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In 4 Tagen zur individuellen Therapie

Am USZ werden Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Kopf-Hals-Tumore in nur vier Tagen interdisziplinär abgeklärt – inklusive Termin bei Ernährungsberatung, Logopädie und Zahnarzt. Das neuartige Verfahren sei nicht nur schnell, sondern auch ganzheitlich, sagt USZ-Expertin Martina Broglie Däppen.

Von einer Abklärung zur nächsten: Für viele Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf einen Kopf-Hals-Tumor ist es ein Spiessrutenlauf, bis Diagnose und Therapie feststehen. Oft vergehen viele Wochen voller Stress und Belastung.

Aus diesem Grund verfolgt das Universitätsspital Zürich einen anderen Ansatz: Patientinnen und Patienten werden mit einem neuen Diagnoseverfahren abgeklärt, das die nötigen Termine an drei aufeinanderfolgenden Tagen bündelt. „Nach dem dritten Tag liegt eine individuelle Therapieempfehlung vor“, sagt Martina Broglie Däppen, Leitende Ärztin an der Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie (ORL) sowie Initiantin des neuen Verfahrens. Dass Diagnose und Therapie so nahe beieinanderliegen, verbessert ausserdem nachweislich die Heilungschancen.

Die Diagnose ist schnell, aber auch ganzheitlich. „Neu sind Fachleute verschiedener Disziplinen von allem Anfang an dabei“, so Broglie Däppen. Der Ablauf ist wie folgt: Am ersten Tag kommen die Patientinnen und Patienten zur interdisziplinären Sprechstunde. Zudem findet das Anästhesie-Gespräch sowie die Bildgebung statt. Tag zwei ist für die stationäre Panendoskopie reserviert. Am dritten Tag treffen sich die Fachleute zum interdisziplinären Tumorboard und geben eine individuelle Therapieempfehlung ab. Zum interdisziplinären Verfahren gehören standardmässig auch Abklärungen bei der Ernährungsberatung, der Logopädie sowie im Fall einer geplanten Radiotherapie beim Zahnarzt. Auch soziale und psychische Aspekte werden bei Bedarf besprochen. All das findet unmittelbar nach den anderen Abklärungen an Tag vier statt.

Bessere Qualität und weniger Leerläufe

Das Kopf-Hals-Tumorzentrum des USZ wendet das neue Verfahren seit rund einem Jahr an. Die Erfahrungen seien sehr positiv, so Broglie Däppen. Nicht nur, dass die Patientinnen und Patienten schneller Gewissheit hätten. Die USZ-Expertin ist auch überzeugt, dass die Qualität der Empfehlungen besser geworden ist. „Früher wurden Entscheide von jener Fachperson geprägt, die sich von Anfang an mit dem Fall beschäftigt hat“, erklärt sie. Dabei seien wohl häufig Aspekte übersehen und damit nicht weiterverfolgt worden. „Heute werden Entscheide wirklich gemeinsam gefällt und alle Aspekte von Anfang an miteinbezogen.“ Kommt dazu, dass das neue Verfahren unnötige Untersuchungen und Leerläufe verhindert – etwa, wenn eine OP bereits aufgegleist ist, nach dem Anästhesie-Gespräch jedoch wieder abgesagt werden muss. Aufgrund all dieser Vorteile wurde das neue Abklärungsverfahren vom USZ kürzlich mit einem Q-Award für Innovative Projekte ausgezeichnet.

Um Patientinnen und Patienten für das interdisziplinäre Abklärungsverfahren zu überweisen, genügt die Kontaktaufnahme mit einem Spezialisten aus einer der beteiligten Kliniken. „Damit alle vom neuen Verfahren profitieren ist es wichtig, dass die Zuweisung bereits bei Verdacht und ohne vertiefte Abklärungen erfolgt“, betont Broglie Däppen.