Überblick: Was sind gutartige Lebertumoren?
Gutartige Lebertumoren sind keine Seltenheit und es gibt eine ganze Reihe davon. Charakteristisch für gutartige Tumoren in der Leber ist, dass sie nicht in benachbartes Gewebe einwachsen und auch keine Absiedelungen (Metastasen) in anderen Organen bilden. Dennoch können gutartige Lebertumoren wachsen, beträchtliche Grössen erreichen und die Funktion von Organen beeinträchtigen. Ärztinnen und Ärzte unterscheiden verschiedene Arten von gutartigen Lebertumoren.
Hämangiome in der Leber
Leberhämangiome sind die häufigsten gutartigen Lebertumoren, die ihren Ursprung in den Blutgefässen haben. Umgangssprachlich heissen sie „Blutschwämmchen“ und in der Fachsprache auch kavernöse Hämangiome. Meist treten sie als einzelne Tumoren auf. Allerdings finden sich Hämangiome bei bis zu 40 Prozent der Betroffenen sowohl im rechten als auch im linken Leberlappen. Sie können unterschiedlich gross werden – von wenigen Millimetern bis zu mehr als 20 Zentimeter. Die meisten Lebertumoren sind jedoch klein und messen weniger als fünf Zentimeter. Oft verspüren Betroffene keine Symptome.
Fokal-noduläre Hyperplasie
Auf Platz zwei der häufigsten gutartigen Lebertumoren rangiert die fokal-noduläre Hyperplasie, abgekürzt FNH. Diesen Lebertumor entwickeln besonders oft Frauen zwischen 20 und 50 Jahren. Die Einnahme hormoneller, oraler Verhütungsmittel lässt den Tumor vermutlich wachsen, gilt aber nicht als direkter Auslöser. In der Regel entsteht ein einzelner Knoten in der Leber, der weniger als fünf Zentimeter misst. Manchmal lassen sich gleichzeitig noch andere Lebertumoren nachweisen. Die meisten Betroffenen verspüren nur Symptome, wenn der Tumor grössere Ausmasse annimmt, zum Beispiel Beschwerden im Oberbauch. FNH entarten nicht zu einem bösartigen Tumor.
Leberzelladenom (Hepatozelluläres Adenom)
Adenome der Leber kommen eher selten vor und wenn, dann bevorzugt bei Frauen (ca. 90 Prozent). Ausserdem sind sie meist zwischen 15 und 45 Jahren alt. Manchmal sind zugleich noch andere Lebertumoren vorhanden. Oft ist die Entwicklung von Adenomen mit der Einnahme hormoneller, oraler Verhütungsmittel (Östrogene) verknüpft („Pille“). Adenome kommen heute jedoch seltener vor. Ein Grund ist, dass die Dosierung und Zusammensetzung der Hormone in den heutigen Präparaten viel niedriger und anders ist als bei den „Pillen“ der ersten Generationen. Adenome können gross werden und besitzen ein erhöhtes Blutungsrisiko. Nach dem Absetzen des hormonellen Verhütungsmittels schrumpft der Lebertumor oft wieder.
Auch Personen, die männliche Sexualhormone (Androgene, z.B. anabole Steroide = Abkömmlinge des Testosterons) einnehmen, laufen Gefahr, ein Adenom zu entwickeln. Beispiele sind Bodybuilder (Doping) oder transsexuelle Menschen. Zudem ist das Risiko für diese Lebertumoren bei Glykogenspeicherkrankheiten erhöht. Dabei ist der Kohlenhydratstoffwechsel gestört.
Gutartige Lebertumoren können Folgen haben
Auch wenn die Lebertumoren gutartig sind – sie können
- wachsen,
- auf umliegende Organe drücken,
- den Blutzufluss zur Leber oder von der Leber weg beeinträchtigen und so die Organfunktion stören oder
- Schmerzen auslösen.
