Ablauf
Die Strahlentherapie fokussiert hoch-energetische Röntgenstrahlen auf den Tumor im Inneren des Körpers um diesen gezielt abzutöten. Die Strahlentherapie ist je nach Tumorlokalisation und Stadium entweder die Therapie der ersten Wahl, um ein Tumorleiden organerhaltend zu behandeln (z.B. lokal fortgeschrittener Kehlkopfkrebs), eine gleichwertige Alternative zur Operation (z.B. Tonsillen- oder Zungengrundkrebs), eine Ergänzung zur Operation (sogenannte postoperative oder „adjuvante“ Therapie) oder wird dann eingesetzt, wenn eine Operation nicht sinnvoll möglich ist (z.B. Nasopharynxkrebs oder sehr weit fortgeschrittene Tumoren).
Die Strahlentherapie kann auch dann eingesetzt werden, wenn der Krebs bereits gestreut hat: dann kann die Strahlentherapie Beschwerden durch Metastasen, z.B. in den Knochen, verhindern oder lindern (Palliative Strahlentherapie), oder auch bei wenigen Metastasen, z.B. in der Lunge, das Überleben verlängern (Oligometastasierung).
Die Strahlentherapie erfolgt in der Regel als ambulante Behandlung, ist nicht-invasiv (benötigt also keine Narkose) und kann damit gut in den privaten und beruflichen Lebensalltag integriert werden. Bei Kopf-Hals-Tumoren ist allerdings meistens eine fraktionierte Behandlung über sechs bis sieben Wochen nötig. Häufig wird eine Strahlentherapie zur Verbesserung der Wirksamkeit mit einer Chemotherapie oder Immuntherapie kombiniert. Eine engmaschige und persönliche Betreuung ist bei uns selbstverständlich. Eine palliative Behandlung zur Linderung von Beschwerden oder zur Behandlung von Metastasen dagegen kann je nach Situation deutlich kürzer sein und sich über ein bis zehn Sitzungen erstrecken.
In der Klinik für Radio-Onkologie des USZ kommen ausschliesslich modernste Techniken zur präzisen und nebenwirkungsarmen Bestrahlung der Kopf-Hals-Tumoren zu Anwendung. Sie werden von international ausgewiesenen Expertinnen und Experten in der Forschung und Behandlung der Kopf-Hals-Tumoren betreut.
Für viele Patientinnen und Patienten bieten wir schon heute die Behandlung von morgen an: in klinischen Studien arbeiten wir kontinuierlich daran, die Behandlung des Kopf-Hals-Tumore zu verbessern, um diese noch wirksamer und noch verträglicher zu gestalten. Zur Übersicht der aktuell offenen Studien.
Im Folgenden werden wir die Strahlentherapie bei verschiedenen Stadien der Kopf-Hals-Tumoren beschreiben.
Rachen- und Kehlkopfkrebs im frühen Stadium
Bei Rachen- und Kehlkopfkrebs („Pharynx“- oder „Larynx“- Karzinomen) im frühen Stadium ist zwar eine operative Entfernung des Tumors bei entsprechend fitten Patienten immer möglich, aber je nach genauem Tumorsitz und Ausdehnung manchmal mit einer Störung der Organfunktion behaftet. Studien haben gezeigt, dass zum Beispiel die Operation von Tumoren mit Infiltration des vorderen Teils beider Stimmlippen oder von flächigen Zungengrundkarzinomen zu Einbussen bezüglich Stimmbildung oder Schluckfunktion führen kann. Ausserdem muss man immer bei älteren Patientinnen und Patienten, oder bei Begleiterkrankungen auch die Risiken von Operation und Narkose in Betracht ziehen. Bei diesen Tumoren in frühen Stadien bietet die Radiotherapie eine mindestens gleichwertige Alternative zur Operation, mit gleichen Heilungschancen, mit oft besserem funktionellem Ergebnis. Durch die gezielte, dreidimensionale, intensitätsmodulierte moderne Planung und die bildgestützte Strahlenapplikation werden die die umgebenden gesunden Organe (sogenannte «Risikoorgane», wie beispielsweise Schluckapparat, Speicheldrüsen, Nerven, Innenohr) sehr gut geschont und dementsprechend sind die Nebenwirkungen der Behandlung in diesen Fällen gering.
