Barotrauma: Gefahr durch den Umgebungsdruck

Das Barotrauma ist eine Verletzung im Körper als Reaktion auf den Umgebungsdruck. Es kann entstehen, wenn Sie beispielsweise beim Tauchen zu schnell absteigen und den Druckausgleich über das Ohr nicht schaffen.

Überblick: Was ist ein Barotrauma?

Das Barotrauma bezeichnet eine Gewebeschädigung, die entsteht, wenn sich durch eine Veränderung des Umgebungsdrucks das in verschiedenen Körperhöhlen enthaltene Gas verdichtet oder ausdehnt. Übersetzt bedeutet Barotrauma „Druckverletzung“ (griech. Baros = Druck, Trauma = Verletzung). Schädliche Druckbelastungen entstehen unter anderem beim Tauchen, während Flugreisen, schnellen Höhenänderungen oder durch Explosionen. Davon betroffen sein können Ohren, Lunge, der Magen-Darm-Trakt, der von einer Tauchmaske bedeckte Teil Ihres Gesichts oder die Nebenhöhlen.

Am häufigsten betroffen durch ein Barotrauma sind die Ohren. Die grössten Gefahren birgt ein Barotrauma für die Lunge.

Barotrauma: Ursachen und Risikofaktoren

Der Körper kann durch das Blut und die Körpergewebe einen erhöhten Aussendruck gleichmässig ableiten. So baut sich in Ihrem Arm beispielsweise kein Druckgefühl auf, wenn der Wasserdruck beim Tauchen steigt. Gase jedoch, wie sie in luftgefüllten Hohlräumen Ihres Körpers vorkommen, etwa im Inneren der Lunge, der Nebenhöhlen, des Mittelohrs,

aber auch im Hohlraum der Tauchermaske und -brille verdichten sich oder dehnen sich aus, wenn der Aussendruck zu- oder abnimmt. Diese Volumenänderung kann Ursache werden für Schmerzen und Gewebeschädigungen.

Die stärksten Barotraumata entstehen zu Beginn eines Tauchgangs, wenn Sie in tiefe Gewässer hinabsinken. Dann steigt der Umgebungsdruck und weicht ab von dem Druck, der in luftgefüllten Hohlräumen Ihres Körpers vorherrscht. Diesen Unterschied muss Ihr Körper ausgleichen. Den Ausgleich schaffen Sie über eine Verbindung nach aussen, beispielsweise über den Nasen-Rachen-Raum, wenn Sie mit zugehaltener Nase gähnen und schlucken. Wird die Nase allerdings durch eine Schleimhautschwellung verschlossen, etwa wegen eines Schnupfens, ist der Ausgleich erschwert oder unmöglich. Steigt dann der Umgebungsdruck in grösserer Wassertiefe an, entsteht ein relativer Unterdruck im Körper. Das kann beispielsweise dazu führen, dass Ihr Trommelfell platzt.

Die häufigsten Ursachen für das Barotrauma sind Flugreisen. Ob es auftritt, hängt von der Flughöhe, der Art des Flugs und dem Passagier oder der Passagierin ab. Eine Studie unter Fluggästen ergab, dass 20 Prozent der Erwachsenen und 40 Prozent der Kinder nach der Landung einen Unterdruck im Mittelohr aufwiesen und dass zehn Prozent der Erwachsenen und 22 Prozent der Kinder sichtbare Anzeichen für eine Schädigung des Trommelfells zeigten.

Das grösste Risiko für ein Barotrauma besteht, wenn Sie trotz eines Schnupfens oder einer Nebenhöhlenentzündung tauchen. Dann sind Ihre Schleimhäute geschwollen und die Eustachische Röhre, die Mittelohr und Rachen verbindet, ist verstopft. Als Folge können Sie in den Ohren, in den Nebenhöhlen und in der Tauchmaske keinen (ausreichenden) Druckausgleich herbeiführen. Aber auch Unfälle, schlechtsitzende Taucherkleidung oder defekte Lungenautomaten, die Verwendung von Ohrstöpseln und fehlerhafte Zahnfüllungen sind Risikofaktoren für Barotraumen.

