Endokrine Orbitopathie

Die endokrine Orbitopathie ist eine Augenerkrankung, die in der Regel Menschen mit einem Morbus Basedow betrifft – eine Schilddrüsenerkrankung, die zu den Autoimmunerkrankungen zählt. Bei etwa der Hälfte aller Patientinnen und Patienten betrifft die Erkrankung auch das Auge. Typisch für die endokrine Orbitopathie ist, dass sie das Auge nach vorne wölbt. Dazu können weitere Augenbeschwerden kommen. Der Verlauf ist meist mild, kann aber auch schwerer ausfallen. Davon hängt auch die Behandlung ab.

Überblick: Was ist eine Endokrine Orbitopathie?

Bei Menschen mit einer endokrinen Orbitopathie sind die Augen erkrankt. Betroffen sind in der Regel das Gewebe der Augenhöhlen sowie die Augenmuskeln und die Augenlider. Die endokrine Orbitopathie lässt sich oft schon optisch erkennen: Typisch ist, dass sich die Augen nach vorne wölben, weil sich das Fett-, Muskel- und Bindegewebe in der Augenhöhle vermehrt. Aufgrund der Entzündungen und Schwellungen treten die Augen nach vorne. Die Erkrankung hat noch andere Namen: endokriner Exophthalmus oder endokrine Ophthalmopathie.

Meist steht die Augenkrankheit im Zusammenhang mit dem Morbus Basedow – einer Schilddrüsenerkrankung, die zu den Autoimmunerkrankungen zählt. Betroffene haben in der Regel eine Schilddrüsenüberfunktion. Bei einer Autoimmunerkrankung greift das Immunsystem körpereigenes Gewebe an – in diesem Fall das Gewebe der Augenhöhlen. Meist betrifft die Erkrankung beide Augen, allerdings kann das Ausmass verschieden sein.

Ärzte und Ärztinnen haben verschiedene Möglichkeiten, um die endokrine Orbitopathie zu behandeln – von entzündungshemmenden Medikamenten bis hin zur Operation. Welche Behandlung Ärztinnen und Ärzte wählen, hängt immer vom Schweregrad der Erkrankung ab. Auch Sie selbst können einiges tun, um die Erkrankung zu bessern und das Fortschreiten zu bremsen.

Endokrine Orbitopathie – Häufigkeit und Alter

Die endokrine Orbitopathie kommt meist bei Menschen mit Morbus Basedow vor – bei etwas mehr als der Hälfte der Erkrankten sind die Augen beteiligt. Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung, die ungefähr zwei bis drei Prozent der Bevölkerung in den industrialisierten Ländern betrifft. Für die Schweiz bedeutet dies: Etwa 225‘000 Menschen leiden an Morbus Basedow.

Bei den meisten sind die Augenveränderungen nur mild und fallen optisch kaum auf. Bei einigen Betroffenen kann die endokrine Orbitopathie jedoch erhebliche Ausmasse annehmen und das Gesicht entstellen. Die schwere endokrine Ophthalmopathie betrifft ungefähr fünf bis 25 Prozent aller Patientinnen und Patienten mit Morbus Basedow. Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer – die endokrine Orbitopathie trifft sie rund dreimal so oft.

Meist wölben sich beide Augen nach vorne, allerdings nicht immer gleich stark. Nur ungefähr ein Prozent der Betroffenen entwickelt die Augenveränderung nur auf einer Seite.

Endokrine Orbitopathie: Ursachen liegen meist im Morbus Basedow

Die Endokrine Orbitopathie entwickelt sich meist im Zusammenhang mit einem Morbus Basedow – eine Schilddrüsenkrankheit, die zu den Autoimmunerkrankungen gehört. Dabei greift das fehlgeleitete Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe an – in diesem Fall das Schilddrüsengewebe, aber auch das Gewebe der Augen.

Das Immunsystem bildet Abwehrstoffe (Antikörper) gegen die sogenannten TSH-Rezeptoren. Das sind spezielle Eiweisse, die auf den Schilddrüsenzellen vorkommen. Das Andocken der Antikörper an diesen Rezeptoren setzt in der Schilddrüse eine Entzündungsreaktion in Gang.  Das Problem ist, dass sich diese Andockstellen für die Antikörper auch im Muskel- und Fettgewebe der Augenhöhle befinden. Daher kann es auch dort zu entzündlichen Prozessen kommen, die wiederum mit Schwellungen der Augenhöhle verbunden sind – die Augen wölben sich dadurch optisch nach vorne.

Die endokrine Orbitopathie kann der Schilddrüsenerkrankung vorausgehen, gleichzeitig mit dieser auftreten oder sich mit zeitlicher Verzögerung entwickeln. Sehr selten tritt die Augenerkrankung auf, ohne dass Ärzte und Ärztinnen eine Schilddrüsenerkrankung feststellen können.

Symptome: Endokrine Orbitopathie verursacht Augenbeschwerden

Bei einer endokrinen Orbitopathie verändert sich das Gewebe in der Augenhöhle um den Augapfel herum. Das Fett-, Muskel- und Bindegewebe vermehrt und entzündet sich und schwillt an. Ein typisches Symptom ist, dass sich der Augapfel nach vorne wölbt oder aus der Augenhöhle heraustritt (Exophthalmus). Oft geschieht dies auf beiden Seiten. Das Ausmass kann allerdings verschieden sein.  Jedenfalls ist das Aussehen der Betroffenen verändert, was die Lebensqualität empfindlich stören kann. Auch die Augen lassen sich schlechter schliessen, was ebenfalls sehr hinderlich sein kann.

