Überblick: Was ist Harnröhrenkrebs?
Harnröhrenkrebs ist im Vergleich zu anderen Krebsarten wie Brust-, Prostata-, Darm- oder Lungenkrebs sehr selten. Dabei entwickelt sich der Tumor in der Harnröhre, der Urethra.
Der Harnröhrenkrebs kann von verschiedenen Zellen ausgehen. Je nach Ort der Entstehung in der Harnröhre kann es sich um ein Urothelkarzinom (das Urothel ist das Gewebe, das die Harnwege von innen auskleidet), Plattenepithelkarzinom (aus Schleimhautzellen) oder Adenokarzinom (aus Drüsenzellen) handeln.
Die Symptome beim Harnröhrenkarzinom sind oft unspezifisch und treten oft erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium auf. Hauptsächlich bestehen diese aus Blut im Urin. Auch Schmerzen beim Wasserlassen, ein schwacher Harnstrahl und Harnträufeln im Sinne einer Blasenentleerungsstörung oder ein tastbarer Tumor können auftreten.
Wir behandeln Harnröhrenkrebs in der Regel mit Hilfe einer Operation, bei der wir die Harnröhre teilweise oder ganz entfernen. Manchmal müssen Chirurginnen und Chirurgen auch den Penis oder die Harnblase mit operieren. Auch eine Chemotherapie und Bestrahlung können hilfreich sein – je nach Stadium der Krebserkrankung.
Massnahmen zur Früherkennung eines Harnblasenkarzinoms gibt es leider nicht.
Harnröhrenkrebs – Häufigkeit und Alter
Der Harnröhrentumor macht nur ungefähr 0.3 Prozent aller Krebserkrankungen aus. Er tritt üblicherweise im Alter von 75 Jahren und darüber auf.
Dabei sind Männer etwa dreimal so oft betroffen wie Frauen, wie Zahlen aus der US-amerikanischen SEER-Datenbank zeigen: Die Erkrankung betrifft pro Jahr etwa 4.3 Männer und 1.5 Frauen von 1‘000‘000 Einwohnern und Einwohnerinnen. Zu ähnlichen Zahlen kam auch das Europäische Projekt RARECARE (Surveillance of rare cancer in Europe).
Harnröhrenkrebs: Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen von Harnröhrenkrebs sind noch weitgehend ungeklärt. Eine Krebserkrankung hat jedoch immer ihren Ursprung darin, dass sich das Erbgut (DNA) einer Zelle verändert – sie mutiert. Anschliessend kann sie sich ungebremst teilen und vermehren. Krebszellen können im Gegensatz zu gesunden Zellen in umliegendes Gewebe eindringen und über die Blut- und Lymphwege in andere Organe streuen. Dort bilden sie Krebsabsiedelungen (Metastasen).
Wir vermuten einige Risikofaktoren, die den Harnröhrenkrebs begünstigen können. Dazu gehören zum Beispiel:
- chronische Reizungen der Harnröhre, etwa durch einen Katheter oder nach einer Harnröhrenoperation
- wiederholte Harnröhrenentzündungen (Urethritis)
- häufige Harnwegsinfekte
- sexuell übertragbare Krankheiten (STD, Geschlechtskrankheiten)
- Verengung der Harnröhre (Harnröhrenstriktur)
- Verletzungen der Harnröhre
- Harnröhrenkarunkel: Gutartiger Tumor der Harnröhre, der entarten kann
- Harnröhrendivertikel: Ein Hohlraum, der mit der Harnröhre in Verbindung steht
- HPV-Infektion (Humane Papillomviren Typ 16, aber auch 18)
- Strahlentherapie in der Vergangenheit (extern, intern)
Ob und in welchem Ausmass diese Risikofaktoren an der Entstehung von Harnröhrenkarzinomen beteiligt sind, ist noch nicht ausreichend wissenschaftlich nachgewiesen. Forscher diskutieren noch, welche Rolle diese Faktoren bei Männern und Frauen spielen.
Unterteilung des Harnröhrentumors
Je nach Ort der Entstehung werden verschiedene Arten von Harnröhrenkarzinomen mit unterschiedlicher Häufigkeit im Auftreten unterschieden:
- Urothelkarzinom: Mit 54 bis 65 Prozent ist es am häufigsten
- Plattenepithelkarzinom (16 bis 22 Prozent)
- Adenokarzinom (10 bis 16 Prozent).