Ebenso können Menschen, die sich in der Nähe einer Explosion aufhielten oder Lawinenverschüttete ein Barotrauma erleiden.

Symptome: Je nach betroffenem Organ

Das Barotrauma kann verschiedene Bereiche Ihres Körpers betreffen und von Einblutungen ins Auge bis hin zu Rissen in der Lunge mit Todesfolge die unterschiedlichsten Symptome verursachen.

Augen-Barotrauma

Zu einem Barotrauma der Augen kommt es, wenn ein Taucher oder eine Taucherin den Druckausgleich zwischen dem Bereich hinter der Tauchermaske und Umgebung nicht schafft. Normalerweise gelingt der Ausgleich, indem er über die Nase in die Taucherbrille ausatmet. Ist aber die Nase etwa aufgrund einer Erkältung verstopft, kann der Druckausgleich nicht (vollständig) erfolgen und es entsteht ein Unterdruck im Maskenraum. Dieser übt Zug auf die Gesichtshaut und die Augen aus und die Maske saugt sich immer fester am Gesicht an. Dadurch können Blutergüsse Quetschungen und Blutungen im Bereich der Augen entstehen.

Die Symptome eines Barotraumas im Maskenraum sehen zwar gefährlich aus, heilen jedoch in den meisten Fällen folgenlos ab.

Barotrauma der Haut

Sitzt der Taucheranzug schlecht und wirft Falten, wird möglicherweise Haut in deren Hohlräume gedrückt. Als Folge tritt Blut ins Gewebe aus, es entstehen streifenförmige Blutergüsse. Sie heilen mit der Zeit von selbst wieder ab.

Lungen-Barotrauma

Ein defekter Lungenautomat und verschiedene Tauchunfälle können Barotraumen der Lunge verursachen. Ist der Lungenautomat defekt, ist ein korrekter Druckausgleich nicht mehr möglich. Die Lunge kann sich nicht ausreichend mit Luft füllen, das führt zu Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit. Auch durch Unfälle kann der Taucher oder die Taucherin ohnmächtig werden. Ein Taucher oder eine Taucherin ohne Bewusstsein sinkt schnell ab:

  • Es entsteht ein immer stärkerer Unterdruck in der Lunge.
  • Die Lungengefässe reissen.
  • Blut strömt in die Lunge.
  • Das Herz erhält zu wenig sauerstoffreiches Blut.
  • Der Blutdruck sinkt.
  • Mit zunehmender Tiefe brechen die Rippen.
  • Der Brustkorb wird eingedrückt.

Barotraumata der Lunge enden oft tödlich. Aus Sicherheitsgründen sollten Taucher/-innen deshalb immer mindestens zu zweit unterwegs sein. Dann kann der Tauchpartner oder die Tauchpartnerin die bewusstlose Person vor dem Absinken bewahren und langsam an die Oberfläche bringen.

Barotrauma des Magen-Darm-Trakts

Gase im Magen und Dickdarm, reagieren auf äussere Druckveränderungen. Zudem kann es vorkommen, dass Taucher/-innen Luft schlucken, wenn sie nicht korrekt über einen Regulator atmen, oder bei der Anwendung von Ohr- und Sinus-Druckausgleichtechniken. Diese Luft expandiert beim Aufstieg und verursacht Völlegefühl, Krämpfe, Schmerzen, Aufstossen und Blähungen. Magenwandverletzungen kommen selten vor.

Nebenhöhlen-Barotrauma

Mit heftigen, stechenden Schmerzen in der Stirn und am Jochbein macht sich ein Barotrauma der Nebenhöhlen bemerkbar. Normalerweise gelingt der Druckausgleich in den Nasennebenhöhlen automatisch über die Verbindung zum Nasenrachenraum. Sind die Schleimhäute aber geschwollen und dadurch fast undurchlässig, funktioniert der Druckausgleich nicht. Auch gutartige Tumoren, wie Polypen, können ihn verhindern oder erschweren.