Mund- Rachen- und Kehlkopfkrebs im fortgeschrittenen Stadium
Bei Kopf-Hals-Tumoren in lokoregional fortgeschrittenem Stadium, d.h. wenn der Tumor weit in die Umgebung infiltriert oder bereits in die Lymphdrüsen gestreut hat, ist meistens eine Kombinationsbehandlung aus Operation und Radiotherapie und möglicherweise auch Chemo- oder Antikörpertherapie notwendig, um die Heilungschancen optimal auszunutzen (Multimodale Therapie). Dabei ist die Bestrahlung entweder als primäre Therapie mit dem Ziel der Heilung (kurative Therapie) und der Organerhaltung (z.B. bei fortgeschrittenem Kehlkopfkrebs oder Tumoren des unteren Rachens des so genannten „Hypopharynx“), oder auch anschliessend an einer Operation, bei hohem Risiko für ein Wiederkehren des Tumors („Rezidiv“), wie es z.B. bei fortgeschrittenen Tumoren der Mundhöhle (Zungenrand, Mundboden, Gaumen) oft der Fall ist.
Aufgrund des oft ausgedehnten Tumors wird die Bestrahlung in viele kleine „Portionen“ geteilt: die Therapie erfolgt fraktioniert über etwa 30-35 werktägliche Behandlungssitzungen über einen Zeitraum von etwa sechs bis sieben Wochen. Diese Verteilung der Bestrahlung über mehrere Wochen verbessert die Verträglichkeit der Behandlung, die überwiegend ambulant durchgeführt wird und in den privaten und beruflichen Alltag integriert werden kann. Dank modernster Techniken kann heutzutage ein Grossteil der gesunden Risikoorgane wie Schluckmuskulatur, Speicheldrüsen und Nerven weitgehend geschont werden und damit schwere Spätfolgen vermieden werden.
Die begleitende Gabe einer relativ „leichten“ und gut verträglichen Chemo- oder Antikörpertherapie als Infusion erfolgt auch ambulant an wenigen, vom Anfang an bestimmten Tagen statt. Dies wird terminlich immer gut mit der laufenden Bestrahlung abgestimmt.
Während dieser oft sehr aufwendigen Therapie erfahren Sie in unserer Klinik auch eine umfassende unterstützende Betreuung von Pflege-, Ernährungs-, Logopädie und zahnärztlichen Experten, sowie sehr engmaschige Kontrollen und Gesprächsmöglichkeiten mit unseren Ärztinnen und Ärzten.
Die Bestrahlung von Kopf-Hals-Tumoren ist ein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt unserer Klinik. Wir geben unser Wissen in einer Vielzahl an internationalen Kursen und Kongressen weiter. Modernste Geräte und erfahrene Medizinphysikerinnen, Medizinphysiker und MTRAs tragen zu einer Behandlung in optimaler Qualität und Sicherheit bei.
Wichtige Schwerpunkte und Innovationen in unserer Klinik sind die biologische Forschung im Bereich von Faktoren der Strahlenresistenz und Strahlensensibilisierung von solchen Tumoren, geleitet von Prof. Dr. Martin Pruschy, die Automatisierung der Zielvolumendefinition geleitet von Prof. Dr. Jan Unkelbach, die Bestimmung von radiologischen Prognosefaktoren mit Hilfe künstlicher Intelligenz („Radiomics“) geleitet von PD Dr. Tanadini-Lang sowie die Integration von Chemo- und Immuntherapie und die MR-gestützte, adaptive Bestrahlung vom Kopf-Hals-Tumoren, geleitet von PD Dr. Balermpas. Unsere Klinik ist eine der ersten weltweit, die die Technologie der MR-gestützten adaptiven Planung für Kopf-Hals-Tumoren angewandt hat.
In klinischen Studien arbeiten wir kontinuierlich daran die Behandlung der Kopf-Hals-Tumoren zu verbessern, um diese noch wirksamer und verträglicher zu gestalten. Zur Übersicht der aktuell offenen Studien.
