MR-geführter fokussierter Ultraschall

Beim MR-geführten fokussierten Ultraschall wird mittels gebündelter Ultraschallwellen Wärme erzeugt und damit kleine Läsionen (Narben, Löcher) an millimetergenau definierten Punkten im Zentrum des Gehirns gesetzt. Die Behandlung erfolgt direkt in einem MRT System (Magnetresonanz-Tomographie), welche es möglich macht, die Erwärmung des Zielgebietes auf ca. 60°C in Echtzeit zu beobachten und zu steuern.

Geschichte und Wirkweise des fokussierten Ultraschalls

Eine technische Revolution oder alter Wein in neuen Schläuchen? Bereits vor der Erfindung der tiefen Hirnstimulation und sogar vor der Entwicklung der medikamentösen Behandlung der Parkinson-Erkrankung war bekannt, dass ein Tremor der gegenüberliegenden Körperseite durch eine gezielte Zerstörung von Gewebe im «Zitterkern» des Thalamus sehr wirksam behandelt werden kann. Früher erfolgte diese so genannte Ablation (Gewebezerstörung) eines ca. 3x4mm grossen Gebiets im Gehirn, indem eine Sonde eingeführt wurde und die Spitze für wenige Sekunden erhitzt wurde.

Der Nachteil dieses Verfahrens gegenüber der tiefen Hirnstimulation ist, dass bei einer falsch gesetzten Ablation oder beim Auftreten von Nebenwirkungen keine Möglichkeit besteht, die Gewebezerstörung rückgängig zu machen. Da diese Nebenwirkungen häufig auftraten, wurde das Verfahren in den 1990er Jahren weitgehend verlassen Heute haben sich die technischen Möglichkeiten dank des Fokussierten Ultraschalls weiterentwickelt und die Ablation zur Behandlung von Tremor und zunehmend auch anderen Erkrankungen und Symptomen wird wiederentdeckt.

Die wesentlichen Weiterentwicklungen sind die Behandlungsmöglichkeit ohne Hautschnitt und ohne operative Eröffnung des Schädels, sowie die Möglichkeit, das Verfahren in Echtzeit im MRT zu überwachen. Insofern müssen die Risiken, welche sich damals aus der Endgültigkeit der Zerstörung von Hirngewebe ergaben, neu beurteilt werden. Heute stimmen Expertinnen und Experten für Bewegungsstörungen weltweit darin überein, dass die Behandlung mit fokussiertem Ultraschall eine wertvolle Ergänzung zu den etablierten Methoden darstellt.

Für die Behandlung mit Fokussiertem Ultraschall wird die Energie von bis zu 1024 Ultraschallquellen in einem einzigen zentralen Punkt im Gehirn gebündelt und führt hier gezielt zur Erhitzung des Gewebes. Das Verfahren ist höchst präzise und das kleine Zielgebiet kann millimetergenau erwärmt werden. Ausserdem erfolgt die gesamte Behandlung unter einer Echtzeit-Überwachung mit Kernspintomographie, so dass erkannt wird, auf wieviel °C das Gewebe erwärmt wird. Dabei wird schrittweise vorgegangen:

Zunächst wird die Temperatur im Gewebe nur leicht erhöht (auf ca. 50°C), was bereits einen hemmenden Effekt auf die Zellen hat, aber bei kurzer Einwirkung noch keine Zerstörung des Gewebes bewirkt. So kann in einer neurologischen Untersuchung beurteilt werden, ob an dem erwärmten Zielpunkt eine gute Besserung des Tremors erreicht werden kann und ob Nebenwirkungen auftreten. Bei zufriedenstellendem Ergebnis wird das Ziel weiter auf 55 bis 60°C erwärmt und damit ein kleines Gebiet von 3 bis 4 mm Grösse endgültig zerstört. Die Wirkung tritt unmittelbar ein. Ziel der Behandlung ist die dauerhafte Reduktion des Tremors um 50 bis 75%, nicht eine komplette Normalisierung. Bei schwer betroffenen Patienten kann nach einem Intervall von neun Monaten, sowie nach reichlicher interdisziplinärer Abwägung und sorgfältiger Risikoaufklärung auch die zweite Körperseite behandelt werden, sofern es von der ersten Behandlung keine bleibenden relevanten Nebenwirkungen gibt.