Bei psychischer Belastung
Jede körperliche Erkrankung kann auch mit psychischen Belastungen verbunden sein. Diese kann sich unter anderem in Sorgen, Anspannung, Gedankenkreisen oder Schlafstörungen zeigen und den Behandlungsverlauf erschweren. Falls Sie oder Ihre Angehörigen den Wunsch nach psychiatrisch-psychologischer Beratung und Unterstützung haben, stehen Ihnen unsere Fachleute im USZ gerne zur Verfügung.
Symptome: Harnröhrenkrebs bleibt oft lange unbemerkt
Die Symptome beim Harnröhrenkrebs sind zunächst meist unspezifisch. Die meisten Betroffenen bringen ihre Beschwerden nicht sofort mit dieser äusserst seltenen Krebsart in Verbindung – auch wir übrigens nicht.
Ausserdem verursachen kleine Tumoren der Harnröhre oft keine, oder nur geringe Beschwerden. Daher finden wir den Harnröhrenkrebs oft erst spät, wenn der Krebs schon weiter fortgeschritten ist. Zufallsbefunde sind bei Menschen ohne Beschwerden sehr selten. Je grösser der bösartige Tumor jedoch wird, desto stärker engt er irgendwann die Harnröhre ein – Beschwerden beim Wasserlassen sind die Folge.
Folgende Symptome können beim Harnröhrenkrebs auftreten:
- Blut im Urin (Hämaturie) – dies ist in der Regel das erste Symptom. Im Harn können sich kleinere Blutmengen befinden, die mit blossem Auge nicht sichtbar sind (Mikrohämaturie). Grössere Blutmengen im Urin (Makrohämaturie) sind dagegen optisch erkennbar – der Urin verfärbt sich rötlich.
- verstärkter Harndrang
- Schmerzen beim Wasserlassen
- schwacher Harnstrahl
- Harnträufeln
- Ausfluss aus der Harnröhre, der manchmal blutig sein kann
- Schmerzen im Bereich des Beckens
- Schmerzen beim Sex
- Manchmal sind Harnröhrentumore tastbar
- erhöhte Anfälligkeit für Harnwegsinfekte, weil aufgrund der Harnabflussstörungen Restharn in der Blase verbleibt
- später allgemein Symptome wie ungewollter Gewichtsverlust, Nachtschweiss, geschwollene Beinen wegen des Lymphstaus (Lymphödeme)
Harnröhrenkrebs: Diagnose durch uns
Die Diagnose eines Harnröhrenkrebses beginnt immer mit dem Anamnesegespräch zu Ihrer Krankengeschichte. Wir stellen Ihnen einige Fragen, zum Beispiel:
- Welche Symptome haben Sie?
- Seit wann bestehen die Beschwerden?
- Wie intensiv sind sie ausgeprägt?
- Wo genau verspüren Sie die Beschwerden?
- Leiden Sie häufiger unter Harnröhrenentzündungen?
- Sind wiederholte Harnwegsinfekte bekannt?
- Haben Ärztinnen oder Ärzte eine HPV-Infektion festgestellt? Wenn ja: welcher Typ?
- Sind andere Erkrankungen bei Ihnen bekannt?
- Hatten Sie schon einmal eine Krebserkrankung und haben Sie sich Krebsbehandlungen unterzogen?
Dann schliesst sich eine körperliche Untersuchung an. Ein Tumor in der Harnröhre lässt sich in manchen Fällen auch erfühlen, wenn er schon grösser ist. Zudem werden die Lymphknoten in der Leisten- und Beckenregion abgetastet.
Harnröhrenkrebs – weitere Untersuchungen
Dann folgen in der Regel weitere Untersuchungen, um einem möglichen Tumor in der Harnröhre auf die Spur zu kommen. Die wichtigsten sind:
- Urinuntersuchung: Sie zeigt zum Beispiel, ob Blut im Urin vorhanden ist.
- Urinzytologie: Dabei analysieren wir die zellulären Bestandteile des Urins. Manchmal lassen sich dort Tumorzellen nachweisen. Allerdings ist die Urinzytologie keine sehr aussagekräftige Methode.
- Harnröhren- und Blasenspiegelung (Urethrozystoskopie): Es wird ein dünnes, biegsames Instrument (Zystoskop) in die Harnröhre und Harnblase eingeführt das mit einer kleinen Kamera und Lichtquelle ausgerüstet ist. Dies geschieht meist unter örtlicher Betäubung. So lassen sich Veränderungen in der Harnröhre und Blase aufdecken.