Das Barotrauma der Nasennebenhöhlen zwingt den Taucher oder die Taucherin, an die Oberfläche zurückzukehren. War der Druckunterschied nur gering, klingen die Schmerzen meist ohne Komplikationen ab. In einigen Fällen kann es aber in der Folge auch zu einer Entzündung der Nasennebenhöhlen kommen.

Ohr-Barotrauma

Ein Barotrauma des Ohrs kann das Aussen-, das Mittel- und das Innenohr betreffen.

Barotrauma des Aussenohrs

Da Wasser durch den Gehörgang bis zum Trommelfell vordringen kann, herrscht im Aussenohr normalerweise immer der Umgebungsdruck. Verwendet ein Taucher oder eine Taucherin aber unnötigerweise Ohrstöpsel, kann das den Druckausgleich im Aussenohr verhindern. Der mit zunehmender Tauchtiefe steigende Druck presst die Ohrstöpsel gegen das Trommelfell. Dieses kann reissen, was einen stechenden Schmerz im Ohr verursacht. Möglicherweise kommt es auch zu Blutungen aus dem Ohr. Auch eine zu enge Kopfhaube kann einen Druckausgleich im Aussenohr verhindern. Hier hilft ein kurzes Anheben der Haube.

Barotrauma des Mittelohrs

Ein Barotrauma des Mittelohrs zeigt sich durch Schwindel, Schmerzen, Ohrgeräusche und Blutungen aus dem Ohr. Als Folge kann es zu Infektionen und zu einer Mittelohrentzündung kommen.

Wenn der Druck im Mittelohr aufgrund von Luft, die sich dort gesammelt hat, auf dem Niveau des Oberflächendrucks bleibt, muss der Taucher oder die Taucherin in zwei bis drei Metern Tauchtiefe einen Druckausgleich über die Eustachische Röhre vornehmen. Das gelingt, indem er oder sie die Nase mit den Fingern zuhält und leicht Luft dagegen drückt. Dabei kann er oder sie den Druckausgleich spüren und hören. Wenn die Eustachische Röhre angeschwollen oder durch Schleim verstopft ist und der Taucher oder die Taucherin den Ausgleich trotzdem mit grossem Druck ausführt, kann Schleim ins Mittelohr gepresst werden. Als Folge platzen möglicherweise Kapillaren in den Schleimhäuten. Es besteht sogar das Risiko, dass das Trommelfell platzt.

Barotrauma des Innenohrs

Symptome eines Barotraumas des Innenohrs sind:

  • Ohrenschmerzen
  • Hörprobleme
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Drehschwindel
  • Ohrenpfeifen
  • Taubheit
  • Übelkeit und Erbrechen

Bleiben die Beschwerden nach dem Tauchgang bestehen, sollten Sie sofort einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder eine Hals-Nasen-Ohren-Ärztin aufsuchen.

Zwar befindet sich im Innenohr keine Luft, doch kann eine starke Druckwelle verschieden schwere Schäden bis hin zum Auslaufen der Innenohrflüssigkeit hervorrufen. Eine solche Druckwelle kann entstehen, wenn das Trommelfell platzt, beispielsweise, wenn jemand einen Druckausgleich bei verstopfter Eustachischer Röhre erzwingt.

Barotrauma der Zähne

Barotraumen der Zähne entstehen, wenn sich in fehlerhaften Zahnfüllungen Hohlräume bilden. Dadurch kann der Zahn beispielsweise bei zu schnellem Abtauchen oder in grosser Tiefe eingedrückt werden. Zahnschmerzen geben dem Taucher oder der Taucherin einen Hinweis darauf.