In der Regel wird die tiefe Hirnstimulation eher bevorzugt bei Patientinnen und Patienten, die einen ausgeprägten beidseitigen Tremor haben. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Strukturen der Körpermitte betroffen sind, das heisst ein Kopf- oder Stimmzittern vorliegt. Auf der anderen Seite ist der fokussierte Ultraschall vor allem dann geeignet, wenn das Zittern auf einer Seite stärker ausgeprägt ist, ohne begleitenden Kopf- oder Stimmtremor. Ferner eignet sich der fokussierte Ultraschall vor allem für Betroffene mit einem höherem Operations- und Delirrisiko. Das sind vor allem ältere Menschen mit vielen anderen Erkrankungen, sowie Menschen, die keinen einfachen Zugang zu einem spezialisierten Zentrum haben. Dies liegt beispielsweise vor, wenn ein Umzug in ein anderes Land mit einer weniger dichten ärztlichen Versorgung geplant ist.

Welche Risiken gibt es?

Zwar werden für die Behandlung mit fokussiertem Ultraschall Haut und Schädel nicht eröffnet, es wird jedoch eine bleibende Schädigung von Hirngewebe mit hoher Energie erzeugt. Dadurch können seltene, jedoch potentiell schwere Komplikationen auftreten.

Auf der einen Seite gibt es die Operationsrisiken: Die vom Ultraschall erzeugten Schwingungen können theoretisch zum Einreissen feiner Blutgefässe führen. Eine Hirnblutung kann bleibende neurologische Störungen hervorrufen oder sogar tödlich sein. Das Risiko ist äusserst gering und

kann heute noch nicht sicher beziffert werden. Es liegt jedoch sicher unter 0.5%. Bei einer Fehlfunktion des Gerätes könnte die Zielregion theoretisch verfehlt und eine Schädigung an anderer Stelle im Gehirn erzeugt werden. Dies würde ebenfalls zu neurologischen Störungen führen. Da die Therapie jedoch mit Echtzeit-Überwachung durchgeführt wird, ist dieses Risiko extrem gering.

Daneben gibt es Nebenwirkungen, die entstehen, wenn Nachbarstrukturen des Kerngebiets in ihrer Funktion gestört werden. Diese entsprechen jenen, die es auch beider tiefen Hirnstimulation geben kann. Wie oben dargelegt, entstehen diese Nebenwirkungen sowohl von der eigentlichen Läsion als auch durch die vorübergehende Schwellung, die sie umgibt. Die Schwellung ist dynamisch und verschwindet mit der Zeit – die Läsion selbst ist dagegen bleibend. Aus diesem Grund gibt es mehr Nebenwirkungen in der frühen Phase nach der Behandlung. Mit der Zeit verschwinden viele von ihnen oder werden schrittweise besser.

Für die Behandlung im «Zitterkern» sind insbesondere folgende Nebenwirkungen möglich:

  • Gefühlsstörungen wie beispielsweise ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln über bestimmten Körperregionen
  • Geschmacksstörungen wie zum Beispiel metallischer Geschmack im Mund oder veränderte Wahrnehmung des Essens
  • Gangstörungen: Unsicherer Gang «wie betrunken», Drall auf eine Seite, Sturzgefahr
  • Sprechstörungen oder undeutliche Sprache
  • Schluckstörung
  • Koordinationsstörungen wie zum Beispiel unsicheres Greifen nach Gegenständen

