Gastrointestinale Stromatumoren

GIST

Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind seltene Tumoren des Verdauungstrakts. GIST kommen am häufigsten im Magen und Dünndarm vor. Eine wichtige Rolle spielen Veränderungen in bestimmten Genen namens KIT und PDGFRA. Meist verursachen GIST lange Zeit kaum Symptome und bleiben unbemerkt. Ärztinnen und Ärzte diagnostizieren den daher GIST oft zufällig, zum Beispiel bei einer Endoskopie oder einer Operation. Die wichtigste Behandlung ist die Operation. Aber auch neue Medikamente, die zielgerichtet wirken, können GIST bremsen.

Überblick: Was sind gastrointestinale Stromatumoren?

Gastrointestinale Stromatumoren sind Tumoren, die im gesamten Verdauungstrakt entstehen können. Am häufigsten bilden sie sich im Magen und Dünndarm. Deutlich seltener sind sie im Dickdarm oder der Speiseröhre zu finden. Ärztinnen und Ärzte kürzen gastrointestinale Stromatumoren auch als „GIST“ ab. Im Vergleich zu anderen Tumorarten wie Brust-, Prostata- oder Darmkrebs sind GIST relativ selten.

Diese Tumorform hat ihren Ursprung im Binde- oder Stützgewebe des Magen-Darm-Trakts. GIST zählen zu den Weichteil- und Weichgewebstumoren (Sarkomen). Damit unterscheiden sich gastrointestinale Stromatumoren von Magen- oder Darmkrebs. Diese gehen vom Deckgewebe aus, also den Schleimhautzellen.

Bei GIST spielen Genveränderungen (Mutationen) in bestimmten Zellen des Magen-Darm-Traktes eine Rolle, den sogenannte Cajal-Zellen. Oft ist das KIT-Gen und seltener das PDGFRA-Gen mutiert. Wenn die Zellen entarten, können sie sich ungebremst teilen und vermehren.

GIST – anfangs meist symptomfrei

Gastrointestinale Stromatumoren verursachen oft lange Zeit keine Symptome und bleiben unbemerkt. Ärztinnen und Ärzte entdecken GIST oft erst, wenn sie weiter fortgeschritten sind und eine gewisse Grösse erreicht haben. Selten kommt es zur Bildung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) in anderen Organen, meist in die Leber oder das Bauchfell.

Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei GIST. Die wichtigste Therapie ist die Operation. Dabei versuchen wir den GIST möglichst vollständig zu entfernen. Aber auch Medikamente, die sich gezielt gegen bestimmte Merkmale der Tumorzellen richten, sind eine Möglichkeit (sogenannte zielgerichtete Therapie oder „targeted therapy“). Im Gegensatz zu anderen Krebsarten hat sich die Chemotherapie bei GIST als nicht ausreichend wirksam erwiesen.

Die Prognose hängt immer davon ab, wie weit der Tumor schon fortgeschritten ist und ob Metastasen vorliegen. Das gilt eigentlich für jede Krebsart. Aber auch wenn sich Metastasen gebildet haben, lässt sich das Fortschreiten oft bremsen und wir können eine gute Lebensqualität erhalten.

Gastrointestinale Stromatumoren – Häufigkeit und Alter

Gastrointestinale Stromatumoren sind eine seltene Krebsart. Fachpersonen schätzen, dass in Europa nur ungefähr 14.5 pro 1 Million Einwohnerinnen und Einwohnern pro Jahr an GIST erkranken. Für die Schweiz bedeutet dies umgerechnet rund. Die meisten Menschen sind bei der GIST-Diagnose zwischen 55 und 65 Jahre alt. Bei Kindern und Jugendlichen kommen GIST äusserst selten vor, aber prinzipiell können auch sie daran erkranken. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.

Gastrointestinale Stromatumoren: Ursachen und Risikofaktoren

GIST gehen von bestimmten Zellen des Binde- und Stützgewebes im Magen-Darm-Trakt aus, den sogenannten Cajal-Zellen. Diese Zellen sind massgeblich an der Steuerung der Darmbeweglichkeit (Peristaltik) beteiligt. GIST entstehen also in den Wänden der Verdauungsorgane. Meist wachsen diese Tumore verdrängend und dringen nicht in andere Organe ein. Dennoch können GIST Metastasen bilden und sich im Bauchraum ausbreiten. Das Risiko hierfür besteht vor allem bei grösseren GIST (>5cm).

