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Frühzeitig erkannt, ist Lungenkrebs heilbar

Rauchen gilt als grösster Risikofaktor für Lungenkrebs. Um die Methoden zur Früherkennung von Lungentumoren zu verfeinern, suchen USZ-Forschungsteams geeignete Studienteilnehmende. Isabelle Schmitt-Opitz, Direktorin der Klinik für Thoraxchirurgie, und Thomas Frauenfelder, Direktor des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie, erklären die Details.

Warum sterben in der Schweiz immer noch jährlich 3000 Menschen an Lungenkrebs, das sind über 8 Menschen pro Tag?

Isabelle Schmitt-Opitz: Lungenkrebs wird meistens recht spät entdeckt. Ein Lungentumor verursacht keine Symptome und kann darum über längere Zeit unbehelligt wachsen. Oft handelt es sich um einen Zufallsbefund, wenn Patientinnen und Patienten wegen anderer Beschwerden zum Arzt gehen.

Thomas Frauenfelder: Von den jährlich 4’200 diagnostizierten Fällen in der Schweiz werden 85 Prozent innerhalb der nächsten fünf Jahre sterben. Dies ist eine traurige Realität.

Was braucht es, um mehr Leben retten zu können?

Schmitt-Opitz: Wird ein Lungentumor frühzeitig entdeckt, ist eine Operation möglich und die erkrankte Person kehrt krebsfrei nach Hause. So kann auf weitere komplexe Behandlungsmethoden verzichtet werden.

Frauenfelder: Zur besseren Früherkennung gehören auch aussagekräftige Bilder. Die Technologie in der Niedrigdosis-Computertomographie (CT) hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt. Das CT bietet heute dank einer höheren Zahl an Schichtbildern deutlich mehr Informationen, was in der Diagnose neue Möglichkeiten eröffnet. Zudem hat die Strahlendosis massiv abgenommen.

Wie genau wird Lungenkrebs behandelt?

Schmitt-Opitz: Bei Verdacht auf Lungenkrebs besprechen wir den Fall im wöchentlichen «Tumor-Board» des Lungen- und Thoraxonkologiezentrums, an dem alle Spezialisten anwesend sind. Ziel ist es, sich auf eine Behandlungsmethode zu einigen, die für die Patienten die beste Prognose ergibt. Ist ein Lungentumor entfernbar, operieren wir. Hat der Tumor bereits Metastasen gestreut, werden Kombinations-Therapien wie zum Beispiel eine Chemo- oder Immuntherapie oder eine Strahlentherapie eingesetzt, aber auch eine Operation wird teilweise in diesem Stadium durchgeführt.

Wie muss ein Lungenkarzinom beschaffen sein, damit es chirurgisch entfernt werden kann?

Schmitt-Opitz: Massgebend sind die Lage und Grösse des Tumors, aber auch wie gut die Lunge im betroffenen und dem verbleibenden Abschnitt funktioniert. Zudem spielt der Allgemeinzustand des Patienten eine Rolle.  Alle diese Faktoren fliessen in die Entscheidungsfindung für die bestmögliche Behandlung ein. Und zwar sowohl in Bezug auf die Kombination von Therapien als auch in Bezug auf die Art einer allfälligen Operation: Kann diese minimalinvasiv erfolgen, mit oder ohne Roboter? Oder muss offen operiert werden? Hier spielt die Erfahrung des behandelnden Chirurgen ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Isabelle Schmitt-Opitz über die Roboter-Operation

Wie sieht die Entdeckungsrate aus?

Schmitt-Opitz: Bei vier von 100 Lungenscreening-Teilnehmenden wurde ein Lungentumor rechtzeitig entdeckt, so dass er operativ entfernt werden konnte. Im internationalen Vergleich ist das eine hohe Entdeckungsrate

Frauenfelder: Zudem haben wir eine vergleichsweise tiefe «Recall»-Rate. Der «Recall» für weitergehende Untersuchungen geht an Personen, deren Diagnose nicht eindeutig ist. Die hochwertige Bildgebung erlaubt uns heute aber ziemlich klare Aussagen über die Qualität einer Gewebewucherung.

Wie kam es 2017 zum Start des Lungenscreenings?

