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Hirnmetastasen besser behandeln

Bei Hirnmetastasen ist die Bestrahlung häufig eine wichtige Behandlungsmöglichkeit. Für den besten Zeitpunkt gibt es aber keine einheitlichen Vorgaben. Eine Studie am USZ will nun klären, wann die Wirkung am grössten und die Risiken klein sind und die Behandlung die Lebensqualität der Patienten und Patientinnen am wenigsten beeinträchtigt.

Viele Krebspatientinnen und -patienten haben dank medizinischer Fortschritte und verbesserter Therapien heute eine deutlich höhere Lebenserwartung als noch vor wenigen Jahren. Mit zunehmender Überlebenszeit steigt jedoch auch die Wahrscheinlichkeit, dass Metastasen, Ableger des ursprünglichen Krebses, in anderen Organen oder Körperregionen entstehen. Bei Patienten und Patientinnen mit Melanom (Hautkrebs), Lungenkrebs, Brustkrebs und Nierenkrebs bilden sich Metastasen häufig im Gehirn; etwa 30 Prozent aller Patienten und Patientinnen, deren Krebs zu Metastasen führt, sind von Hirnmetastasen betroffen. Hirnmetastasen können zu ganz verschiedenen Symptomen und massiven Beschwerden und Beeinträchtigungen führen, von Kopfschmerzen und Lähmungen bis zu Persönlichkeitsveränderungen und epileptischen Anfällen. Ohne Behandlung haben die Patientinnen und Patienten eine schlechte Prognose: ihre durchschnittliche Überlebenszeit beträgt nur wenige Wochen.

Einzige wichtige Therapie ist häufig die Bestrahlung

Die Behandlung von Hirnmetastasen ist schwierig, weil die üblichen Therapien nur begrenzt wirksam sind. Die Hirnmetastasen operativ zu entfernen ist nur bei wenigen Patienten und Patientinnen möglich. Klassische Chemotherapien sind oft wenig wirksam, auch weil viele der Wirkstoffe die Blut-Hirn-Schranke nicht durchdringen und nicht ins Gehirn gelangen. Die neuen Immuntherapien bringen oft gute erste Resultate, doch die Tumorzellen können nach kurzer Zeit unempfindlich werden. In vielen Fällen bleibt als einzige Therapie deshalb nur die Bestrahlung. In wenigen Sitzungen können hohe Strahlendosen lokal begrenzt eingesetzt werden. Anders als die früher eingesetzte Ganzhirnbestrahlung verursacht diese hochpräzise Bestrahlung deutlich weniger Langzeitschäden.

Der beste Zeitpunkt ist nicht bekannt

Wird die Bestrahlung sofort nach der Diagnose gemacht, erhöht dies langfristig das Risiko für Nebenwirkungen im Gehirn, etwa den Verlust kognitiver Fähigkeiten oder neurologische Defizite, die sich negativ auf die Lebensqualität auswirken. Deshalb wird mit der Bestrahlung oft erst begonnen, wenn andere Therapieoptionen nicht zur Verfügung stehen. Eine frühzeitige Bestrahlung könnte die Hirnmetastasen aber vielleicht auch besser unter Kontrolle bringen. Umso wichtiger ist es, die Therapie genau dann einzusetzen, wenn für den Patienten oder die Patientin die Wirkung der Behandlung am grössten und das Risiko für Beeinträchtigungen am kleinsten ist. Der beste Zeitpunkt für die Bestrahlung ist jedoch auch unter Fachleuten nicht klar; aussagekräftige Daten dazu fehlen, auch gibt es keine einheitlichen Richtlinien für die Hochpräzisionsbestrahlung.

Studie «STRIKE» soll die Behandlung verbessern

Die demnächst startende klinische Studie STRIKE des Comprehensive Cancer Center Zurich (CCCZ) am USZ geht nun verschiedenen Fragen rund um die Bestrahlung von Hirnmetastasen nach und will die fehlenden Daten und Informationen zum besten Zeitpunkt für den Bestrahlungsstart beschaffen. Dafür forschen die Spezialistinnen und Spezialisten aus der Neurologie, der Neurochirurgie, der Radio-Onkologie, der Medizinischen Onkologie und Hämatologie und der Dermatologischen Klinik zusammen. Geplant ist, dass auch weitere Universitätsspitäler aus der Schweiz und dem Ausland in die Studie eingebunden werden.

In einer Haupt- und mehreren integrierten Begleitstudien wird untersucht, ob die frühzeitige Bestrahlung zusammen mit Medikamenten zu einer besseren Kontrolle der Hirnmetastasen führt. Die Studie soll auch Erkenntnisse liefern, ob hirnschädigende Nebenwirkungen vom Bestrahlungszeitpunkt abhängen und ob für die grösste Wirksamkeit der Behandlung auch die Tumorart berücksichtigt werden muss. Nicht zuletzt können die Resultate dazu beitragen, einheitliche Richtlinien für Hochpräzisionsbestrahlungen festzulegen.

Begleitstudie zur Lebensqualität

Eine der Begleitstudien widmet sich zudem der Lebensqualität der Patientinnen und Patienten. Untersuchungen und Befragungen sollen Aufschluss darüber geben, in welchem Ausmass durch die frühe Bestrahlung kognitive Beeinträchtigungen tatsächlich eintreten und wie sich dieses Risiko zur möglichen Kontrolle der Metastasen und dem Erhalt kognitiver Fähigkeiten verhält und sich auf die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten auswirkt.

«Für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wären gesicherte Erkenntnisse zu diesen Fragen eine grosse Hilfe», fasst Michael Weller, Direktor der Klinik für Neurologie und Studienleiter das Ziel von STRIKE zusammen. «Denn damit können wir unseren Patientinnen und Patienten die für sie beste Behandlung auf dem neuesten Stand der Forschung anbieten. Und beste Behandlung heisst beste Wirksamkeit der Therapie bei grösstmöglicher Lebensqualität, individuell für jede Patientin und jeden Patienten.»

Finanziert wird die Studie von verschiedenen Gönnerinnen und Gönnern über die USZ Foundation.