- Gewebeprobe (Biopsie): Im Rahmen der Harnröhrenspiegelung können gleichzeitig Gewebeproben aus einem verdächtigen Bereich entnommen werden. Eine Pathologin oder ein Pathologe analysiert die Zellen anschliessend unter dem Mikroskop. So lassen sich gut- und bösartige Zellen unterscheiden. Auch können Rückschlüsse auf die Art, Grösse, Aggressivität und Ausbreitung des Harnröhrenkrebses gezogen werden.
Bildgebende Verfahren zur Diagnose von Harnröhrenkrebs
Bildgebende Verfahren helfen, die Ausbreitung des Tumors zu bestimmen. Dazu zählen unter anderem:
- Ultraschall (Sonografie), etwa des Beckens und der Blase. Bei Männern kommt zusätzlich ein transrektaler Ultraschall zum Einsatz, um die Prostata zu beurteilen. Bei Frauen wird der transvaginale Ultraschall angewendet.
- Computertomografie (CT) – eine Methode, die mit Röntgenstrahlung arbeitet und detaillierte Schnittbilder liefert. Das CT zeigt die Ausbreitung des Harnröhrenkrebses in andere Organe des Körpers.
- Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie): Dabei setzt die Radiologie starke Magnetfelder ein und erhalten hochaufgelöste Schnittbilder. Dadurch lässt sich ebenfalls die Ausdehnung des Tumors bestimmen.
- Positronenemissionstomografie/CT (PET/CT): Hier wird eine Ganzkörperaufnahme gemacht in der eine mögliche Streuung in Organe wie Lunge, Leber oder Knochen erkannt werden kann. Die PET/CT findet mit radioaktiv markierten Zucker „18F-FDG“ besonders stoffwechselaktive Bereiche. So können auch sehr kleine Metastasen sichtbar gemacht werden
Harnröhrenkrebs – Einteilung in Stadien
Von der exakten Stadieneinteilung hängen die Therapie und die Prognose massgeblich ab. Zum Einsatz kommt die sogenannte TNM-Klassifikation.
- T (Tumor): Wie gross ist der Tumor?
- N (engl. Node): Sind Krebszellen in den Lymphknoten vorhanden? Wenn ja: lokal oder weiter entfernt bzw. wie gross?
- M (Metastasen): Sind Metastasen in anderen Organen ausser Lymphknoten nachweisbar?
Anhand der TNM-Klassifikation erfolgt die Stadieneinteilung – das sogenannte Staging. Es wird ein Tumor einem Stadium von null bis vier zugeordnet. Je höher die Zahl, desto weiter fortgeschritten ist der Krebs.
Zudem wird die Beschaffenheit des Krebsgewebes analysiert und bestimmt, wie ähnlich die Tumorzellen noch gesunden Zellen sind – dieses Vorgehen heisst Grading. Es gibt die Differenzierungsgrade „low-grade“ (geringe Abweichung mit dem Ursprungsgewebe) und „high-grade“ (hohe Entartung).
Der Harnröhrenkrebs bildet in etwa zehn Prozent der Fälle Metastasen in anderen Organen. Am häufigsten betroffen sind die Lunge, Leber, Knochen und das Gehirn. Dann können weitere Beschwerden hinzukommen.
Harnröhrenkrebs: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Die Ursachen von Harnröhrenkrebs sind noch weitgehend unbekannt. Daher können Sie dieser Krebsart auch nicht wirklich vorbeugen. Allerdings bringen Fachleute das Harnröhrenkarzinom mit gehäuften Harnröhrenentzündungen und wiederholten Harnwegsinfekten in Verbindung. Lassen Sie diese Erkrankungen daher immer ausreichend behandeln.
Daneben könnten sexuell übertragbare Krankheiten und Infektionen mit dem Humanen Papillomvirus (HPV) womöglich eine Rolle spielen. Vor diesen können Sie sich durch Kondome/Femidome bis zu einem gewissen Grad schützen. „Safer Sex“ heisst das Stichwort. Ausserdem gilt der allgemeine Ratschlag: Holen Sie bei Symptomen wie Blut im Urin immer zeitnah ärztlichen Rat ein.
Gezielte Massnahmen zur Früherkennung von Harnröhrenkrebs gibt es nicht. Dies ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass diese Krebsart so selten ist. Für häufige Krebsarten wie Brustkrebs oder Hautkrebs gibt es dagegen Screeningmassnahmen für gesunde Personen ohne Symptome.
