In meiner Kindheit war meine Gesundheit gut. Ich war immer eine von den Kleineren und deshalb machte sich zuerst niemand grosse Sorgen, dass ich etwas langsamer war als die anderen und auch meine Koordination weniger gut. Als ich immer mehr in Rückstand geriet, wurde ich aber dann doch im Kinderspital in Zürich untersucht und es wurde festgestellt, dass ich eine Lernschwäche habe. Auch das kann typisch für die Krankheit sein. Es wird angenommen, dass diese Einschränkung auch bei mir davon herkommt. Damals konnte man dies aber noch nicht richtig einordnen.
Zahllose Untersuchungen ohne Ergebnis
Meine gesundheitlichen Probleme fingen erst in der Pubertät an. Ich war dauernd müde und entwickelte mich nicht altersgemäss. Wieder wurde ich im Kinderspital Zürich untersucht, dieses Mal sehr gründlich, auch genetische Abklärungen wurden gemacht. Es wurde Diabetes festgestellt und zum ersten Mal kam damals der Verdacht auf, ich könnte an einer Lipodystrophie leiden. Die ganzen Untersuchungen waren für mich extrem belastend. Ich habe eigentlich riesige Angst vor Spritzen und mir wurde damals unzählige Male Blut abgenommen, auch für die Forschung. Zu einer abschliessenden Diagnose kam es damals aber nicht. Ich wollte irgendwann keine weiteren Abklärungen mehr, ich dachte, ich lasse es jetzt so. Ich konnte eine Anlehre als Gärtnerin abschliessen, arbeitete und lebte mit meinen Einschränkungen.
Endlich die Diagnose
Doch nach einigen Jahren bekam ich mehr gesundheitliche Probleme. Deshalb willigte ich ein, doch noch weitere Abklärungen zu machen. Aufgrund der früheren Verdachtsdiagnose auf Lipodystrophie, wurden meine Blutproben über das Institut für Medizinische Genetik der Universität Zürich in verschiedene Labore geschickt, bis nach Kanada. Ich meine, ein Labor in Frankreich konnte dann endlich den genauen Typ meiner Lipodystrophie-Erkrankung bestimmen, es ist das Berardinelli-Seip-Syndrom. Da war ich 28 Jahre alt.
Leben mit einer unheilbaren Krankheit
Es war gut zu erfahren, was ich habe, aber es ist auch schwierig, mit dieser Krankheit umzugehen. Für mich und für meine Familie. Meine Eltern und Geschwister wollten mir helfen, wussten aber gar nicht wie. Weil es kaum andere Patienten als Vergleich gibt, kann man den Krankheitsverlauf nur sehr schlecht vorhersehen. Ich weiss nur, dass sie nicht heilbar ist, man kann lediglich die dadurch verursachten Erkrankungen so gut es geht behandeln. Das ist belastend.
Meine Gesundheit verschlechterte sich trotz Therapien weiter und die Werte wurden beunruhigend schlecht. Mein Hausarzt und andere Ärzte wussten jedoch nicht, worauf sie bei mir achten müssen, was noch normal ist. Deshalb kontaktierte ich mit Hilfe meiner Familie die Helpline Seltene Krankheiten des Zentrums für seltene Krankheiten. Die Helpline vermittelte mir den Kontakt zu einer erfahrenen Fachärztin aus dem USZ, Laura Horka. Sie beschafft sich weltweit alle Informationen, die sie bekommen kann, um mich so gut wie möglich behandeln zu können.
Sie hat dank ihrer grossen Bemühungen auch erreicht, dass ich seit Sommer 2022 ein Medikament bekomme, welches in der Schweiz eigentlich nicht zugelassen ist, aber ganz spezifisch für meine Krankheit entwickelt wurde. Das Medikament ersetzt das Hormon, welches mir fehlt. Täglich kommt die Spitex vorbei und gibt mir eine Spritze. Es geht mir damit viel besser – dafür nehme ich sogar jeden Tag die Spritze in Kauf. Ich muss auch nur noch alle drei Monate zu einer Kontrolle. Davor musste ich viel öfter zum Arzt und habe sehr viel Zeit in Wartezimmern verbracht. Neben der gesundheitlichen Verbesserung ist auch das eine riesige Erleichterung für mich.
Neben einer Diabetes-Diät ist viel Bewegung wichtig. Ich bin aber sowieso gerne unterwegs, am liebsten mit Freunden oder der Familie. Wir spazieren am See, im Winter gehen wir Skifahren, und einmal pro Woche besuche in eine Tanzgruppe. Viel Freude machen mir auch meine Haustiere, zwei Ratten. Die beiden sind auch gerne unterwegs, wenn es möglich ist, nehme ich sie deshalb einfach mit.
Die Entwicklung ist nicht vorhersehbar
Die Krankheit macht mir trotz allem zunehmend Mühe, sie ist ja nicht heilbar oder durch das Medikament verschwunden. Ich werde beispielsweise viel schneller müde als früher, habe weniger Energie und vertrage Stress nicht mehr so gut. Ich musste meine Arbeit in der Gärtnerei aufgeben, weil sie zu anstrengend für mich wurde. Ich habe eine körperlich weniger belastende Stelle in einer Weberei gefunden, die mir gut gefällt. Vor anderthalb Jahren bin ich auch wieder in die Nähe meiner Familie gezogen, die mich sehr unterstützt. Wenn ich einmal Hilfe brauche, ist immer jemand da.
Wie sich meine Gesundheit weiterentwickelt, kann man nicht genau vorhersagen. Das Medikament hilft mir sehr, ist aber auch sehr teuer. Die Krankenversicherung muss jedes halbe Jahr entscheiden, ob sie es wieder für einige Monate bezahlt. Schwierig ist, dass es auch hier wenige Vergleiche und keine klaren Kriterien dafür gibt, was genau «besser» ist. Meine Ärztin am USZ hat es bisher geschafft, die Krankenversicherung davon zu überzeugen, wie hilfreich das Medikament für mich ist. Ich bin darüber sehr froh und hoffe, sie schafft das immer wieder.