Daher ist manchmal auch bei gutartigen Lebertumoren eine Operation notwendig, bei der eine Chirurgin oder ein Chirurg den Tumor entfernt. Darüber hinaus bergen einige Lebertumoren das Risiko, dass aus gutartig bösartig wird und Leberkrebs entsteht. Diese Gefahr besteht zum Beispiel beim Adenom. Entweder kontrollieren Ärztinnen und Ärzte diesen Lebertumor daher in engen Zeitabständen oder entfernen ihn im Rahmen einer Operation.
Gutartige Lebertumoren – Häufigkeit und Alter
Das Hämangiom ist der häufigste gutartige Lebertumor. Expertinnen und Experten schätzen, dass ungefähr 0,4 bis 20 Prozent der Bevölkerung daran erkranken. Damit gelten Hämangiome als weit verbreitet. Etwa 60 bis 80 Prozent der Betroffenen sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Frauen erkranken etwa dreimal so oft am Hämangiom wie Männer.
An der fokal-nodulären Hyperplasie (FNH) – dem zweithäufigsten gutartigen Lebertumor – erkranken meist Frauen zwischen 20 und 50 Jahren. Sehr selten sind dagegen Leberadenome, die ebenfalls überwiegend Frauen betreffen. Meist sind die Frauen zwischen 15 und 45 Jahren alt.
Spezialisiertes Zentrum am USZ
Gutartige Lebertumore werden meist als Zufallsbefund in bildgebenden Untersuchungen entdeckt. Das Hauptrisiko dieser gutartigen Tumore besteht darin, dass sie nicht immer gutartig sind und gutartig nicht mit ohne Risiko gleichzusetzen ist. Insbesondere männliche Patienten müssen bei zufällig entdeckten Lebertumoren genau untersucht werden, da sich ein bösartiger Tumor hinter der Läsion verbergen kann. Die drei häufigsten gutartigen Lebertumoren sind Hämangiome, fokal-knötchenförmige Hyperplasien und hepatozelluläre Adenome. Selten ist bei einer dieser Erkrankungen eine Behandlung erforderlich. Eine genaue Abklärung und Abgrenzung zu bösartigen Lebertumore aber essentiell. Im Universitätsspital Zürich kümmern sich Spezialistinnen und Spezialisten diverser Disziplinen (Chirurgie, Gastroenterologie und Radiologie) gemeinsam darum, eine exakte Diagnose zu stellen. Das Universitätsspital bietet das gesamte Behandlungsspektrum von der konservativen, der interventionellen wie auch chirurgischen Therapie von gutartigen Lebertumoren an. Dabei sind die Behandlungen der Betroffenen in die Struktur des Schweizer Zentrums für Leber-, Bauchspeicheldrüsen- und Gallenwegserkrankungen (Swiss HPB Center) eingebettet.
Gutartige Lebertumoren: Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen und der Mechanismus der Entstehung von gutartige Lebertumoren sind in vielen Fällen noch nicht vollständig geklärt. Für manche Arten von Lebertumoren sind jedoch einige Risikofaktoren bekannt.
- Hämangiome: Die Ursachen sind noch unklar. Medizinerinnen und Mediziner vermuten aber, dass es sich bei den Hämangiomen um Gefässmissbildungen oder versprengtes embryonales Gewebe (Hamartome) handelt. Auch weibliche Geschlechtshormone (Östrogene, Gestagene) scheinen eine Rolle zu spielen, denn in der Schwangerschaft und bei der Einnahme hormoneller Verhütungsmittel wachsen Hämangiome oft. Trotzdem konnten Forschende bislang keine Andockstellen (Rezeptoren) für Östrogen auf den gutartigen Tumorzellen nachweisen. Zudem wuchs das Hämangiom auch bei Frauen ohne Östrogeneinnahme oder in der Postmenopause. Die Hypothese ist daher „wackelig“ und ein Zusammenhang nicht eindeutig belegt.
- Fokal-noduläre Hyperplasie (FNH): Auch für die FNH haben Forschende noch keine genauen Ursachen gefunden. Ein Zusammenhang zwischen der Einnahme östrogenhaltiger Präparate und der Entwicklung beziehungsweise dem Wachstum des FNH gilt zwar als wahrscheinlich, ist aber noch nicht ausreichend wissenschaftlich nachgewiesen.