Die Gangstörung spielt eine besonders wichtige Rolle. Sie tritt bei etwa drei Vier tel der Patienten vorübergehend nach der Behandlung auf und kann über Monate bestehen bleiben. Bei den allermeisten Patientinnen und Patienten ist diese Nebenwirkung nur leicht ausgeprägt. Das bedeutet, sie ist spürbar aber schränkt den Alltag nicht ein. Jedoch beklagen immerhin etwa ein Viertel der Patientinnen und Patienten eine vorübergehende Gangstörung, die im Alltag ins Gewicht fällt. Aus diesem Grund dürfen Betroffene mit einer vorbestehenden Gangstörung nur nach sehr sorgfältiger Risikoabwägung behandelt werden. Ausserdem macht es Sinn, vorab bereits eine ambulante Physiotherapie zu planen. Mit der Zeit – unter regelmässigem Training und mit Verschwinden der Schwellung um die Ultraschall-Läsion – verbessert sich die Gangstörung in der Regel deutlich. Somit hatten in unserer eigenen Serie mit 52 behandelten Patientinnen und Patienten nach sechs Monaten noch 5 bis 10% eine Gangstörung, die im Alltag störte. Dies stellte die häufigste, relevante, «bleibende» Nebenwirkung dar. Eine Gefühlsstörung war bei ungefähr 10% der Personen zu verzeichnen. Sie störte aber den Alltag fast nie. Dasselbe galt für die Koordinationsstörung (Danebengreifen), die ebenfalls bei ca. 10% der Patientinnen und Patienten zu beobachten war. Auch diese spielt oft keine grosse Rolle, weil das Zittern, das die Koordination viel stärker beeinträchtigt hat, verbessert wird. Insgesamt steigt das Risiko einer Nebenwirkung mit dem Ausmass der Tremorverbesserung. Das heisst, Patientinnen und Patienten mit einer guten oder sehr guten Kontrolle des Zitterns haben eher eine Nebenwirkung. Jene mit einem weniger guten Therapieerfolg auf den Tremor haben in der Regel auch keine Nebenwirkungen.

Wie gross ist die Chance, dass ich mit der Behandlung nach sechs Monaten «zufrieden» bin?

Wir haben die 52 Patientinnen und Patienten nach sechs Monaten befragt, ob sie die Behandlung auf der Grundlage ihrer Erfahrung wieder machen würden, wenn sie die Zeit zurückdrehen könnten. Dabei haben 87% mit «ja» und 13% mit «nein» geantwortet. Wie oben dargelegt, ist das oft eine Abwägung des positiven Effekts auf das Zittern gegen mögliche Nebenwirkungen, die in seltenen Fällen auch bleibend sein können. Hierbei hat sich gezeigt, dass die meisten Behandelten eine unzureichende Tremorkontrolle schwerer gewichten als allfällige Nebenwirkungen. Oder anders ausgedrückt: Leichte Nebenwirkungen werden eher akzeptiert, weil der Zugewinn an Lebensqualität durch die Tremorverbesserung deutlich überwiegt.

Weil das Zittern vor allem bei Menschen mit Parkinson wieder kam, hatten diese auch das grösste Risiko, mit dem Ergebnis nach sechs Monaten unzufrieden zu sein.

Ist der fokussierte Ultraschall «weniger invasiv» als die tiefe Hirnstimulation?

Viele Patientinnen und Patienten haben bei dem fokussierten Ultraschall die Vorstellung, dass das Verfahren aufgrund der nicht-invasiven Eigenschaft von Schallwellen komplett ungefährlich ist. Dies hat auch damit zu tun, dass Ultraschall als ungefährliches Medizin-Instrument gilt: In der Schwangerschaft wird schliesslich auch Ultraschall zu regelmässigen Untersuchungen eingesetzt. Auf der anderen Seite wirkt die tiefe Hirnstimulation invasiv, weil ein Loch in den Schädel gebohrt werden muss und der damit verbundene Aufwand grösser ist: Längerer Spitalaufenthalt, eventuell Rehabilitation, mehrwöchiger Einstellungsprozess. Diese Vorstellung ist aber irreführend.

