MR-geführter fokussierter Ultraschall

Beim MR-geführten fokussierten Ultraschall wird mittels gebündelter Ultraschallwellen Wärme erzeugt und damit kleine Läsionen (Narben, Löcher) an millimetergenau definierten Punkten im Zentrum des Gehirns gesetzt. Die Behandlung erfolgt direkt in einem MRT System (Magnetresonanz-Tomographie), welche es möglich macht, die Erwärmung des Zielgebietes auf ca. 60°C in Echtzeit zu beobachten und zu steuern.

Untersuchte Indikationen

Erkrankung Zielsymptome Erfolg
Tremor-Erkrankungen
  • Tremor (Zittern), welches nicht ausreichend auf Medikamente anspricht
  • Verbesserung des Tremors– Minimierung von Medikamenten-Nebenwirkungen
Parkinson-Erkrankung
  • Tremor (Zittern), welches nicht ausreichend auf Medikamente anspricht
  • Motorische Fluktuationen (Wechsel von Unter- und Überbewegungen)
  • Verbesserung des Tremors– Reduktion von motorischen Fluktuationen
  • Reduktion der Medikamentendosis (bei subthalamischer Stimulation) und ihrer Nebenwirkungen

Vor- und Nachuntersuchungen

Damit Patientinnen und Patienten bestmöglich für die Behandlung ausgewählt werden können, und für eine rigorose Qualitätskontrolle sind verschiedene Untersuchungen vor der Operation und 6 Monate danach erforderlich. Damit soll erreicht werden, dass behandelte Patienten optimale Chancen auf ein bestmögliches Ergebnis mit möglichst wenig Nebenwirkungen und Komplikationen haben.

Untersuchung Vor OP 6 Monate
Motorik-Labor: Symptome ohne und mit Medikamenten-Wirkung* X X
Hochauflösendes MRI des Gehirns X X
Computertomographie Schädeldicke X
Psychiatrische Untersuchung X X
Neuropsychologische Untersuchung X X
Schlaflabor-Untersuchung X X
EEG-Untersuchung (Hirnströme) X X
Logopädie (Sprechen, Schlucken) X X
Physiotherapie (Gehen, Stehen) X X
Herz-/Lungen-/Blutuntersuchungen X
Zahnärztliche Kontrolle (empfohlen) X

*   Beim L-Dopa-Test wird untersucht, ob sich Parkinson-Symptome unter hochdosiertem Levodopa-Medikament massgeblich verbessern. Das Ergebnis dieses Tests erlaubt eine Einschätzung des möglichen Gewinns durch eine Ultraschall-Therapie und nimmt so bei der Entscheidung über die Therapie eine wichtige Rolle ein. Beim Alkohol-Test wird untersucht, inwieweit sich ein Tremor nach Konsum von Alkohol verändert.

Gemeinsam Pazienten und ihnen nahestehenden Personen werden die Untersuchungsergebnisse vor der Operation detailliert besprochen und über die Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken informiert. Erst danach wird endgültig über die Operation entschieden.

Ablauf der Behandlung

Vor der Behandlung:

Aspirin (ASS/Acetylsalicylsäure) und andere blutverdünnende Medikamente müssen nach Anweisungen des Neurochirurgen rechtzeitig komplett abgesetzt werden (z.B. Aspirin: 7 Tage vor Eingriff).

Umstellung der Medikamente nach Massgabe des behandelnden Neurologen.

Eintritt ins Spital:

1 Tag vor dem Eingriff.

Behandlung:

Einseitiger fokussierter Ultraschall, z.B. für die mehr betroffene oder für die Patientin/den Patienten wichtigere Seite.

Entlassung:

I.d.R. 1 Tag nach dem Eingriff, üblicherweise nach Hause.

Der Eingriff kann bei Bedarf auf der zweiten Seite zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden.

Am Behandlungstag:

Ziel der Behandlung ist es, Schallwellen in einem winzigen Punkt mitten im Schädel zu konzentrieren, um hier durch Erwärmung des Gewebes eine bleibende Läsion zu erzeugen. Dazu müssen Schallwellen erst einmal von aussen durch Haut, Knochen und Gewebe hindurch gelangen. Ein Problem dabei stellt die Luft dar, welche den Kopf umgibt und welche durch Kopfhaare als eine Isolationsschicht für Wärme (aber auch für Schallwellen) um die Haut herum gehalten wird. Aus diesem Grund müssen die Kopfhaare für die Behandlung vollständig abrasiert werden.

In örtlicher Betäubung wird nun ein Metallring mit vier Schrauben durch die Haut hindurch am Schädel befestigt. Dies ist nicht schmerzhaft, wird jedoch kurzzeitig als Druckgefühl wahrgenommen.

Nun wird der Patient auf dem Rücken liegend auf der Liege des MRT Geräts positioniert. Das eigentliche Gerät zur Schallwellenerzeugung wird wie ein Helm über den Kopf gestülpt. Der Raum zwischen dem «Helm» und der Haut wird zur besseren Schalleitung und zur Kühlung der Kopfhaut mit Wasser aufgefüllt.

