Frühdiagnostik
Bei der Ultraschalluntersuchung können mit immer besseren Geräten bereits bei der zweiten Untersuchung zwischen der 18. und 22. Schwangerschaftswoche Spaltbildungen im Bereich der äusseren Kontur, wie zum Beispiel der sogenannte offene Rücken («Spina bifida»), aber auch Spaltbildungen im Lippen-, Kiefer- und Gaumenbereich gegebenenfalls vorgeburtlich erkannt werden.
Die bei einer solchen Diagnose entstehenden Ängste und Fragen lassen sich nach unserer Erfahrung nur durch eine kompetente Beratung unter Hinzuziehung aller Spezialisten und Spezialistinnen abbauen. Dazu gehört eine in der vorgeburtlichen Diagnostik erfahrene Geburtshilfe Person, der zunächst das Ausmass der Spaltbildung beurteilt. Dann erfolgt der Ausschluss weiterer Fehlbildungen, die in den allermeisten Fällen nicht vorliegen werden. Sollte dies doch einmal der Fall sein, so wird den Eltern eine genetische Abklärung nach vorhergehender Aufklärung angeboten. Handelt es sich um eine isolierte Lippen-, Lippen-Kiefer- oder Lippen- Kiefer-Gaumenspalte, so wird den betroffenen Eltern eine umfangreiche Beratung angeboten: Der Geburtshelfer oder die Geburtshelferin wird Zeitpunkt, Art und Ort der Entbindung besprechen. Die Mutter wird zum Stillen ermuntert, und andere Spezialistinnen und Spezialisten werden zu einem gemeinsamen Gespräch mit den zukünftigen Eltern eingeladen. Hier wird über das zu erwartende Ausmass der Spaltbildung gesprochen.
Der oder die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg/-in wird dann über die vielfältigen und Erfolg versprechenden Möglichkeiten der chirurgischen Behandlung informieren. Die Einbeziehung eines Humangenetikers oder einer Humangenetikerin wird den Eltern angeboten. Er oder sie kann Auskunft über mögliche Ursachen und Wiederholungswahrscheinlichkeiten machen. So kann den betroffenen Eltern schon lange vor der Geburt Hilfestellung bei der emotionalen Akzeptanz ihres Kindes gegeben werden. Schliesslich erstreckt sich diese Hilfestellung auch auf die Möglichkeiten sozialer und finanzieller Unterstützung. Die vorgeburtliche Diagnostik hat so die unerwartete und eindrückliche Erfahrung zum Zeitpunkt der Geburt in eine behutsame, alle Möglichkeiten ansprechende vorgeburtliche Aufklärung umgewandelt. Aufgrund der geschilderten Vorgehensweisen sehen die Verantwortlichen im Bereich der vorgeburtlichen Diagnostik daher absolut keinen Grund zur Empfehlung eines Schwangerschaftsabbruches wegen einer alleinigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bei dem heranreifenden Kind.