Zwar ist der fokussierte Ultraschall bezüglich der Operationstechnik weniger invasiv: Es fliesst kein Tropfen Blut, der Schädel bleibt intakt und es bedarf zu keiner Zeit einer Narkose. Auf der anderen Seite ist der fokussierte Ultraschall aber sogar invasiver als die tiefe Hirnstimulation, weil bewusst ein Stück Hirngewebe unwiederbringlich zerstört wird. Dadurch können Nebenwirkungen, die auftreten, unter Umständen bleibend sein. Tatsächlich ist dieses Stück Hirngewebe aus Sicht des Neuromediziners also «wertvoller» als das Stück Knochen, welches bei der tiefen Hirnstimulation durchbohrt wird.

Das Vorgehen bei der fokussierten Ultraschallbehandlung im «Zitterkern» und der Unterschied zur tiefen Hirnstimulation am selben Ort

Die Vorbereitungs- und Abklärungsphase vor dem Eingriff entspricht jener vor einer tiefen Hirnstimulation im «Zitterkern ». Dies umfasst auch einen Alkohol-Test. Als einzige zusätzliche Untersuchung ist eine Computer-Tomographie (CT) des Schädels nötig. Diese wird gebraucht, um die Schädeldicke zu untersuchen. Bei manchen Menschen ist der Schädel so strukturiert, dass eine Behandlung mit fokussiertem Ultraschall nicht möglich ist. In diesem Fall bleiben eine tiefe Hirnstimulation oder eine Radiofrequenzablation als Alternativen. Viele Patienten wünschen eine ergebnisoffene Abklärung für eine Eskalationstherapie. Wenn ein fokussierter Ultraschall in Frage kommt, führen wir ein CT durch. Während der Abklärungen gibt es viele Gelegenheiten, über die alternativen Verfahren zu sprechen und jenes Instrument zu wählen, das am besten

zu der Patientin oder dem Patienten passt. Wie bei der tiefen Hirnstimulation tritt die Patientin oder der Patient am Tag vor der Behandlung ein. Da während des Eingriffes keine Narkose und keine Öffnung des Schädels vorgenommen wird, können Patientinnen und Patienten

direkt in ihr Zimmer zurückkehren. Am Folgetag finden Nachuntersuchungen im Motoriklabor zur Dokumentation des Behandlungserfolges und zur Untersuchung auf Nebenwirkungen statt. Ausserdem wird eine erneute Kernspintomographie des Kopfes durchgeführt, um die Grösse und die Position der geschaffenen Ablation zu prüfen. Die Patientinnen und Patienten dürfen unverzüglich aufstehen und herumlaufen, in den ersten Tagen allerdings mit besonderer Vorsicht, da die wichtigste Nebenwirkung der Behandlung eine Gangstörung mit Sturzgefahr ist. Die Reizung des Gewebes rund um die geschaffene Ablation nimmt in den ersten Tagen nach der Behandlung zu, was meistens zu einer überraschend guten Tremorkontrolle führt, jedoch auch zu vorübergehend erst einmal zunehmenden Nebenwirkungen. Ist die Gangstörung nur schwach ausgeprägt oder gar nicht vorhanden, dürfen Patientinnen und Patienten am Tag nach der Behandlung nach Hause gehen. Gegebenenfalls bleiben sie noch wenige Tage für eine intensive Physiotherapie im Spital. Nur wenige Behandelte benötigen aufgrund der Gangstörung eine stationäre Rehabilitation.

Nach dem Austritt finden üblicherweise nach einem und nach 3 Monaten Verlaufskontrollen statt. Nach 6 Monaten gibt es eine ausführlichere Untersuchung in unserem Motoriklabor. Zu diesem Zeitpunkt wiederholen wir die Abklärungen von vor dem Eingriff. Wir können Patientinnen und Patienten mit einem langen Anreiseweg die Kontrollen nach einem und nach drei 3 Monaten als digitale Konsultation anbieten. Die 6-Monats-Kontrolle findet aber obligatorisch in unserem Motoriklabor statt.

Wann kann der dauerhafte Effekt der fokussierten Ultraschallbehandlung abgeschätzt werden?