- Adenome: Ein Risikofaktor für die Entstehung sowie das Wachstum von Adenomen scheint die Einnahme östrogenhaltiger Präparate zu sein. Dafür spricht auch, dass sich das Adenom nach dem Absetzen der Hormone oft wieder verkleinert. Auch männliche Sexualhormone – die Androgene – sind wahrscheinlich bei der Entwicklung von Adenomen mit am Werk.
Symptome: Gutartige Lebertumoren bleiben oft lange unentdeckt
Gutartige Lebertumoren verursachen in vielen Fälle keine oder nur milde Symptome. Daher bleiben sie lange unbemerkt. Oft finden Ärztinnen und Ärzte die Lebertumoren zufällig im Rahmen einer anderen Untersuchung, zum Beispiel beim Ultraschall, einer Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT). Erst wenn sie wachsen und sehr gross werden, rufen sie Beschwerden hervor. Folgende Anzeichen können auf einen gutartigen Tumor in der Leber hindeuten:
- Hämangiom: Meist sind diese Lebertumoren klein und verursachen keine Symptome. Wenn sie jedoch wachsen, können Bauchschmerzen sowie ein Völle- und Druckgefühl auftreten. Wenn Hämangiome bluten oder sich Blutgerinnsel (Thrombosen) bilden, können auch stärkere Bauchschmerzen, Übelkeit und Fieber auftreten. Besonders bei jungen Frauen verursachen die Hämangiome oft Symptome.
- Fokal-noduläre Hyperplasie (FNH): Manche Patientinnen und Patienten erleben Oberbauchbeschwerden, die meisten haben keine Symptome.
- Adenome: Viele Betroffene sind vollständig symptomfrei. Wenn das Adenom grösser wird, verspüren manche ein schweres Krankheitsgefühl mit Schmerzen im rechten Oberbauch. Manchmal lässt sich der Tumor auch aufgrund seiner Grösse von aussen ertasten.
Gutartige Lebertumore: Diagnose bei uns
Die Diagnose gutartiger Lebertumoren ist oft ein Zufallsbefund. Ärztinnen und Ärzte kommen dem Tumor in der Leber im Rahmen einer Untersuchung auf die Spur, die aus einem anderen Grund stattfindet. Folgende Methoden kommen in der Diagnostik von gutartigen Lebertumoren zum Einsatz:
- Ultraschalluntersuchung (Sonografie), manchmal kontrastmittelverstärkter Ultraschall
- Computertomografie (CT) – eine Röntgenuntersuchung, bei der Radiologinnen und Radiologen den Körper „scheibchenweise“ aufnehmen und Schnittbilder erzeugen.
- Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie): Radiologinnen und Radiologen setzen starke Magnetfelder ein und nehmen den Körper ebenfalls „in Scheiben“ auf.
- Blutuntersuchung: Die Blutwerte bestimmen wir routinemässig. Sie zeigen allgemein, wie gut die Organe funktionieren. Manchmal sind die Leberwerte (z.B. Alanin-Aminotransferase, Alpha-Fetoprotein = AFP) aufschlussreich.
Manchmal kombinieren wir auch verschiedene bildgebende Verfahren miteinander.
Gutartige Lebertumoren: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Für gutartige Lebertumoren gibt es keine speziellen Massnahmen zur Vorbeugung oder Früherkennung. Meist kommen Ärztinnen und Ärzte den Tumoren in der Leber zufällig auf die Spur. Ein Risikofaktor für die Entstehung oder das Wachstum der gutartigen Tumore scheinen weibliche Geschlechtshormone zu sein. Wenn Sie hormonelle Verhütungsmittel einnehmen und Beschwerden wie Oberbauchschmerzen haben, suchen Sie immer Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf. Eventuell müssen Sie das Präparat absetzen. Das Gleiche gilt, wenn Sie männliche Sexualhormone (Androgene) einnehmen.
Allgemein ist ein Arztbesuch immer ratsam, wenn Sie ungewöhnliche Beschwerden haben, die nicht von selbst wieder vergehen.
