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Fenster in die Vergangenheit

Auf dem Gebiet der heutigen Baustelle zum Campus MITTE1|2 befand sich zwischen 1838 und 1883 der Spitalfriedhof des damaligen Kantonsspitals. Noch bis zum 15. Dezember gräbt die Kantonsarchäologie einen Teil des Friedhofs aus.

„Wir gehen davon aus, dass Menschen aus sämtlichen Schichten der Bevölkerung hier begraben wurden“, erklärt Grabungsleiterin Timea Remsey von der Kantonsarchäologie. Die Archäologin vermutet über 1800 Bestattete auf dem Areal. Die Menschen sind in kleinen Abständen zueinander bestattet worden. Gefundene kleine Glasscheiben zeugen von den Sichtfenstern, welche die Särge damals hatten. Während sich deren Holz weitgehend zersetzte, blieben neben den Knochen auch Fingerringe, metallene Gurtschnallen oder Knöpfe erhalten. Ein Teil der Knochen weist Sezier-, Säge- und Krankheitsspuren auf.

Auch Tierknochen bestattet

Man wusste schon vor den Bauarbeiten, dass auf dem Baufeld einst ein Friedhof lag. Die Reichhaltigkeit der Fundstelle wurde aber so nicht erwartet. Zutage kommen bei den Grabungen auch sogenannte „anatomische Bestattungen“. Das sind Särge, in denen sezierte Körperteile mehrerer Menschen zusammen bestattet wurden. In den anatomischen Bestattungen finden sich vereinzelt auch Knochen von Tieren. Teilweise weisen sie Säge- oder Sezierspuren auf. Medizinstudierende dürften an Tierkörpern geübt und gelernt haben. Bei den Grabungen kommen auch Gebissprothesen sowie Glasgefässe zum Vorschein, die in der Anatomie verwendet wurden.

Archäologische Funde und historische Quellen kombinieren

„Indem wir die archäologischen Zeugnisse mit schriftlichen Quellen wie zum Beispiel Totenregister oder Patientenakten in Verbindung bringen, erhoffen wir uns unter anderem neue medizinhistorische Erkenntnisse“, erklärt Kantonsarchäologe Beat Eberschweiler. „So können wir mehr über die damalige medizinische Behandlung einzelner Individuen herausfinden, aber auch neues Wissen erschliessen zum generellen Umgang der damaligen Gesellschaft mit kranken Menschen.“ Die Archäologen dokumentieren die Funde im Feld mit Fotografien und Berichten noch bis Mitte Dezember 2023. Diejenigen Gebeine, die nicht von der Kantonsarchäologie mitgenommen werden, werden anschliessend auf dem Friedhof Sihlfeld beigesetzt. Im März 2024 wird dort eine Gedenkfeier für die Verstorbenen stattfinden. Die menschlichen Überreste, die die Kantonsarchäologie mitnimmt, werden eingelagert und der Forschung zur Verfügung gestellt. Beat Eberschweiler: „Indem wir pietätvoll mit den menschlichen Überresten umgehen, sorgen wir dafür, dass die Würde der Toten gewahrt wird.“

Besichtigung des Grabungsfelds

Am 11. November ermöglicht die Kantonsarchäologie Besichtigungen des Grabungsfelds. Die Teilnehmerzahl ist beschränkt.

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