Es ist wichtig zu verstehen, dass mit der fokussierten Ultraschallbehandlung ein dynamischer Prozess im Gehirn einsetzt. Am Behandlungstag wird von aussen eine kleine Läsion (ein «Loch») in den Zitterkern «gebrannt». Das Gehirn reagiert auf diesen gewollten Gewebeuntergang mit einer Entzündungsreaktion. Diese führt zu einer Schwellung um die Läsion – so ähnlich, wie wenn man sich den Knöchel anschlägt und der Knöchel in der Folge anschwillt.

Diese Schwellung oder «Ödem» kann sich in zwei Richtungen auswirken. Auf der einen Seite kann sie positiv dazu beitragen, dass das Zittern gedämpft wird. Aus diesem Grund ist das Zittern kurz nach der Behandlung typischerweise am allerbesten kontrolliert. Auf der anderen Seite kann die Schwellung, wenn sie auch Nachbarstrukturen tangiert, Nebenwirkungen verursachen. Um dieses Risiko möglichst klein zu halten, erhalten Patientinnen und Patienten für die Zeit des Spitalaufenthalts ein Cortisonpräparat. Dieses soll die Entwicklung der Schwellung unterbinden.

In den frühen Tagen nach der Behandlung ist es möglich, dass die Schwellung zunächst noch einmal zunimmt: Auch der angeschlagene Knöchel ist oft erst einige Tage nach dem Unfall am dicksten. Wenn dies der Fall ist, können neue Nebenwirkungen auftreten, die während des Spitalaufenthalts noch nicht vorlagen. In diesem Fall können sich Betroffene jederzeit bei uns melden. Wir klären dann, ob die Schwellung mit einem Cortisonpräparat eingedämmt werden kann oder ob es nötig ist, erneut ins Spital zu kommen.

In der anschliessenden Phase nimmt die Schwellung um die Läsion wieder ab und verschwindet schliesslich. Dies dauert manchmal einige Monate. Nebenwirkungen, die durch die Schwellung verursacht wurden, können dann besser werden oder ganz verschwinden. Gleichzeitig kann aber auch das Zittern wieder schlechter werden.

Das Ausmass der Verbesserung allfälliger Nebenwirkungen sowie der Rückkehr des Tremors ist abhängig davon, welche Rolle die Schwellung spielt, die mit der Zeit verschwindet und welche Rolle die eigentliche Läsion spielt, die dauerhaft bleibt. Nach etwa sechs Monaten kann der Endzustand beurteilt werden. Jetzt sind die positiven Effekte der Verbesserung des Zitterns und die negativen Effekte der Nebenwirkungen der Ultraschallbehandlung nur noch durch die eigentliche Läsion zu erklären.

Folgende Einschränkungen sollten aber noch beachtet werden:

  1. Die von uns genannten sechs Monate gelten als ungefährer Zeitraum. Es gibt Patientinnen und Patienten, bei denen die Schwellung schon früher oder erst später verschwindet. Aus diesem Grund können im Einzelfall auch solche Nebenwirkungen verschwinden, die sechs Monate nach der Behandlung noch vorhanden sind.
  2. Nicht jede Veränderung nach der Behandlung ist auf die nachlassende Schwellung zurückzuführen. Auch das Gehirn ist plastisch und verändert sich – vor allem, indem es ständig lernt. An diesem Punkt greift die Physiotherapie im Falle einer Gangstörung an.
  3. Man darf nicht vergessen, dass die Krankheit nicht geheilt ist und sie fortschreitet. Insofern kann eine Verschlechterung des Zitterns auch auf eine Zunahme der Zitter-Krankheit zurückzuführen sein.

Welche Chancen auf Verbesserung des Zitterns und der Lebensqualität gibt es?

Unsere eigenen Erfahrungen und auch die vorliegenden Studien zeigen, dass das Zittern beim Essentiellen Tremor, Parkinsontremor und dystonen Tremor sechs Monate nach der fokussierten Ultraschallbehandlung im Durchschnitt um ca. 60 bis 70% verbessert ist. Diese Zahl ist ein Durchschnittswert. Das bedeutet, dass manche Patientinnen und Patienten eine bleibende 90%-ige Tremorverbesserung haben, während es andererseits auch solche gibt, bei denen das Zittern nach einiger Zeit wieder im selben Ausmass zurückkehrt. Letzteres ist aber zum Glück sehr selten.

