Therapiemöglichkeiten bei CTEPH
Alle Patientinnen und Patienten sollten zuerst bezüglich einer möglichen Operation (siehe unten) abgeklärt werden. Dies ist die einzige wirklich effektive Therapie der CTEPH. Dies begründet sich dadurch, dass es sich vornehmlich um ein „mechanisches“ Problem handelt, das auch „mechanisch“, das heisst chirurgisch, behoben werden sollte. Eine medikamentöse Therapie sollte eigentlich nur in Fällen, bei denen auf Grund der Beurteilung der Pulmonalisangiographie durch die Chirurgie eine Operation nicht möglich ist, durchgeführt werden. Auch hierfür können Patientinnen und Patienten in der Sprechstunde für Pulmonale Hypertonie beraten werden.
Sprechstunde für Pulmonale Hypertonie
Für Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Formen des Lungenhochdrucks bieten wir modernste diagnostische und therapeutische Verfahren.
Pulmonale Endarteriektomie (PEA)
Es gibt seit über 30 Jahren eine Operation, die im optimalen Fall zu einer Heilung der pulmonalen Hypertonie führen kann. Es handelt sich um die sogenannte pulmonale Endarteriektomie (PEA), früher auch als pulmonale „Thrombendarteriektomie“ bezeichnet. Das Wort „Thromb“- wird heute nicht mehr gebraucht, weil die Lungenarterien bei der CTEPH nicht mehr durch Embolien (Gerinnsel) verstopft sind, sondern sich über die Zeit vernarbt haben, so dass vor allem Veränderungen in den Gefässwänden vorliegen.
Bei der Operation wird nach Eröffnung des Brustkorbes im Bereich des Brustbeines in der Mitte des Hauptstammes der Lungenarterie die Gefässwand mit einem kleinen Schnitt eröffnet (Abb. 3). Dann wird die dreiteilige Arterienwand auf der rechten Seite in ihrem ganzen Umfang zwischen innerer und mittlerer Schicht aufgetrennt (Abb. 4). Anschliessend arbeitet sich die Chirurgin oder der Chirurg in dieser Schicht entlang der Gefässwand bis möglichst weit zu der zweiten oder dritten Aufteilung der rechten Lungenarterie vor. Dies ist äusserst heikel, da die Sicht dabei natürlich sehr eingeschränkt ist und die Chirurgin oder der Chirurg sich auf seine ausgezeichneten anatomischen Kenntnisse und seine Erfahrung verlassen muss. Wird die Schicht zu früh verloren, kann die Lungenarterie nur ungenügend eröffnet werden oder schlimmsten Falls kann die Gefässwand sogar einreissen.
Ausschälen des Materials
Endarteriektomie der rechten Pulmonalarterie
Meistens aber gelingt es der Chirurgie, sich in der Gefässwand bis zur dritten Aufteilung der Lungenarterie oder noch weiter vorzuarbeiten und anschliessend so zu sagen einen Ausguss des gesamten Arterienbaums einschliesslich des inneren Teils der Arterienwand zu entfernen (Abb. 5). Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Chirurgin oder der Chirurg nicht einfach das Gerinnsel aus der Lungenarterie entfernt, sondern auch den inneren Anteil der Arterienwand.
Entfernter Arterienbaum einschliesslich der Arterienwand
Da wie oben erwähnt die Lunge auch noch durch den Körperkreislauf mit Blut versorgt wird, und das in die Lungenarterie von diesem Körperkreislauf zurückfliessende Blut die Sicht der Chirurgin oder des Chirurgen massiv beeinträchtigen würde, muss die Operation im totalen Kreislaufstillstand erfolgen. Das geschieht an der Herz-Lungenmaschine, wobei der Körper der Patientin oder des Patienten auf 18°C Temperatur abgekühlt wird. Zusätzlich wird der Kopf auch von aussen gekühlt. Dann kurz vor dem Schnitt in die Lungenarterie wird das Herz stillgelegt und schliesslich auch die Herz-Lungenmaschine abgestellt, das heisst ein totaler Kreislaufstillstand erzeugt. Die vorher beschriebene eigentliche Operation dauert durchschnittlich 20 bis 30 Minuten. Anschliessend wird für kurze Zeit der Kreislauf wieder hergestellt und dann die linke Lungenarterie auf die gleiche Weise operiert (Abb. 6). Nachher wird der Kreislauf wieder hergestellt und der Körper der Patientin oder des Patienten langsam aufgewärmt. Während die eigentliche Endarterektomie zwei Mal zwanzig Minuten dauert, benötigt es für die ganze Operation inklusive der Vorbereitung des künstlichen Kreislaufes, Abkühlen, Kreislaufstillstand und Wiedererwärmen der Patientin oder des Patienten etwa acht Stunden.