Verlauf und Prognose bei Harnröhrenkrebs
Der Verlauf und die Prognose bei Harnröhrenkrebs lassen sich nicht allgemein vorhersagen. Entscheidend ist, wie weit der Tumor in der Harnröhre bei der Diagnose schon fortgeschritten ist. Wichtig für den Verlauf der Krebserkrankung sind die Grösse, das Stadium, die Aggressivität und der Ort des Tumors. Allgemein gilt: Je früher der Krebs entdeckt wird, desto besser gelingt in der Regel die Behandlung und desto günstiger ist die Prognose.
Daneben spielt auch die Art des Harnröhrenkrebses vermutlich eine Rolle. Ein Urothelkarzinom scheint mit einer ungünstigeren Prognose verbunden zu sein als die anderen Formen. Auch die Lage des Tumors könnte von Bedeutung sein. So hat ein Tumor nahe der Harnröhrenmündung eventuell eine günstigere Prognose als Tumoren im oberen Teil der Harnröhre.
Harnröhrenkrebs: Behandlung hängt vom Stadium ab
Welche Therapie gewählt wird, hängt immer vom Stadium der Erkrankung ab. Meist kommen mehrere Behandlungsarten in Kombination zum Einsatz. An der Behandlung sind in der Regel Spezialistinnen und Spezialisten mehrerer Fachrichtungen beteiligt, die die Therapie gemeinsam planen. Dazu können Fachleute aus der Urologie, Gynäkologie, Onkologie und Radioonkologie gehören.
Die wichtigsten Therapiestrategien bei Harnröhrenkrebs sind:
- Operation: Bei kleineren Tumoren wird die Harnröhre teilweise oder ganz – je nach Ausdehnung- entfernt. Ist der Krebs schon weiter fortgeschritten, muss manchmal auch die Harnblase entfernt werden, bei Männern manchmal auch Teile des Penis.
- Strahlentherapie (Radiotherapie): Dabei setzen Radioonkologinnen und Radioonkologen hochenergetische Strahlen ein. Die Strahlentherapie eignet sich auch vor einer Operation (neoadjuvant), um den Tumor zunächst zu verkleinern um diesen schonender operieren zu können. Sie hilft auch nach der OP, um eventuell noch vorhandene Krebszellen abzutöten.
- Chemotherapie: Zum Einsatz kommen Zellgifte, die sog. Zytostatika oder Chemotherapeutika. Sie wirken im gesamten Körper (systemisch) und behindern die Teilung und Vermehrung der Krebszellen auf unterschiedliche Weisen. Meist werden mehrere Zytostatika verwendet um die Wirksamkeit der Chemotherapie zu erhöhen. Diese werden in Zyklen verabreicht – dazwischen liegen Phasen ohne Medikamente, in denen sich der Körper wieder erholen kann. Die Chemotherapie kann vor oder nach der OP/Strahlentherapie eingesetzt werden. In sehr weit fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien stellt sie häufig die alleinige Therapie dar.
- Radiochemotherapie: Dies ist eine Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie.
- Psychoonkologie: Eine Krebserkrankung betrifft nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Inzwischen gibt es psychoonkologische Unterstützung für Krebspatientinnen und –Patienten sowie ihre Angehörigen.
- Palliative Care: Diese unterstützt bei Symptomoptimierung, Ausbau der häuslichen Versorgung und genereller Unterstützung von Patienten und Patientinnen, sowie deren Angehörigen sowohl im frühen wie auch im späten Krankheitsverlauf begleitend zur Krebstherapie.
Alle Therapien können Nebenwirkungen und Komplikationen hervorrufen, die zusätzlich behandelt werden können. Beispiele sind Übelkeit und Erbrechen (mit Antiemetika), Entzündungen (mit Magenschutz, Mundspülung etc.) oder bakterielle Infektionen (mit Antibiotika).
Im Anschluss an die Therapie erfolgt eine klinische und bildgebende Abschlussuntersuchung und dann die regelmässige Nachsorge. Nehmen Sie diese regelmässigen Kontrolluntersuchungen bei uns wahr. Sie überprüfen Ihren Gesundheitszustand und den Erfolg der Therapie, suchen nach Anzeichen für einen Rückfall (Rezidiv) und behandeln Beschwerden, Nebenwirkungen und Komplikationen. Anfangs sind die Zeitintervalle Kürzer (z.B. alle drei Monate). Ist der Harnröhrenkrebs über einen längeren Zeitraum nicht zurückgekehrt, vergrössert sich diese Zeitspanne.
Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.