Bei primären Lymphödemen handelt es sich um eine angeborene Veränderung des Lymphgefässystems. Ein sekundäres Lymphödem hingegen ist „erworben“, es kann z.B. nach Lymphknotenentfernung oder Strahlentherapie bei einer Krebserkrankung entstehen
Ein Lymphödem entsteht, wenn die Lymphflüssigkeit nur noch ungenügend abtransportiert werden kann und sich diese im Gewebe ansammelt. Infolge der Ansammlung von Flüssigkeit und Eiweissen im Gewebe kommt es vor allem bei unbehanddelten Ödemen mit der Zeit zu Umbauprozessen, welche zu einer Fibrosierung (Bindegewebsvermehrung) und Sklerosierung (Gewebeverhärtung) führen kann.
Am USZ behandeln spezialisierte Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten Patientinnen und Patienten mit Lymphödemen in der lymphologischen Physiotherapie, auch komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) genannt.
Ziel der physiotherapeutischen Behandlung eines neu aufgetretenen Lymphödems ist die Ödemreduktion. Dazu legen wir Kompressionsbandagen an und fördern den Lymphabfluss mit manuellen Techniken wie der Lymphdrainage. Im Verlauf erlernen die Patient*innen selber zu bandagieren und es wird eine massgefertigte Kompressionsversorgung durch einen Bandagisten angefertigt.
Therapie
Die Physiotherapie bei Lymphödemen erfolgt in 2 Phasen:
Intensivphase
Die Intensivphase dauert 2-3 Wochen, mit 2-4 Terminen pro Woche. Ziel ist, in dieser Zeit eine bestmögliche Entstauung zu erreichen. Am Ende der Intensivphase erfolgt die Anpassung eines flachgestrickten Kompressionsstrumpfes/einer flachgestrickten Kompressionsversorgung nach Mass.
Erhaltungsphase
Nach Abschluss der Intensivphase trägt der Patient oder die Patientin die Kompressionsversorgung tagsüber, bandagiert bei Bedarf und kontrolliert so das Ödem selbständig. Ziel in der Erhaltungsphase ist, das Resultat der Ödemreduktion aus der Intensivphase bestmöglichst zu erhalten. Je nach Ausmass des Ödems vereinbaren wir weitere Termine oder Intensivphasen individuell.
Ein langfristiger Therapieerfolg basiert auf den 5 Säulen der lymphologischen Physiotherapie
- Kompression/Bandagierung
- Manuelle Lymphdrainage
- Hautpflege
- Selbstmanagement
- Bewegung
Die Kompression beinhaltet die Bandagierung der betroffenen Extremität oder des Körperteils mit Kompressionsmaterial. Wenn immer möglich lernen die Patientinnen und Patienten auch selber zu bandagieren.
Nach erfolgter Entstauung wird die Kompression mit einer massangefertigten Kompressionsversorgung weitergeführt. Dies erleichtert den Alltag im Vergleich zur Bandagierung.
Die manuelle Lymphdrainage als Baustein der lymphologischen Physiotherapie unterstützt den Abtransport der Lymphflüssigkeit. Eine Lymphdrainage allein, ohne weitere Bandagierung oder Kompressionsmassnahmen, reicht nicht aus, da die Drainage ohne Kompression nur eine sehr kurze Wirkungsphase hat.. Mit speziellen Grifftechniken behandeln wir verhärtetes Gewebe, Fibrosen oder Narben.
Die Hautpflege ist zentral: Um Infektionen vorzubeugen ist es wichtig, dass die Haut elastisch bleibt, genügend hydriert ist und keine Verletzungen aufweist.
Zum Selbstmanagement gehört die Aufklärung der Patientinnen und Patienten über ihr Krankheitsbild, die konservativen Behandlungsmöglichkeiten und was sie selbst für einen positiven Verlauf beitragen können. So können die Patientinnen und Patienten selber zum «Hauptmanager» ihres Ödems werden.
Die Bewegung, auch mit Bandagen und Kompression ist ein weiterer wichtiger Bestandteil um das Ödemsituation stabil zu erhalten und allenfalls weiter zu reduzieren.
Für den Erfolg einer guten Ödembehandlung sind weitere Punkte in der lymphologische Physiotherapie sehr wichtig: Ein gutes Gewichtsmanagement, die Unterstützung in der Verarbeitung der Erkrankung und eine allfällige Weiterleitung an externe Stellen, wenn Fragen bestehen zur sozialen, finanziellen und beruflichen Situation.
Zusammenarbeit
Alle Spezialistinnen, welche am Universitätsspital Zürich in der Physiotherapie Ergotherapie Patientinnen und Patienten mit Lymphödemen behandeln, verfügen über eine spezifische lymphologische Weiterbildung. Wir behandeln das ganze Spektrum von Ödemkrankheiten und sind auch auf die Behandlung folgender komplexer Lymphödeme spezialisiert.
Spezialisierung komplexer Lymphödeme
Kopflymphödeme
Nach grossen operativen Eingriffen an Kopf und Hals und/oder mit Bestrahlung. Bei Schluck- und Sprachstörungen arbeiten wir eng mit der Phoniatrie und klinischen Logopädie zusammen
Genitallymphödeme
Nach gynäkologischen oder urologischen Eingriffen mit Entfernung von Lymhknoten. Bei Kontinenzproblematiken stehen wir in enger Zusammenarbeit mit der Stomaberatung und der Beckenbodenrehabilitation. Patientinnen und Patienten mit Lipödemen oder Sklerodermie profitieren ebenfalls vom spezialisierten Knowhow von der lymphologischen Physiotherapie.
Enges internes und externes Netzwerk
Wir verfügen intern und extern über ein weit gespanntes Netzwerk zu weiteren Spezialisten und Fachpersonen, die wir für die optimale Therapie beiziehen:
Interdisziplinäre Lymphsprechstunde
Zusammen mit der Angiologie und der Plastischen Chirurgie beraten die Lymphtherapeutinnen und -therapeuten die Patientinnen und Patienten in komplexen lymphologischen Situationen und besprechen die optimalen Behandlungsmöglichkeiten.
Zusammenarbeit mit ausgebildetem Orthopädie- und Bandagistenfachpersonal
Zur Anpassung der optimalen Kompressionsversorgung beraten die spezialisierten Bandagisten die Patientinnen und Patienten in enger Zusammenarbeit mit den Therapeutinnen und Therapeuten bezüglich der verschiedenen Massanfertigungen (rund- und flachgestrickt), Materialien (bei Allergien), Anziehhilfen sowie Spezialanfertigungen bei Kopf- oder Genitallymphödemen oder Anpassungen bei Stomaversorgungen.
Zu den Selbstbandage-Videos
Wundberatung
Zur Wundversorgung oder Schulung im Umgang mit Wunden können wir die spezialisierte Wundberaterinnen und Wundberater im Hause beiziehen. .
Psychoonkologischer Dienst
Zur Unterstützung in der Krankheitsbewältigung können die Patientinnen und Patienten den psychoonkologischen Dienst im USZ in Anspruch nehmen.