Anästhesiegase sind hochpotente Treibhausgase. Das Institut für Anästhesiologie (IFA) des Universitätsspitals Zürich setzt deshalb auf alternative Anästhesieverfahren. Eine am Institut durchgeführte Studie zeigt nun positive Effekte, ökologischer wie auch ökonomischer Natur.
Inhalative Anästhetika werden eingesetzt, um eine reversible Bewusstlosigkeit, Analgesie und Muskelrelaxation während einer Anästhesie zu erzeugen. Einen nicht vernachlässigbaren Nachteil haben sie: Sie schaden der Umwelt. Das Narkosegas Desfluran etwa ist 2540-mal schädlicher als CO2.
Propofol als Alternative
Bei den meisten Operationen lassen sich die klimaaktiven Anästhesiegase durch intravenöse Narkosemittel wie Propofol ersetzen. «Deshalb machten wir am USZ vor zwei Jahren die total intravenöse Anästhesie zur Standardanästhesie», sagt Corinna von Deschwanden, Leitende Ärztin am Institut.
In einer retrospektiven Studie, von Mitarbeitern des IFA durchgeführt, wurde nun der Verbrauch von Anästhetika wie Desfluran, Sevofluran und Propofol sowie der Einsatz von Plastikspritzen und –schläuchen analysiert. Die Studie, die sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckte, untersuchte, ob und in welchem Ausmass der Wechsel auf die total intravenöse Anästhesie sowohl die Umweltbelastung als auch die Kosten senkt.
Drastische Reduktion der Emissionen
Durch die vollständige Einstellung der Verwendung der Anästhesiegase Desfluran und Isofluran sowie die sehr restriktive Verwendung von Sevofluran konnte eine drastische Reduktion der Umweltbelastung erzielt werden. Obschon der Propofol- und Plastikspritzenverbrauch gleichzeitig erwartungsgemäss stark anstieg, ergibt sich aus den am IFA umgesetzten Massnahmen eine Verringerung der Umweltemissionen von 81 Prozent.
Die Umstellung führte ausserdem zu einer Kostenreduktion: Im Vergleich zum zweiten Quartal 2021 sanken die Kosten im ersten Quartal 2023 um 11 Prozent. Umweltfreundliche Anästhesiepraktiken sind also nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft und tragen zur Gesamteffizienz des Gesundheitswesens bei.
Sicherheit der Patienten im Vordergrund
Eine komplett klimaneutrale Anästhesie ist schwierig zu erreichen, alleine durch die grossen Mengen an sterilem Einmalmaterial. Stets wird nach nach weiteren Optimierungsmöglichkeiten gesucht. «Bei der Diskussion um Nachhaltigkeit in der Anästhesie darf nicht vergessen werden, dass die optimale Versorgung, adaptiert an die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, ihre Gesundheit und Sicherheit während der anästhesiologischen Betreuung für uns weiterhin im Zentrum steht.», sagt Corinna von Deschwanden. Das Universitätsspital Zürich plant, diese nachhaltigen Praktiken weiter auszubauen.
Publikation
Gasciauskaite G, Lunkiewicz J, Tucci M, Von Deschwanden C, Nöthiger CB, Spahn DR, Tscholl DW: Environmental and economic impact of sustainable anaesthesia interventions: a single-centre retrospective observational study.