Endarterektomie der linken Pulmonalarterie
Bei der PEA handelt es sich um eine schwierige und komplexe Operation. Bei der Operation versterben bis zu 10% der Patientinnen und Patienten. Die weltweit erfahrensten Chirurginnen und Chirurgen erreichen aber heute eine Sterblichkeitsrate von weniger als 5%. Die wichtigsten Todesursachen sind akute Blutung, zum Beispiel beim Einreissen der Lungenarterie während der Präparation der Gefässwand, und das sogenannte Reperfusionsödem. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung von Flüssigkeit in den Lungen nach beendeter Operation infolge der gesteigerten Durchblutung der bisher vom Kreislauf nicht versorgten Lungenbezirke. Während die erste Komplikation schwierig zu kontrollieren ist, kann das Reperfusionsödem oft nach einer mehrtägigen Beatmungszeit beherrscht werden. Weitere unmittelbar postoperative Probleme sind ein akutes Nierenversagen und Verwirrungszustände in etwa 5 bis 10% der Patientinnen und Patienten. Verläuft die Operation komplikationslos, kann die Patientin oder der Patient meistens nach ein oder zwei Tagen von der künstlichen Beatmung entwöhnt werden und nach zwei bis drei Wochen das Spital verlassen. Meistens wird anschliessend ein zwei-dreiwöchiger Rehabilitationsaufenthalt geplant.
Die PEA ermöglicht bei den meisten Patientinnen und Patienten wieder eine praktisch normale Leistungsfähigkeit. Natürlich besteht als Folge des oft recht langen Krankheitsverlaufs bis zur PEA ein recht starker Konditionsmangel. In etwa 10 bis 20% der Fälle kann der Lungendruck durch die PEA nicht ganz normalisiert werden, weshalb dann auch die Leistungsfähigkeit eingeschränkt bleibt – nicht aber in dem Masse wie vor der Operation. Einige Patientinnen und Patienten benötigen nach der Operation noch eine medikamentöse Therapie.
Der Ablauf ist so, dass wir die Vorabklärungen (Herzultraschall, Gehtest, Lungenfunktionsprüfung, Pulmonalisangiographie, CT Perfusions-Szintigramm, Rechst- und Linksherzkatheter) in Zusammenarbeit mit der Sprechstunde für Pulmonale Hypertonie durchführen und die Unterlagen interdisziplinär besprechen. Dabei wird insbesondere die Pulmonalisangiographie und das Computertomogramm bezüglich der Verteilung und chirurgischen Erreichbarkeit der Veränderungen der CTEPH analysiert. So kann Folgendes beurteilt werden: 1) ob eine Operation überhaupt möglich ist, 2) wie gut die Veränderungen durch den Chirurgen zu erreichen sind, das heisst wie schwierig die PEA, und somit auch das perioperative Risiko sein werden und 3) wie gross in etwa die Chance ist, dass die meisten Veränderungen entfernt werden können, beziehungsweise welches die ungefähre Prognose bezüglich der Verbesserung der Leistungsfähigkeit nach der Operation sein dürfte.
Anschliessend organisieren wir nochmals ein Gespräch in der CTEPH-Sprechstunde, wo wir Ihnen die Situation genau darlegen. Es lohnt sich auch wenn Sie eher keine Operation möchten, sich beraten zu lassen! Weder die Abklärungen noch ein solches Gespräch nehmen etwas vorweg, Sie können sich anschliessend ganz unabhängig selber entscheiden. Darum raten wir allen Patientinnen und Patienten Abklärungen machen zu lassen, unabhängig von der persönlichen Einstellung. Es besteht auch die Möglichkeit, einmal mit einer betroffenen Person, der bereits eine PEA hatte, zu sprechen.
„Puls“ begleitete eine Patientin, Frau Prof. Schmitt-Optiz und ihr Team bei diesem aussergewöhnlichen Eingriff. SRF Puls – Extrem-OP