Gleichzeitig arbeiten wir eng mit den Kollegen/innen der ORL, Mund-Kiefer-Chirurgie und Medizinischen Onkologie zusammen, um eine individualisierte, an Ihre Bedürfnisse „massgeschneiderte“ Behandlung zu garantieren. Das wird bereits durch die schon vor Beginn der Therapie stattfindende Interdisziplinäre „Intake“-Sprechstunde gewährleistet, in dem Sie in einem Gespräch zeitgleich mit Kopf-Hals-, Mund-Kiefer-Chirurgen und -Chirurginnen und Radio-Onkologen und -Onkologinnen beraten werden.
Behandlung von Rückfällen und Metastasen
Kopf-Hals-Tumoren können häufig im Verlauf der Erkrankung Absiedlungen bildet: man nennt dies Metastasierung. Häufige Orte der Metastasierung sind die Luge, Nebenniere, Knochen, die Leber oder das Gehirn. Ausserdem gibt es leider auch Fälle wo ein vormals erfolgreich operierter oder bestrahlter Tumor lokal wiederkehrt. Die Strahlentherapie ist hier eine hoch-effektive und nebenwirkungsarme Methode um Beschwerden, die durch die Metastasen ausgelöst werden, zu verhindern oder zu behandeln. Dies erfolgt meist in Kombination mit einer Chemotherapie, Immuntherapie oder anderer zielgerichteter Therapie. Je kleinere die Metastasen sind und je früher sie bestrahlt werden, desto besser sind die Ergebnisse. Metastasen im Körper können heute fokussiert in nur wenigen effektiven Bestrahlungssitzungen behandelt werden.
Bei Tumorherden im Bauchbereich, z.B. Leber oder Oberbauch führen wir die körperstereotaktische Bestrahlung (SBRT) an unserem MRI-Hybridbeschleuniger durch. Hier wird modernste Bestrahlungstechnik mit MRI-Bildern vereint. Die Bestrahlung wird damit unter MRI-Überwachung des Tumors durchgeführt, so dass höchste Präzision mit bester Bildgebung vereint werden. Diese Technik wurde in unserer Klinik als erste in der Schweiz bereits 2019 eingeführt. Als weiterhin einzige Klinik der Deutsch-Schweiz mit dieser Technik bieten wir höchste Expertise in diesem Gebiet.
Hirnmetastasen werden an unserem Zentrum heute bei den meisten Patienten mittels einer einmaligen hochdosierten Bestrahlung behandelt: man nennt dies Radiochirurgie.
Auch Metastasen an anderen Lokalisationen im Körper können heute fokussiert in nur wenigen effektiven Bestrahlungssitzungen behandelt werden.
Die Behandlung metastasierter Krebserkrankungen ist ein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt unserer Klinik. Wir geben unser Wissen in einer Vielzahl an internationalen Kursen und Kongressen weiter. Wir sind in Leitlinienkommissionen als internationale Experten aktiv.
Die Behandlung von Rezidiven in vorbestrahlten Regionen erfordert eine hohe klinische und technische Expertise, sowie eine eingehende Analyse der Vorbelastung und der Strahlen-Toleranz der Risikoorgane, um schwere Nebenwirkungen zu vermeiden. Die Radiotherapie am USZ verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Rezidiv-Behandlung und Re-Bestrahlung. Wir haben ebenso die Möglichkeit alte Bestrahlungspläne, auch von anderen Kliniken, in unserer Strategie und Berechnungen zu integrieren. Die Re-Bestrahlung ist auch ein Forschungsschwerpunkt von PD Dr. Balermpas.
Modernste Geräte und erfahrene Medizinphysiker und Medizinphysikerinnen, sowie MTRAs tragen zu einer Behandlung in optimaler Qualität und Sicherheit bei.
Gleichzeitig arbeiten wir eng mit den Kollegen und Kolleginnen der ORL und Medizinischen Onkologie zusammen, um eine Behandlung „aus einem Guss“ zu garantieren. Ebenso beraten wir uns frühzeitig mit unseren Kolleginnen und Kollegen der Palliativmedizin.
In klinischen Studien versuchen wir kontinuierlich die Behandlung des Kopf-Hals-Tumore zu verbessern, um diese noch wirksamer und verträglicher zu gestalten. Zur Übersicht der aktuell offenen Studien.