Barotrauma: Diagnose durch uns

Wir diagnostizieren das Barotrauma hauptsächlich anhand der Art der Symptome und im zeitlichen Zusammenhang mit einer Flugreise oder einem Tauchengang. Je nach den Körpermerkmalen untersuchen wir beispielsweise den Nasen-Rachen-Raum und das Ohr, nehmen Hörtests und eine Gleichgewichtsprüfung vor oder führen gegebenenfalls bildgebende Untersuchungen durch. Patientinnen und Patienten mit einem Lungen-Barotrauma benötigen beispielsweise in der Regel ein Röntgenbild des Brustraums. Patientinnen und Patienten mit einem Barotrauma des Mittelohrs oder des Auges müssen sich eventuell einem Hör- oder Sehtest unterziehen.

Ausserdem kommen bei der Diagnosestellung bildgebende Verfahren wie Computertomografie und Magnetresonanztomografie zum Einsatz.

Barotrauma: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Einem Barotrauma während eines Tauchgangs können Sie vorbeugen, indem Sie selbst mit einem leichten Schnupfen nicht untertauchen. Testen Sie vor jedem Tauchgang die Durchlässigkeit der Eustachischen Röhre, indem Sie Luft in die zugehaltene Nase pressen. Versuchen Sie auch nicht trotz Erkältung zu tauchen, indem Sie vor dem Tauchgang ein die Nasenschleimhaut abschwellendes Mittel einsetzen. Das kann Ihnen vielleicht beim Abstieg helfen, doch sobald die Wirkung nachlässt, geraten Sie in Gefahr. Tauchen Sie auch nicht, wenn Sie an Ohrenschmerzen leiden, selbst wenn diese nur leicht sind.

Einem Barotrauma während eines Flugs können Sie durch Gähnen, Kauen oder Schlucken vorbeugen. In der Landephase ist es deshalb sinnvoll, Kaugummi zu kauen oder etwas zu trinken. Es ist wichtig, damit schon zu beginnen, bevor Beschwerden auftreten, damit sich ein grosser Druckunterschied erst gar nicht aufbauen kann. Ein kleines Kind sollten Sie am besten stillen oder füttern. Wenn Sie erkältet sind, sollten Sie beim Abheben und Landen abschwellendes Nasenspray nutzen.

Die Früherkennung eines drohenden Barotraumas beim Tauchen ist möglich, indem Sie auf Ihren Körper hören: Gelingt Ihnen kein Druckausgleich unter Wasser, dann sollten Sie den Tauchgang abbrechen. Das gilt auch, wenn Sie Schmerzen im Ohr, im Magen oder Darm spüren.

Die meisten Formen des Barotraumas haben eine gute Prognose. Im Fall des Lungen-Barotraumas hängt sie davon ab, wie schnell der Taucher oder die Taucherin lungenmedizinisch behandelt werden konnte.

Barotrauma: Behandlung des betroffenen Bereichs

Die Therapie des Barotraumas hängt davon ab, welches Organ betroffen ist. Die meisten Probleme verschwinden von selbst. Für ein Barotrauma von Nase oder Ohren erhalten Sie in der Regel Schmerzmittel und abschwellende Medikamente, beispielsweise Nasenspray.

Beim Barotrauma der Lunge handelt es sich um einen medizinischen Notfall, häufig ist eine Intensivbehandlung notwendig. Zunächst muss der Arzt oder die Ärztin die lebenswichtigen Körpervorgänge sicherstellen, bevor er oder sie sich um weitere Druckschäden kümmern kann. Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.

Für Patientinnen und Patienten

Sie können sich als Patientin oder Patient nicht direkt zu einer Konsultation anmelden. Bitte lassen Sie sich durch Ihren Hausarzt, Ihre Hausärztin, Ihren Spezialisten oder Ihre Spezialistin überweisen.

Für Zuweisende

Universitätsspital Zürich
Klinik für ORL
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8091 Zürich

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