Verlauf und Prognose bei gutartigen Lebertumoren
Der Verlauf und die Prognose bei gutartigen Lebertumoren lassen sich nicht allgemein vorhersagen. Bei vielen bleiben die Tumoren klein und verursachen keine Symptome. Bei anderen wachsen die Tumoren in der Leber dagegen und lösen unangenehme Beschwerden aus. Dann ist manchmal eine Operation nötig. Selten reissen Tumoren in der Leber (Ruptur) spontan (wenn sie grösser sind) oder durch die die Einwirkung von äusserer Gewalt. Auch ärztliche Eingriffe wie eine Leberbiopsie oder Feinnadelpunktion können zu einer Ruptur führen. Beide Methoden wenden wir daher nicht in der Diagnostik von Lebertumoren an.
Vorsicht geboten ist bei den Adenomen. Denn sie können Blutungen auslösen, die gefährlich sind und die Ärzte sofort behandeln müssen. Ausserdem können Adenome entarten und sich zu Leberkrebs weiterentwickeln. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt laut Literatur zwischen acht und 13 Prozent.
Gutartige Lebertumoren: Behandlung heisst beobachten oder operieren
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie wir gutartige Lebertumoren behandeln. Welche Therapie zum Einsatz kommt, hängt von der Grösse des Lebertumors, aber auch von Ihren Beschwerden ab. Wenn ein gutartiger Lebertumor wächst, nehmen meist auch die Symptome zu. Ausserdem können grössere Tumoren die Funktion der Leber oder benachbarter Organe beeinträchtigen. Bei manchen zunächst gutartigen Lebertumoren besteht die Gefahr, dass sie entarten und bösartig werden.
Folgende Behandlungsmöglichkeiten gibt es:
- Abwarten, beobachten und kontrollieren: Nicht immer ist sofort eine Behandlung bei gutartigen Lebertumoren nötig. Das gilt besonders für kleinere Tumoren. Sie müssen jedoch regelmässige Kontrolltermine bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt wahrnehmen, bei denen er mittels bildgebender Verfahren nachsieht, wie sich der Lebertumor verhält. Bei kleineren Tumoren sind die Zeitabstände länger, bei grösseren kürzer.
- Operation: Ein chirurgischer Eingriff ist bei grösseren Tumoren und Beschwerden ratsam. Bei Adenomen raten wir in vielen Fällen zu einer Operation, um das Risiko für eine Entartung und damit die Entstehung von Leberkrebs zu bannen. Ansonsten besteht die Möglichkeit, das Adenom innerhalb kurzer Zeitabstände per Ultraschall kontrollieren zu lassen.
Es gibt verschiedene Operationsmethoden: Ausschälen des Tumors (Enukleation), Teilentfernung der Leber oder in sehr schweren Fällen sogar eine Lebertransplantation. Die Operation lässt sich in vielen Fällen minimal-invasiv („Schlüssellochchirurgie“) im Rahmen einer Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchführen. Hier sind nur wenige kleine Schnitte notwendig.
Behandlung von gutartigen Lebertumoren: Das können Sie selbst tun
- Setzen Sie orale Verhütungsmittel in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ab und steigen Sie auf eine andere Verhütungsmethode um. Dann verkleinert sich der Tumor oft wieder.
- Anabole Steroide sollten Sie ebenfalls nicht weiter einnehmen, etwa zu Dopingzwecken. Transsexuelle Menschen sollten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sprechen, welche Möglichkeiten es gibt.
- Bei grossen gutartigen Tumoren in der Leber verzichten Sie besser auf Sportarten mit intensivem Körperkontakt. So geht es zum Beispiel beim Hand- oder Fussball oft ruppiger zu. Die Gewalteinwirkung auf den Bauchraum kann zu einer Ruptur führen und Blutungen auslösen. Wählen Sie lieber verletzungsarme Sportarten, etwa Radfahren, Joggen oder Schwimmen. Auch sanfte Sportarten wie Yoga, Tai-Chi oder Qi-Gong tun der Leber besser.
Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.