Den Anfang der Tumorentstehung markiert immer eine Veränderung des Erbguts (DNA) in einer Zelle. Dies ist bei allen Krebserkrankungen der Fall. Mutation heisst eine solche Erbgutveränderung. Folgende Prozesse sind bei der Entwicklung von GIST mutmasslich beteiligt:

  • Die Erbgutveränderung findet meist im sogenannten KIT-Gen Bei rund 80 Prozent der Betroffenen lässt sich dort eine Mutation nachweisen. Manchmal liegt die Veränderung auch in einem Erbgutabschnitt namens PDGFRA-Gen. Bei einigen Patienten mit GIST lässt sich jedoch weder eine KIT- noch eine PDGFRA-Gen-Mutation nachweisen (sogenannte Wildtyp-GIST).
  • Das KIT-Gen liefert den Bauplan für eine spezielle Andockstelle auf der Zelloberfläche – den KIT-Rezeptor. Er besteht aus Eiweissen (Proteinen). Normalerweise leitet er Wachstumssignale in das Innere der Zelle weiter. Vergleichen lässt sich die Arbeit der Rezeptor-Proteine mit einem Signalempfänger der Zelle, ähnlich einer Antenne. Das PDGFRA-Gen erstellt wiederum die Bauanleitung für den PDGFRA-Rezeptor.
  • Aufgrund der Mutation sind die Antennen nicht richtig zusammengesetzt und der Rezeptor arbeitet nicht richtig. Entweder sind sie dauerhaft aktiv oder sie werden in Überzahl gebildet.
  • In der Folge teilen und vermehren sich die Zellen unkontrolliert – der Tumor entsteht.

Was aber genau die Mutationen auslöst und damit die Ursache der GIST ist, ist noch unbekannt. Ärztinnen und Ärzte kennen auch keine Risikofaktoren, die bei GIST eine Rolle spielen könnten. Bei anderen Krebsarten sind oft Umweltfaktoren oder der Lebensstil beteiligt.

Gastrointestinale Stromatumoren – dort entstehen sie bevorzugt

GIST können sich an verschiedenen Stellen des Magen-Darm-Trakts entwickeln:

  • Am häufigsten entstehen sie im Magen – mit ungefähr 50 bis 60 Prozent.
  • Bei 20 bis 30 Prozent der Betroffenen entwickeln sie sich im Dünndarm.
  • Seltener bilden sie sich im Dickoder Zwölffingerdarm, sowie in der Speiseröhre.
  • Sehr selten können sie im Bauchraum ausserhalb des Magen-Darm-Trakts entstehen (extragastrointestinale Stromatumoren = EGIST).

Symptome: Gastrointestinale Stromatumoren bleiben oft unbemerkt

GIST verursachen häufig keine oder kaum Beschwerden. Daher bemerken viele die drohende Gefahr nicht, die sich in ihrem Verdauungstrakt anbahnt. Sie suchen erst spät eine Ärztin oder einen Arzt auf. Die Symptome hängen davon ab, wo genau im Magen-Darm-Trakt sich der Tumor gebildet hat und wie gross er ist. Kleinere GIST, die oft als Zufallsbefunde entdeckt werden, haben eine sehr hohe Heilungschance, wenn sie vollständig entfernt werden können. Wenn schon Tochtergeschwulste (Metastasen) in anderen Organen, etwa der Leber oder im Bauchraum vorliegen, sind die Heilungsraten aber deutlich geringer.

GIST im Magen oder Zwölffingerdarm: Symptome

Folgende Anzeichen können auf einen GIST im Magen oder Zwölffingerdarm hindeuten:

  • Schmerzen
  • Völlegefühl
  • Übelkeit
  • Blutungen im Verdauungstrakt
  • Blutarmut (Anämie) aufgrund der Blutungen und des Blutverlustes
  • Blut im Stuhl (Teerstuhl): Das Blut ist dunkel gefärbt, weil es von einer weiter entfernt liegenden Stelle im Verdauungstrakt stammt (frisches Blut ist hellrot).

GIST im Dünndarm: Symptome

Folgende Warnzeichen können bei gastrointestinalen Stromatumoren im Dünndarm vorkommen:

  • Schmerzen
  • Blutungen
  • Verstopfung

Die Beschwerden entwickeln sich meist erst, wenn der Tumor im Dünndarm schon gewachsen ist und die Durchgängigkeit des Darms beeinträchtigt.

