Gutartiger Lagerungsschwindel

Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel

Der gutartige Lagerungsschwindel ist die häufigste Erkrankung des Gleichgewichtorgans. Sie ist einfach behandelbar und die Behandlung führt in bis zu 90% der Fälle zu einer sofortigen Genesung.

Wie zeigt sich der gutartige Lagerungsschwindel?

Der gutartige Lagerungsschwindel äussert sich meist als Drehschwindel, welcher in der Regel durch Kopfbewegungen ausgelöst wird, z. B. wenn der Kopf nach vorne oder hinten geneigt wird oder bei Drehung im Liegen. Oft ist der Drehschwindel verbunden mit Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen oder Herzklopfen. Typischerweise dauert eine Schwindelattacke etwa 30 Sekunden bis eine Minute. Hält der Schwindel länger an, sollte eine andere Ursache in Betracht gezogen werden.

Wie wird der gutartige Lagerungsschwindel ausgelöst?

Das Gleichgewichtorgan bildet zusammen mit der Hörschnecke das Innenohr. Das Gleichgewichtsorgan unterteilt sich in fünf Bestandteile:

  • drei Bogengänge, die Drehbewegungen des Kopfes messen
  • zwei Otolithenorgane, die geradlinigen Bewegungen des Kopfes und die Kopfhaltung gegenüber der Schwerkraft (sogenannte Gravitation) messen

Die Bogengänge sind mit einer Flüssigkeit, der Endolymphe, gefüllt. Am Ende jedes Bogengangs befindet sich die Cupula, eine sichtbare Verdickung, die mit einer Vielzahl von Haarsinneszellen ausgestattet ist. Bewegt sich der Kopf, lenkt die Endolymphe in den Bogengängen die Härchen der Haarsinneszellen aus, was vom Gehirn als Bewegung des Körpers interpretiert wird.

Beim gutartigen Lagerungsschwindel geht man davon aus, dass sich Calciumcarbonat-Kristalle (sogenannte Otokonien), von den Otolithenorganen lösen und in die Bogengänge des Innenohrs gelangen. In ruhiger Kopfhaltung bleiben diese Kristalle am tiefsten Punkt des Bogengangs liegen. Sobald der Kopf bewegt wird, bewegen sich auch die Kristalle durch die Schwerkraft. Dabei entsteht eine ungewöhnlich starke Strömung der Endolymphe, die vom Gehirn als Drehbewegung interpretiert wird wird. Da im Gegensatz dazu die Augen keine Bewegung wahrnehmen, entsteht im Gehirn ein Konflikt der eingehenden Informationen des Gleichgewichtsystems, wodurch Schwindel entsteht. Dieser Schwindel dauert so lange an, bis die Kristalle ihren neuen Ruhepunkt erreicht haben.

Warum bin ich von Lagerungsschwindel betroffen?

Warum sich die Kristalle von den Otolithenorganen lösen, ist im Einzelfall oft kaum zu bestimmen. Es ist jedoch erwiesen, dass ein gutartiger Lagerungsschwindel häufiger nach eine Kopfanprall, bei anderen Erkrankungen des Innenohrs oder bei Migränepatienten auftritt. Auch nach längerer Bettruhe, zum Beispiel nach einer Operation, kann sich Lagerungsschwindel entwickeln.

Diagnose des gutartigen Lagerungsschwindel

Der gutartige Lagerungsschwindel wird diagnostiziert, indem gezielt der Kopf so bewegt wird, dass die Kristalle mobilisiert werden und so der Schwindel ausgelöst wird. Da das Gleichgewichtsorgan auch die Augenbewegungen steuert, kann durch mit dem Schwindel einhergehendes Augenzittern (sogenannter Nystagmus) festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um Lagerungsschwindel handelt. Anhand der Nystagmusform lässt sich auch erkennen, welcher Bogengang betroffen ist – eine entscheidende Information für die Behandlung. Am häufigsten ist der hintere Bogengang betroffen (in 60-90% der Fälle), seltener der seitliche Bogengang (5-30%) und nur sehr selten der vordere Bogengang (< 5%). Diese Unterscheidung ist wichtig, da es für jeden Bogengang spezielle Lagerungs- und Befreiungsmanöver zur Diagnose und Behandlung gibt.

Behandlung des gutartigen Lagerungsschwindels

Lagerungsschwindel kann in den meisten Fällen ohne Einsatz von Medikamenten, Operationen oder speziellen Geräten erfolgreich mittels verschiedener Befreiungs-Manöver behandelt werden. Diese Manöver werden von medizinischen Fachpersonen durchgeführt, und bestehen aus einer Abfolge von Kopf- und Körperbewegungen, die die kleinen Kristalle aus dem betroffenen Bogengang bewegen und dorthin zurückleiten sollen, wo sie keine Symptome mehr auslösen.

In den meisten Fällen verschwinden die Symptome nach dem für die entsprechende Diagnose angewendeten Manöver, jedoch sind gelegentlich mehrere Versuche erforderlich, bis der gewünschte Erfolg eintritt. Es kann helfen, wenn die Manöver auch eigenständig zu Hause durchführt werden sollten.

In einigen Fällen verschreibt Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Medikamente zur Linderung von Begleitsymptomen wie Übelkeit und Schwindel.

Nach der Durchführung eines Befreiungsmanövers

In den ersten drei Tagen nach dem Befreiungsmanöver können leichte Gleichgewichtsstörungen auftreten, wie zum Beispiel Schwankschwindel (ein Gefühl, als wäre man auf einem Schiff), ein unsicherer Gang oder Übelkeit. Vermeiden Sie in dieser Zeit Erschütterungen wie Joggen oder Springen sowie Kopfbewegungen nach unten, etwa beim Schuhe binden oder beim Vorbeugen über das Waschbecken zum Haarewaschen. Auch Zahnarztbehandlungen sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Bett soll so eine so flache Position wie möglich eingenommen werden.

Schnelle Diagnose und Behandlung mit dem mobilen Schwindel-Drehstuhl

Ältere Menschen, die besonders häufig von Lagerungsschwindel betroffen sind, sind in ihrer Mobilität und Beweglichkeit oft so eingeschränkt, dass die herkömmlichen Diagnose- und Befreiungsmanöver stark erschwert durchgeführt werden können. Mittels des von Ärzten des Schwindelzentrums mitentwickelten Drehstuhls können Patienten und Patientinnen gezielt und komfortabel gelagert werden. Alle Abklärungen erfolgen im Sitzen und dauern in der Regel nicht mehr als 20 Minuten. Wird ein Lagerungsschwindel festgestellt, so kann auch direkt ein entsprechendes Repositionsmanöver auf dem Drehstuhl durchgeführt werden.

Kommt der Lagerungsschwindel zurück?

Der gutartige paroxysmale Lagerungsschwindel kann erfolgreich behandelt werden und verschwindet oft auch von selbst, besonders wenn keine zugrunde liegende Ursache vorliegt. Bei einem Teil der Patienten kann der Schwindel aber wiederkommen. Die Rückfallrate liegt bei ca. 15 – 40%. Aber auch erneut auftretend kann der Lagerungsschwindel wieder wie oben beschrieben – meist erfolgreich – behandelt werden. Im Falle eines wiederholt auftretenden Lagerungsschwindels ist die Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels empfohlen sowie die Einnahme von Vitamin D bei einem entsprechenden Vitamin-D-Mangel.