Story

«Habe mich neu organisiert»

Vor sieben Jahren wurde bei Bruno Giardina (38) Colitis ulcerosa diagnostiziert. Die chronisch entzündliche Dickdarmerkrankung verläuft in Schüben und ist bis heute unheilbar.

Bruno Giardina, wie kam es zur Diagnose Colitis ulcerosa?
Meinen ersten Krankheitsschub erlebte ich mit 31 Jahren an einem Wellness-Weekend. Bald war klar, dass dies keine Magen-Darm-Grippe war. Bei der Diagnose war ich wie gelähmt. Relativ rasch konnte ich aber offen darüber sprechen. Dabei halfen auch meine Familie und meine Partnerin.

Was bedeutet es, dass die Krankheit bislang unheilbar ist?
Ich vertraue in die Forschung und nehme derzeit am USZ an einer Studie teil. Diese Medikamente nehme ich immer freitags ein, damit ich mich am Wochenende erholen kann. Grundsätzlich kommt der Weg zu passenden Medikamenten einer Odyssee gleich und ist sehr ermüdend.

Wie äussert sich die Krankheit?
Die Bauchkrämpfe sind kolikartig und sehr schmerzhaft. An Schlaf ist nicht zu denken. Während eines Schubs bin ich darum nicht mehr voll leistungsfähig. Die Erschöpfung nach einem Schub ist gross. Auch Privates muss ich immer wieder kurzfristig absagen.

Sollte der Arbeitgeber von der Erkrankung erfahren?
Ein kontrovers diskutiertes Thema in unserer Patientenvereinigung Crohn Colitis Schweiz. Es gibt keine gesetzliche Informationspflicht. Ich entschied mich aber für Transparenz, denn so konnten sich meine Vorgesetzten über die Krankheit informieren und sie besser verstehen.

Wie gehen Sie im Alltag mit Ihrer Krankheit um?
Wir Betroffene möchten möglichst normal leben. Dafür habe ich mich neu organisiert. Ich trage zum Beispiel immer eine Tasche mit Ersatzwäsche bei mir. Denn es gab schon Momente, in denen die Toilette zu weit weg war. Egal ob Shoppingcenter oder Businesstermin, zuerst rekognosziere ich den Weg zu den Toiletten. An Konzerten stehe ich am Rand, um bei Bedarf unbehelligt rauszugehen. Längere Fahrten per Auto/Zug oder Flüge plane ich im Voraus, denn sie können rein psychisch eine Herausforderung sein. Wichtig ist der Zugang zu öffentlichen WC-Anlagen. Einen «Eurokey» zum Öffnen von Behindertentoiletten im öffentlichen Raum erhält man bei Pro Infirmis oder bei unserem Verein (www.crohn-colitis.ch).

Was beschäftigt Sie als Präsident der Patientenvereinigung Crohn Colitis?
Es ist wichtig, chronische Darmkrankheiten zu enttabuisieren. Noch heute spricht der Mensch nicht gerne über Beschwerden, die mit dem Stuhlgang zu tun haben. Wir fördern deshalb den Austausch zwischen den 3000 Mitgliedern mit diversen Untergruppen, zum Beispiel einer für junge Betroffene. Und wir möchten die Öffentlichkeit auf unsere Bedürfnisse insbesondere in Bezug auf sanitäre Anlagen sensibilisieren.