GIST im Dickdarm: Symptome

Anzeichen für einen gastrointestinalen Stromatumor im Dickdarm können sein:

  • Aufgelagertes Blut auf dem Stuhl
  • Verstopfung

Suchen Sie uns bei solchen Symptomen immer zeitnah auf. Wir können Ihren Beschwerden auf den Grund gehen und die Ursache herausfinden.

Gastrointestinale Stromatumoren: Diagnose durch uns

Das Problem bei GIST ist, dass sie lange Zeit keine Symptome verursachen und wir sie oft spät diagnostizieren. Dann sind GIST oft schon weiter fortgeschritten. Manchmal finden wir den Tumor auch zufällig, etwa bei einer Operation oder Routineuntersuchung.

Die Diagnose von GIST beginnt mit dem Gespräch zu Ihrer Krankengeschichte, der Anamnese. Wir interessieren uns zum Beispiel für folgende Fragen:

  • Unter welchen Symptomen leiden Sie genau?
  • Wann haben Sie diese erstmals bemerkt?
  • Wie intensiv sind die Beschwerden ausgeprägt? Hat ihre Stärke zugenommen?
  • Bessern oder verschlimmern sie sich in manchen Situationen?
  • Sind Krankheiten bei Ihnen bekannt? Falls ja: Welche?
  • Gibt es Erkrankungen in Ihrer Familie? Wenn ja: Welche?
  • Nehmen Sie regelmässig Medikamente ein und wenn ja: Welche und seit wann?

Ihre Antworten helfen uns schon bei einer ersten Einschätzung, welche Ursachen für Ihre Symptome in Frage kommen könnten. Dann schliesst sich in der Regel eine körperliche Untersuchung an. Wir tasten unter anderem den Bauch und die Lymphknoten ab.

  • Blutuntersuchung: Die Blutwerte zeigen allgemein, wie gut die Organe funktionieren.
  • Ultraschalluntersuchung (Sonografie) des Bauchraums
  • Spiegelung (Endoskopie) von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm (Oesophago-Gastro-Duodenoskopie): Wir schieben einen flexiblen Schlauch (Endoskop) über den Mund in die Speisröhre, den Magen und Zwölffingerdarm vor, der mit einer kleinen Kamera ausgerüstet ist. Sie liefert Bilder aus dem Verdauungstrakt und macht Veränderungen sichtbar.
  • Dickdarmspiegelung (Koloskopie): Das Endoskop mit Kamera führen wir über den Enddarm ein.
  • Endosonografie: Wir fertigen Ultraschallbilder während der endoskopischen Untersuchung an. So können wir nicht nur die Oberfläche des Verdauungstrakts, sondern auch tiefere Schichten der Magen- und Darmwand beurteilen.
  • Gewebeprobe (Biopsie): Wir entnehmen Gewebeproben aus den verdächtigen Bereichen, die anschliessend in der Pathologie im Labor unter dem Mikroskop untersucht werden. Diese feingewebliche Untersuchung bringt ans Licht, ob es sich um gut- oder bösartige Zellen handelt.
  • Molekulargenetischer Test: Er zeigt, ob das KIT-Rezeptor-Protein/KIT-Gen (häufiger) bzw. das PDGFRA-Rezeptor-Protein/PDGFRA-Gen (seltener) verändert ist. Der Befund spielt für die Behandlung eine wichtige Rolle.
  • Computertomografie (CT): Eine Röntgenuntersuchung, bei der die Radiologie detaillierte Schnittbilder erstellt – sie zeigen, wie weit sich der gastrointestinale Stromatumor ausgebreitet hat und ob Metastasen vorliegen.
  • Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspinuntersuchung): Sie funktioniert mit starken Magnetfeldern und liefert ebenfalls hochaufgelöste Schnittbilder. Die Radiologie erhält so ebenfalls Informationen über das Stadium und die Ausbreitung des Tumors. Auch Metastasen lassen sich mittels MRT aufspüren.
  • Positronenemissionstomographie (PET/CT oder PET/MR) mit FDG: Diese Methode macht Bereiche im Körper sichtbar, in denen der Stoffwechsel besonders aktiv ist – wie bei Krebszellen. Zum Einsatz kommen schwach radioaktive Substanzen (bei GIST: FDG), sogenannte Tracer. FDG reichert sich in stoffwechselaktiven Gebieten anreichern. Auf den Bildern können wir Tumoren und Metastasen erkennen.