Frauenfelder: Internationale Studien zeigten, dass mittels Früherkennung durch Lungenscreening die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 20 Prozent gesenkt werden kann. In der Schweiz bedeutet dies, pro Jahr über 650 Menschenleben zu retten. Wir starteten 2017 unsere Studien mit 75 Teilnehmenden. 2018 konnten wir die Finanzierung durch den Innovationspool des USZ sichern. Wir konnten zwar unseren Pool an Studienteilnehmenden laufend ausweiten, möchten jedoch noch mehr Probanden gewinnen.

Wie läuft ein Lungenscreening ab?

Schmitt-Opitz: Zuerst klären wir mit den Interessierten ab, ob sie die Voraussetzungen erfüllen. Das CT selber dauert gerade mal zehn Minuten. Teilnehmende ohne Befund werden telefonisch darüber informiert. Wurde ein Befund entdeckt, wird das weitere Vorgehen in einem persönlichen Gespräch im Rahmen einer Sprechstunde besprochen.

Studienteilnehmende gesucht für Lungenscreening

Sind Sie zwischen 55 und 74 Jahren und rauchen seit 30 Jahren täglich mindestens eine Packung Zigaretten? Ebenfalls gesucht werden Ex-Raucherinnen und -Raucher, die bis vor 15 Jahren mindestens eine Packung pro Tag geraucht haben.

Wir freuen uns auf Ihre direkte Kontaktnahme per E-Mail oder telefonisch. Auch eine Zuweisung durch Ihren Hausarzt ist möglich. Die Niedrigdosis-Computertomographie (CT) findet am Universitätsspital Zürich statt (Rämistrasse 100) und dauert rund 10 Minuten. Das Lungenscreening ist kostenfrei.

Tel. +41 43 254 41 10

Wer kommt als Teilnehmende/r in Frage?

Frauenfelder: Wir suchen Menschen zwischen 55 und 74 Jahren, die während 30 Jahren täglich mindestens eine Packung Zigaretten geraucht haben. Ex-Raucherinnen und -Raucher dürfen nicht länger als 15 Jahre rauchfrei sein. Die Teilnehmenden profitieren von einer allfälligen Früherkennung und stellen im Gegenzug die anonymen Daten der Forschung zur Verfügung. Damit können wir den Untersuchungsprozess für die Diagnose und Behandlungsplanung verfeinern und leisten zusammen mit den Studienteilnehmenden einen wichtigen Beitrag an die Umsetzung eines von den Gesundheitsdirektionen anerkannten nationalen Lungenscreening-Programms.

Noch existiert aber kein nationales Programm. Wo steht die Schweiz da?

Frauenfelder: Die Gesundheitsvorsorge ist in der Schweiz kantonal geregelt. Um einen Flickenteppich zu vermeiden, macht ein nationales Lungenscreening-Programm Sinn. Mitte November 2022 hat das unabhängige nationale Expertengremium Krebsfrüherkennung eine Empfehlung für ein nationales Lungenscreening-Programm bei Risikogruppen abgegeben. Das bringt nun zusätzlichen Schwung in das Thema. Die Vorarbeiten sind gemacht. Ein nationales Lungenscreening-Programm wird Leben retten.

Was bringen die laufenden Studienprojekte in der Praxis?

Frauenfelder: Wir wollen mit einem breiten Daten-Pool die Aussagekraft der Bildgebung noch mehr verfeinern. Dahingehend werden wir künftig auch vermehrt Künstliche Intelligenz (KI) nutzen.

Schmitt-Opitz: In der Risikogruppe der Rauchenden spielen neben Lungenkrebs auch koronare Herzerkrankungen und das Lungenemphysem (zerstörte Lungenbläschen) eine wichtige Rolle.

Die Fachpersonen

Thomas Frauenfelder, Prof. Dr. med.

Institutsdirektor, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie

Tel. +41 44 255 93 83
Spezialgebiete: Thoraxradiologie, Bildgebung der weiblichen Brust

Isabelle Schmitt-Opitz, Prof. Dr. med.

Klinikdirektorin, Klinik für Thoraxchirurgie

Tel. +41 44 255 88 04
Spezialgebiete: Roboterchirurgie, Erweiterte onkologische Resektionen, Pulmonale Endarteriektomie