In unserer eigenen Serie mit 52 Patientinnen und Patienten, die am Universitätsspital Zürich behandelt worden sind, fanden wir dieses Phänomen bei vier Betroffenen. Alle vier Betroffenen litten unter einer Parkinson-Erkrankung. Bei jenen mit Essentiellem Tremor verlor niemand den Behandlungseffekt über die Zeit. Es scheint also so zu sein, dass das Vorliegen einer Parkinson-Erkrankung das Risiko eines früheren Wirkverlusts der Behandlung erhöht. Im Gegensatz dazu hatten 40% der Patientinnen und Patienten auch nach sechs Monaten noch ein exzellentes Ansprechen des Zitterns (>75% Verbesserung), 30% ein gutes Ansprechen (>50% Verbesserung) und 15% ein moderates Ansprechen (25-50% Verbesserung). Die verbleibenden 15% hatten nur einen geringen oder gar keinen bleibenden Therapieerfolg (<25% Verbesserung).

Ausserdem ist zu beachten, dass diese Prozentsätze einer Tremorverbesserung auf bestimmten Skalen beruhen und nicht unbedingt den Zugewinn an Lebensqualität widerspiegeln. So gibt es Behandelte, bei denen wir auf Grundlage einer Tremorskala «nur» ein Ansprechen von 50% notieren, die aber endlich wieder schreiben, selbstständig essen oder trinken können. Dadurch mag die subjektive Lebensqualität plötzlich massiv verbessert sein. Jemand anders mag von demselben Resultat enttäuscht sein, weil er die Hoffnung hatte, wieder sehr diffizile feinmotorische Arbeiten erledigen zu können, die er zum Beispiel für den Beruf braucht. Dieser Unterschied hat mit den eigenen Erwartungen und mit den Anforderungen im Alltag zu tun.

In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, dass der fokussierte Ultraschall nur das Zittern auf einer Körperseite behandelt. Das Zittern in der Körpermitte (Kopf, Stimme, Kinn) oder auf der Gegenseite wird nicht verbessert. Viele Behandelte beschreiben, dass das Zittern auf der Gegenseite subjektiv sogar zunimmt, was oft im Widerspruch dazu steht, dass wir keine Zunahme messen können. Grund dafür ist, dass diese Seite nun verstärkt wahrgenommen wird und im Alltag in den Vordergrund rückt. Dasselbe gilt für Patientinnen und Patienten, die keinen Essentiellen Tremor haben, sondern auch andere Symptome, etwa im Rahmen einer Parkinson-Erkrankung oder einem dystonen Tremor. Auch hier kommt es vor, dass nach der erfolgreichen Tremorverbesserung andere Beschwerden in den Vordergrund rücken und die Lebensqualität mindern.

Verantwortliche Fachpersonen

Bettina Balint, Prof. Dr. med.

Oberärztin, Klinik für Neurologie

Tel. +41 44 255 55 11
Spezialgebiete: Parkinson, Bewegungsstörungen, Seltene genetische Erkrankungen

Fabian Büchele, Dr. med.

Oberarzt, Klinik für Neurologie

Tel. +41 44 255 55 11
Spezialgebiete: Bewegungsstörungen (u.a. Parkinson und Tremor), Eskalationstherapien für Bewegungsstörungen (tiefe Hirnstimulation, fokussierter Ultraschall, Pumpentherapien)

Lennart Stieglitz, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Stv. Klinikdirektor, Klinik für Neurochirurgie

Tel. +41 44 255 99 05
Spezialgebiete: Funktionelle Neurochirurgie, Intraoperative Bildgebung und Computer-assistierte Neurochirurgie, Bewegungsstörungen

Für Patientinnen und Patienten

Sie können sich entweder selbst anmelden oder von Ihrer Hausärztin, Ihrem Hausarzt, Ihrer Spezialistin oder Ihrem Spezialisten zuweisen lassen.

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