Alle Symptome bei einer endokrinen Orbitopathie auf einen Blick:

  • tränende Augen
  • trockene, gereizte, brennende Augen
  • gerötete, entzündete Augen
  • geschwollene und hochgezogene Augenlider
  • verminderter Lidschlag
  • Fremdkörpergefühl im Auge – manche beschreiben ein Gefühl, als hätten sie Sand im Auge
  • Schmerzen und Druckgefühl hinter den Augen
  • Schmerzen beim Bewegen der Augen
  • erhöhte Lichtempfindlichkeit
  • hervortretende Augen (Exophthalmus)
  • mangelnder Lidschluss
  • starrer Blick, wenn die Funktion der Augenmuskeln gestört ist
  • Sehstörungen, z. B. Doppelbilder, Verschwommensehen, Störungen des Farbensehens
  • Binde- und Hornhautentzündung, Hornhautgeschwüre
  • Kopfschmerzen
  • selten: vermindertes Sehvermögen, wenn der Sehnerv geschädigt ist

Die meisten Patientinnen und Patienten entwickeln jedoch nur eine milde Form der endokrinen Orbitopathie und die Symptome sind nicht schwer ausgeprägt. Bei fünf bis 25 Prozent aller Patienten und Patientinnen mit Morbus Basedow ist die Augenerkrankung jedoch schwerer.

Endokrine Orbitopathie: Diagnose bei uns

Die Diagnose der endokrinen Orbitopathie beginnt immer mit dem Gespräch zwischen einer Ärztin oder einem Arzt und einem Patienten oder einer Patientin zur Krankengeschichte (Anamnese). Der Arzt oder die Ärztin befragt Sie zu Art, Dauer, Intensität und dem Verlauf der Symptome. Auch bestehende Grunderkrankungen sind wichtig – in diesem Fall ein Morbus Basedow. Denn in der Regel tritt die endokrine Orbitopathie bei Basedow-Patientinnen und Basedow-Patienten auf. Ist diese Autoimmunerkrankung schon diagnostiziert, folgt meist eine Augenuntersuchung. So lässt sich das Ausmass der Augenveränderung feststellen.

Ist kein Morbus Basedow bekannt, untersuchen Ärzte und Ärztinnen zunächst die Augen und die Schilddrüse. Weiteren Aufschluss gibt eine Blutuntersuchung. Ärztinnen und Ärzte bestimmen die Schilddrüsenwerte. Dazu gehören das Thyreoidea-stimulierende Hormon TSH sowie die Schilddrüsenhormone T3 und T4. Aussagekräftig ist auch der Nachweis zweier Schilddrüsen-Antikörper namens TRAK und TPO-AK.

Hilfreich bei der Diagnose können zudem bildgebende Verfahren wie Ultraschall (Sonografie), Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie) sein.

Endokrine Orbitopathie: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Die endokrine Orbitopathie kommt meist im Zusammenhang mit einem Morbus Basedow vor. Und dieser Autoimmunerkrankung können Sie nicht vorbeugen. Auch besondere Früherkennungsmassnahmen gibt es nicht in der Arztpraxis. Daher gilt der allgemeine Ratschlag: Lassen Sie Ihre Augen regelmässig von einem Augenarzt oder einer Augenärztin untersuchen, wenn Sie an Morbus Basedow erkrankt sind. Ein Arztbesuch ist auch immer ratsam, wenn Sie Augenveränderungen bei sich feststellen oder Sehprobleme haben.

Verlauf und Prognose bei Endokriner Orbitopathie

Der Verlauf und die Prognose bei einer endokrinen Orbitopathie lassen sich nicht allgemein vorhersagen. Sie können individuell sehr verschieden sein. Die einen erleben einen sehr milden Verlauf, während bei anderen die Augen schwerer erkranken. Ärztinnen und Ärzte vermuten, dass Rauchen den Krankheitsverlauf ungünstig beeinflusst. Auch eine Radiojodtherapie kann sich negativ auf den Verlauf auswirken. Bei rechtzeitiger Behandlung ist jedoch die Prognose meist günstig.

Ärzte und Ärztinnen haben beim Verlauf der endokrinen Orbitopathie zwei Phasen ausgemacht:

  1. Entzündliche Phase: Sie dauert ungefähr 1.5 bis zwei Jahre. In dieser Zeit können sich die Augenbefunde sehr schnell verändern. Ärztinnen und Ärzte setzen vor allem Medikamente oder lokale Augentherapien ein. In dieser Phase sind regelmässige Kontrollen der Augen besonders wichtig.
  2. Ruhige Phase: Die Augen verändern sich nur noch wenig oder nicht mehr. In diesem Fall kommt eventuell eine Operation in Frage.

Endokrine Orbitopathie: Behandlung hängt von der Schwere ab

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um eine endokrine Orbitopathie zu behandeln. In erster Linie zielt die Therapie darauf ab, die Schilddrüsenwerte bei einem Morbus Basedow zu normalisieren. Zum Einsatz kommen meist Medikamente, welche die Schilddrüsenfunktion hemmen, sogenannte Thyreostatika. Sie bremsen entweder den Aufbau oder die Ausschüttung der Schilddrüsenhormone.

Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.

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