Wichtig ist zu versuchen, das betroffene Gewebe von den Wasseransammlungen zu entstauen. Diuretika (entwässernde Arzneimittel) sind in diesem Fall nicht wirksam, sie lösen eine Art ,,Bumerang‘‘ Effekt aus: Anfangs reduzieren sie die Wasseransammlungen, die sich aber nach der Therapie wieder zurückbilden, weshalb Diuretikatabletten nicht empfohlen sind.
Die Entwässerung gelingt mittels der sogenannten «komplexen physikalischen Entstauungstherpie», die sich aus manueller Lymphdrainage, Kompressionstherapie, Bewegungstherapie und Hautpflege zusammensetzt.
Die Entstauungstherapie wird ein Leben lang durchgeführt, weil sonst die Wasseransammlungen zurückkehren.
Manuelle Lymphdrainage
Die manuelle Lymphdrainage sollte ein- bis zweimal pro Woche angewendet werden. Dabei streicht eine medizinische Masseurin oder ein medizinischer Masseur sanft mit den Fingern die Haut im Verlauf der Lymphbahnen. Dabei werden Flüssigkeiten zwischen den Zellen in Richtung Lymphbahnen verschoben und die Entstauung angeregt. Diese Behandlung aktiviert die Lymphbahnen dazu, auch nicht verschobene Flüssigkeit besser abzuleiten. Das hat für die Betroffenen auch einen beruhigenden und schmerzlindernden Effekt, ist aber zeitaufwändig. Nach der manuellen Lymphdrainage wird zum Erhalt des Resultats (Umfangrückgang) ein Kompressionsverband angelegt.
Kompressionsverbände bei Lipödemen
Die Kompressionstherapie sollte – vor allem bei zu erwartender Umfangsreduktion unter entstauenden Massnahmen – in der initialen Entstauungsphase mit Verbänden, in der Erhaltungsphase mit Kompressionsstrümpfen erfolgen. In der Mehrzahl der Fälle ist aufgrund der Extremitätenform und der Gewebebeschaffenheit eine Massanfertigung der Komressionsstrümpfe erforderlich (sogenannte Flachstrickstrümpfe). Kompressionsstrümpfe ab Lager (Rundstrickmaterialien) eignen sich lediglich bei gering ausgeprägtem Befund des Lipödems.
Liposuktion (Fettabsaugung)
Für die operative Reduktion des krankhaften Unterhautfettgewebes an Beinen und Armen wird die Liposuktion (Fettabsaugung) eingesetzt. Sie ist insbesondere dann angezeigt, wenn trotz konsequent durchgeführter konservativer Therapie noch Beschwerden bestehen beziehungsweise wenn eine Verschlimmerung von Befund (Unterhautfettvolumen) und/oder Beschwerden (Schmerzen, Ödeme) auftritt.
Die Liposuktion wird in örtlicher Betäubung mittels Tumeszenz‐Lokalanästhesie (TLA), das heisst in Form der wet technique mit stumpfen Mikrosonden durchgeführt. Dabei können unterstützende Techniken wie Vibration oder Wasserstrahl eingesetzt werden. Der Eingriff kann ambulant oder stationär erfolgen.
Diskutiert wird, wie nachhaltig diese Behandlung tatsächlich ist, denn der Körper tendiert dazu, das verlorene Fett erneut zu produzieren. Mögliche Komplikationen des Eingriffs sind Schwellungen, Nachblutungen, Kreislaufprobleme und Blutergüsse. Selten führt die Fettabsaugung zu Infektionen, Falten, Dellen und Taubheitsgefühlen. Auch allergische Reaktionen (Juckreiz, Übelkeit und Hautausschläge) auf die Lösung, die zur lokalen Betäubung und Fettlockerung gespritzt wird, können vorkommen.
Was Sie selbst tun können: Ernährung und Sport
Ernährung
Obwohl Lipödeme nicht auf Gewichtsabnahme reagieren, ist es wichtig, das Gewicht normal und stabil zu halten. Sind Sie normalgewichtig und ernähren sich weiterhin abwechslungsreich und gesund sollten Sie versuchen, am besten Ihr Gewicht zu halten. Sind Sie übergewichtig, ist es sinnvoll abzunehmen. Bewährt hat sich bei Lipödemen ein Speiseplan mit weniger Kohlenhydraten und ausreichend Proteinen.
Sport
Unter den sportlichen Aktivitäten erscheinen solche im Wasser als besonders effektiv (Schwimmen, Aqua‐Jogging, Aqua‐Aerobic, Aqua‐Cycling), da durch den Auftrieb die Gelenke entlastet, durch den Wasserdruck eine Lymphdrainage bewirkt und durch Bewegung gegen den Wasserwiderstand Kalorien verbraucht werden. Krafttraining alleine ist für die Gewichtsreduktion wenig effektiv, eine vergleichbare Evidenz zum Ausdauertraining gibt es nicht.
Psychologische Unterstützung: von grosser Bedeutung
Frauen mit Lipödem haben oft Jahre damit verbracht, nach Antworten und Hilfe für ihren Zustand zu suchen. Auf den ersten Blick sehen betroffene Frauen adipös aus und versuchen ihre Umgebung davon zu überzeugen, dass sie alles versucht haben, um abzunehmen. Häufig fühlen sie sich nicht ernst genommen in ihren Bemühungen und leiden unter der Voreingenommenheit, die Teile der Gesellschaft adipösen Menschen gegenüber haben. Das führt in Kombination mit Mobilitätsschwierigkeiten oft zu seelischem Stress und kann nachfolgend auch eine Depression auslösen. Dabei hat die Erkrankung nichts mit Adipositas zu tun, was die Betroffenen oft lange Zeit selbst nicht wissen. Die Diagnose Lipödem wirkt da wie eine Befreiung. Dennoch ist zusätzlich die psychologische Unterstützung vom Experten wichtig, denn ein Lipödem ist leider nicht heilbar, sondern eine lebenslange Belastung.