.

Behandlung der Hyperhidrose mit physikalischen Methoden

Bei dieser Therapie erhitzt Ihr Arzt gezielt einzelne Hautbereiche (vor allem unter den Achseln), um die darunter liegenden Schweissdrüsen zu schädigen. Die hierbei eingesetzten Geräte arbeiten mit Radiofrequenz, Mikrowellen oder Ultraschall.

Behandlung der Hyperhidrose durch Operation

In schweren Fällen kann man bestimmte Nervenstränge, die für die Aktivität der Schweissdrüssen zuständig sind, chirurgisch blockieren oder ganz durchtrennen. Bei der subkutanen Kürettage oder Saugkürettage werden die Schweissdrüsen aus der Haut herausgesaugt oder -geschnitten. Bei der Sympathikolyse oder thorakalen Sympathektomie (kurz auch ETS genannt) durchtrennt ein Neurochirurg den Sympathikusnerv. Der Nerv kann so das vom Gehirn ausgesendete Signal zum Schwitzen nicht mehr an die Schweissdrüsen weiterleiten.