Eine einzelne Schallwellenbehandlung («Sonikation») dauert nur wenige Sekunden. Zunächst wird mehrfach mit nur geringer Energie die Zielgenauigkeit des Systems überprüft. Anschliessend wird die zugeführte Energie langsam gesteigert und so das Gewebe im Zielgebiet auf etwa 50°C erwärmt.

Bei dieser Temperatur kommt es noch nicht zu einer bleibenden Läsion, jedoch kann der Neurologe bereits feststellen, ob die Behandlung wirksam sein wird und ob eventuell unerwartete Nebenwirkungen auftreten. Würde man die Behandlung an diesem Punkt stoppen, würden sich alle Wirkungen und Nebenwirkungen innerhalb kurzer Zeit zurückbilden.

Zur definitiven Behandlung wird nun die Energie des Geräts nochmals erhöht und das Zielgebiet auf ca. 60°C erwärmt. Bei dieser Temperatur kommt es zu einer definitiven Schädigung von Zellen, was eine bleibende Wirkung der Behandlung herbeiführen soll.

Abschliessend wird noch der Haltering vom Schädel entfernt und die Therapie ist abgeschlossen. Insgesamt dauert sie ca. 2 Stunden.

Mögliche Risiken des MR-geführten fokussierten Ultraschalls

Zwar werden für die Behandlung mit fokussiertem Ultraschall Haut und Schädel nicht eröffnet, es wird jedoch eine bleibende Schädigung von Hirngewebe mit hoher Energie erzeugt. Dadurch können sehr seltene, jedoch potentiell schwere Komplikationen auftreten.

  • Die vom Ultraschall erzeugten Schwingungen können theoretisch zum Einreissen feiner Blutgefässe führen. Eine Hirnblutung kann, wie ein Schlaganfall, bleibende neurologische Störungen hervorrufen oder sogar tödlich sein. Das Risiko ist äusserst gering und kann heute noch nicht sicher beziffert werden. Es liegt jedoch sicher unter 0.5%.
  • Bei einer Fehlfunktion des Gerätes könnte die Zielregion verfehlt und eine Schädigung an anderer Stelle im Gehirn erzeugt werden. Dies würde ebenfalls zu neurologischen Störungen führen. Da die Therapie jedoch mit Echtzeit-Überwachung durchgeführt wird, ist dieses Risiko sehr gering.
  • Heilungsprozesse des Gehirns können die erzeugte Läsion zum Teil reparieren oder durch Umstrukturierungen des Gehirns kompensieren. Dadurch treten die zunächst erfolgreich behandelten Symptome bei einigen Patienten nach einigen Wochen bis Monaten wieder auf (Verlust der Symptomkontrolle).

Mögliche Nebenwirkungen des MR-geführten fokussierten Ultraschalls

Folgende Störungen können vorübergehend oder dauerhaft auftreten, je nach Läsionsort im Gehirn:

Nebenwirkung STN Vim GPi
Sprechstörung (undeutliche Sprache) ++ + +
Veränderung des Gehens +++ + ++
Verlernen von Schwimmen/Skifahren +
Missempfindungen/Gefühlsstörungen + + +
Koordinationsprobleme + ++ +
Muskelverkrampfung/-versteifung +
Doppelbilder/Verschwommensehen + +
Veränderung der Stimmung ++ +
Vorübergehende Überbewegungen ++
Parkinsonismus +

Legende: STN: subthalamischer Nucleus, Vim: ventromedialer Nucleus des Thalamus, GPi: Globus pallidus internus. +++: >20%, ++: 10-20%, +: <10% (Zürcher Erfahrungen). In der Regel wird für den fokussierten Ultraschall primär der Vim oder unmittelbar benachbarte Strukturen behandelt.

Im Gegensatz zur tiefen Hirnstimulation sind Wirkungen und Nebenwirkungen beim fokussierten Ultraschall grundsätzlich irreversibel, d.h. sie können nach der Behandlung nicht mehr beeinflusst oder verbessert werden.

Verantwortliche Kaderärzte

Bettina Balint, Prof. Dr. med.

Oberärztin, Klinik für Neurologie

Tel. +41 44 255 55 11
Spezialgebiete: Parkinson, Bewegungsstörungen, Seltene genetische Erkrankungen

Fabian Büchele, Dr. med.

Oberarzt, Klinik für Neurologie

Tel. +41 44 255 55 11
Spezialgebiete: Bewegungsstörungen (u.a. Parkinson und Tremor), Eskalationstherapien für Bewegungsstörungen (tiefe Hirnstimulation, fokussierter Ultraschall, Pumpentherapien)

Lennart Stieglitz, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Stv. Klinikdirektor, Klinik für Neurochirurgie

Tel. +41 44 255 99 05
Spezialgebiete: Funktionelle Neurochirurgie, Intraoperative Bildgebung und Computer-assistierte Neurochirurgie, Bewegungsstörungen

Für Patientinnen und Patienten

Sie können sich entweder selbst anmelden oder von Ihrer Hausärztin, Ihrem Hausarzt, Ihrer Spezialistin oder Ihrem Spezialisten zuweisen lassen.

Tel. +41 44 255 55 08
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