Outcome Research – Die Entwicklung und Validierung des „Comprehensive Complication Index (CCI®)“. Postoperative Komplikationen spielen eine zentrale Rolle in der Chirurgie, da sie mit einem Anstieg der Morbidität, Mortalität und Kosten einhergehen (1-3). Häufig treten postoperativ sowohl kleinere als auch grosse Komplikationen auf und resultieren in zusätzlichen Untersuchungen, Therapien und verlängerter Hospitalisation.
Komplikationen sind eine Kostenbelastung für Kranken-versicherungen und Spitäler (3). Umso wichtiger ist es, dass alle auftretenden Komplikationen präzise erfasst werden. Bisher wurden in der Regel nur die schwerwiegenden Komplikationen resultierend aus der durchgeführten Operation aufgenommen (4). Die leicht-gradigen Komplikationen wurden meist vollends ignoriert, obwohl sie nachweislich ebenfalls einen direkten Einfluss auf das Leiden des Patienten als auch auf die Gesamtkosten haben (4,3).
Ein etabliertes und in der Handhabung einfaches Instrument um Komplikationen zu erfassen, ist die Clavien-Dindo Klassifizierung (5,6). Dabei werden die Komplikationen nach deren Notwendigkeit für eine therapeutische Massnahme zur Korrektur dieser Komplikationen eingeteilt (Grad I bis Grad V) (5, 6). Dieses Verfahren wird aktuell als Standard in der Chirurgie und in chirurgisch verwandten Disziplinen, wie z.B. in der Urologie, Gynäkologie, Gefässchirurgie und Transplantationsmedizin, angewendet (7-10). Aufgrund des ordinalen Systems des Komplikationserfassungsverfahrens kann damit aber keine Gesamtmorbidität summiert werden.
Aus diesem Grund haben wir mit Einbezug dieses Standardverfahrens, der Clavien-Dindo Klassifizierung, einen neuen Index entwickelt, welcher nun alle postoperativen Komplikationen in einer einzigen kontinuierlichen Zahl von 0 (keine Komplikationen) bis 100 (Tod) zusammenfasst (11). Die mathematische Formel dieses CCI® (Fig. 1) wurde aus dem Marketing abgeleitet, wo die sogenannte Conjoint Analyse deutlich etablierter ist als in der Medizin (12-14).
Den CCI® haben wir in enger Zusammenarbeit mit dem Epidemiologen Prof. Dr. med. M. A. Puhan, Direktor des Institutes für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich, entwickelt. Wir empfehlen weiterhin den Gebrauch der Clavien-Dindo Klassifizierung ins- besondere in der Diskussion über einzelne Komplikationen bei individuellen Patienten, wie z.B. während M&M Konferenzen. Als Ergänzung hierzu empfehlen wir aber für Studien, in denen Gesamtmorbidität untersucht werden soll, den CCI® als ersten Endpunkt zu benützen, denn wir konnten in vier verschiedenen Validierungsstudien nachweisen, dass der CCI® gegenüber den bisherigen Endpunkten deutlich sensitiver ist .
Während der Entwicklung des CCI® und in den daraus resultierenden Studien konnten wir nachweisen, dass sogar leicht-gradige Komplikationen, wie z.B. die postoperative Nausea, einen deutlichen Einfluss auf die Gesamtmorbidität des Patienten haben und daher nicht zu vernachlässigen sind (Fig. 2) (11).
In einer der Folgearbeiten konnten wir ausserdem aufzeigen, dass der CCI® ein deutlich sensitiverer Endpunkt ist im Vergleich zu den bisherigen Definitionen wie z.B. ja/nein Komplikation oder major Komplikation (≥ Grad IIIb gemäss der Clavien-Dindo Klassifizierung) (16). Mit unserer letzten Arbeit haben wir ausserdem aufzeigen können, dass mit dem CCI® als erster Endpunkt eine deutlich geringere Anzahl Patienten für die Durchführung einer randomisierten Studie benötigt werden, was wiederum Kosten reduziert und Studien überhaupt erst möglich macht (16). Diese neu nachgewiesene Erkenntnis durften wir im Mai 2014 am renommierten Jahreskongress der Europäischen Chirurgen Gesellschaft (ESA) vorstellen, wo sie auch für die Publikation in der November Ausgabe der bekannten chirurgischen Zeitschrift „Annals of Surgery“ akzeptiert wurde.
In diesem Sinne empfehlen wir in der Diskussion über einzelne Komplikationen bei einzelnen Patienten weiterhin den Gebrauch der Clavien-Dindo Klassifizierung, wie z.B. während M&M Konferenzen. Als Ergänzung hierzu schlagen wir für Studien, in welchen die Gesamtmorbidität untersucht werden soll, den CCI® als ersten Endpunkt zur Bestimmung vor.
Um den CCI® in Zukunft und im klinischen Alltag einfach und schnell berechnen zu können, haben wir eine Internetseite mit einem online CCI-Calculator (www.assessurgery.com) eingerichtet. Dabei kann der CCI® eines einzelnen Patienten oder für eine Gruppe von Patienten, z.B. im Rahmen einer Studie, ganz leicht und schnell berechnet werden.
Der CCI® calculator ist ein Online-Tool, das die Beurteilung der postoperativen Komplikationen und die Berechnung des CCI® für einen einzigen Patienten als auch in einer Gruppe von Patienten unterstützt. Der Online-Rechner dient zur schnellen Beurteilung der Gesamtmorbidität des Patienten, zum Beispiel für die Diskussion an Morbiditäts- und Mortalitäts-Konferenzen. |
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AssesSurgery ist ein webbasierter Service, der Chirurgen und Forschern helfen soll, die an einer Verbesserung der chirurgischen Qualität interessiert sind. Schwerpunkte sind die postoperative Komplikationsstufung und die Beurteilung der Gesamtmorbidität (CCI® Calculator), die individuelle Kostenkontrolle (Cost Prediction Calculator) sowie die Indikation einer Lebertransplantation (BAR Score Calculater). |