Manche Patientinnen und Patienten haben schon bei der ersten Diagnose Metastasen. Der Tumor hat in diesem Fall in andere Organe gestreut und dort Krebsabsiedelungen gebildet. Meist sind die Leber, das Bauchfell und der Bauchraum betroffen. Seltener entwickeln sich Metastasen in der Lunge, den Knochen, im Gehirn oder in den Lymphknoten.

Gastrointestinale Stromatumoren: Einteilung in Stadien

Wir stufen GIST in verschiedenen Stadien ein. Je höher das Stadium ist, desto weiter ist der Krebs fortgeschritten und desto ungünstiger ist die Prognose. International anerkannt ist die sogenannte TNM-Klassifikation:

  • T (Tumor): Wie gross ist der Tumor und wie weit hat er sich ausgedehnt? (T1 bis T4)
  • N (engl. Node=Lymphknoten): Befinden sich Krebszellen in den Lymphknoten? (N0 und N1)
  • M (Metastasen): Sind Metastasen in anderen Organen vorhanden? (M0 = keine Metastasen und M1 = es gibt Metastasen)

Ausgehend von der TNM-Klassifikation erfolgt die Einteilung in die Stadien 1 bis 4 (UICC-Stadien). Je höher die Zahl, desto weiter fortgeschritten ist die Krebserkrankung. Davon hängt auch die Behandlung ab.

Gastrointestinale Stromatumoren: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Besondere Massnahmen zur Vorbeugung und Früherkennung von GIST gibt es nicht. Auch sind keine Risikofaktoren für diese Tumoren bekannt, an denen Sie zur Vorbeugung selbst ansetzen könnten. Oft finden wir GIST zufällig im Rahmen einer anderen Untersuchung oder eines chirurgischen Eingriffs.

Allgemein gilt: Suchen Sie immer zeitnah Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf, wenn Sie Beschwerden im Verdauungstrakt verspüren.

Verlauf und Prognose bei gastrointestinalen Stromatumoren

Der Verlauf und die Prognose bei GIST lassen sich nicht allgemein vorhersagen. Sie hängen von verschiedenen Faktoren ab, allen voran vom Ort, dem Stadium, Vorhandensein einer Mutation, der Ausbreitung, Zellteilungsgeschwindigkeit und der Aggressivität des Tumors. Aber auch Ihr Alter und allgemeiner Gesundheitszustand haben einen Einfluss auf den Verlauf und die Prognose der Krebserkrankung. Auch wenn viele Betroffene bei einer Krebsdiagnose nach der verbleibenden Lebenszeit fragen: Wir machen heute in der Regel dazu keine konkreten Aussagen. Die Lebenszeit kann viel länger sein als die Statistik besagt, aber eben auch kürzer.

Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein. Beratung auf der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe erhalten Sie bei Selbsthilfe Zürich. Selbsthilfe Zürich und das Universitätsspital Zürich sind Kooperationspartner im nationalen Projekt «Gesundheitskompetenz dank selbsthilfefreundlicher Spitäler».

Gastrointestinale Stromatumoren: Behandlung mittels Operation und Medikamenten

An der Behandlung gastrointestinaler Stromatumoren sind Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen beteiligt, zum Beispiel der Onkologie, Chirurgie, Pathologie, Anästhesie oder Gastroenterologie. Aber auch die Psychoonkologie spielt zunehmend eine Rolle, weil eine Krebserkrankung nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche betrifft. Alle arbeiten interdisziplinär zusammen und besprechen jeden Fall individuell in einem Tumorboard.

Die Behandlung hängt immer davon ab, wo sich der Tumor befindet, wie stark er sich ausgebreitet hat und wie aggressiv er wächst. Auch vorhandene Genveränderungen – der KIT/PDGFRA-Genotyp – bestimmten die Wahl der Therapie bei GIST mit. Eine Mutationsanalyse ist die Voraussetzung für den Einsatz von Medikamenten. Im Gegensatz zu vielen anderen Krebsarten ist eine Chemotherapie hier nicht erfolgversprechend.

Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.

Wichtig für alle Menschen mit einer Krebserkrankung ist eine regelmässige Nachsorge. Das gilt auch, wenn Sie an einem GIST leiden oder gelitten haben. Wir kontrollieren Ihren Gesundheitszustand, behandeln Beschwerden oder Folgen der Erkrankung und decken einen möglichen Rückfall auf. Zunächst sind die Kontrolltermine sehr engmaschig. Ist der Tumor nicht wieder zurückgekehrt, dehnen sich die Intervalle immer weiter aus.