Überblick: Was ist ein Vitamin-D-Mangel?
Vitamine sind Substanzen, die für die Gesundheit wichtig sind, aber der menschliche Körper kann sie nur in unzureichender Menge oder gar nicht selbst erzeugen. Deshalb müssen sie vorwiegend über die Nahrung aufgenommen werden. Vitamin-D ist strenggenommen gar kein richtiges Vitamin, sondern eine Art Hormon, weil der Körper es selbst produzieren kann.
Dennoch wird Vitamin-D trotz dieser Ausnahmestellung allgemein als Vitamin angesehen. Es unterstützt die Aufnahme von Calcium und Phosphat aus dem Darm und hilft mit, diese Mineralstoffe in die Knochen einzubauen. Es ist zudem an weiteren Vorgängen des Stoffwechsels beteiligt und stärkt die Muskeln.
Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin. Anders als wasserlösliche Vitamine, die der Körper mit dem Urin ausscheidet, werden fettlösliche Vitamine in der Leber, in den Muskeln und im Fettgewebe gespeichert. Hier stehen sie als Depot zur Verfügung, auf das der Körper bei einer Unterversorgung zurückgreifen kann. Die Anreicherung erfolgt aber nur, wenn das Vitamin in grösserer Menge vorhanden ist. Dazu kommt es beim Vitamin-D jedoch nur selten. Im Gegenteil: Bei der Mehrzahl der Schweizerinnen und Schweizer besteht zumindest zeitweise ein Mangel an diesem Vitamin. Die Eidgenössische Ernährungskommission (EEK) geht von einer „weit verbreiteten Vitamin-D-Unterversorgung“ in der Schweiz aus. Wie in vielen anderen Ländern auch, kommt ein grosser Teil der Bevölkerung über die Haut zu wenig in Kontakt mit Sonnenlicht, um genügend Vitamin-D zu bilden.
Vitamin-D entsteht im Körper in einem komplizierten Prozess, bei dem die Haut, die Leber und die Nieren beteiligt sind. Dieser Prozess startet, wenn Sonnenlicht auf die Hautoberfläche trifft – genauer gesagt, die im Licht enthaltene UVB-Strahlung. Damit stellt der Körper meistens mehr als 80 Prozent des benötigten Vitamins her; der übrige Teil der Vitamin-D-Zufuhr erfolgt normalerweise über die Nahrung. Sie enthält auch bei einer gesunden und ausgewogenen Ernährung nur selten Vitamin-D in ausreichender Menge.
Ein spürbarer Mangel an Vitamin-D tritt vor allem auf, wenn die Hautoberfläche zu selten der Sonne ausgesetzt ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie sich überwiegend in geschlossenen Räumen und nur selten im Freien aufhalten. Oder wenn Ihre Kleidung im Freien so viele Körperteile bedeckt, dass die Haut keine Gelegenheit hat, mit den UVB-Strahlen des Sonnenlichts in Kontakt zu kommen.
Diagnose: Wie wird Vitamin-D-Mangel festgestellt?
Vitamin-D ist der Überbegriff für eine Gruppe von Vitaminen, die Calciferole heissen. Zu ihnen gehören unter anderem das Vitamin D2 (auch Ergocalciferol genannt) und das Vitamin D3 (Cholecalciferol). Wenn bei Ihnen der Verdacht auf einen Vitamin-D-Mangel besteht, kann Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Ihnen einen Bluttest vorschlagen. Im Labor wird dann untersucht, ob Ihr Blut genügend Vitamin-D3 in gespeicherter Form enthält.
Zuvor wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Sie aber nach Ihren Lebensgewohnheiten fragen. Wenn sich dabei herausstellt, dass Sie Ihre Haut oft und lange genug der Sonne aussetzen, ist ein Vitamin-D-Mangel eher unwahrscheinlich. Falls aber dennoch bestimmte Symptome für eine Unterversorgung mit Vitamin-D sprechen, könnte die Ursache dafür auch ein gestörter Vitamin-D-Stoffwechsel sein. Auch er lässt sich mit Hilfe einer Blutuntersuchung im Labor nachweisen.
Im Blut wird der Wert eines Vitamin-D-Vorläufers bestimmt, der in der Medizin unter der Abkürzung 25(OH)D bekannt ist. Der gemessene Wert lässt sich in Nanogramm (ng) pro Milliliter (ml) anzeigen. Je nach Ergebnis der Laboruntersuchung kommt es zu folgender Einschätzung:
- Weniger als 10 ng pro ml: schwerer Vitamin-D-Mangel
- 10 bis 20 ng pro ml: Vitamin-D-Mangel
- Mehr als 20 ng pro ml: akzeptabler Vitamin-D-Wert
- 30 bis 50 ng pro ml: wünschenswerter Wert
- Mehr als 50 ng pro ml: Gefahr der Überversorgung
Bei einer Überversorgung mit Vitamin-D kann es unter anderem zu Nierensteinen oder Herzrhythmusstörungen kommen.
Ein niedriger Vitamin-D-Wert muss nicht immer besorgniserregend sein. Es ist ganz normal, dass die Menge des Vitamins im Blut Schwankungen unterliegt. In den Wintermonaten, wenn die Sonne nur wenig scheint, sinkt der Vitamin-D-Spiegel meistens, während er bei intensiver UVB-Strahlung im Sommer ansteigt. Dann kann der Körper Vitamin-D im Fettgewebe speichern. Mangelerscheinungen zeigen sich nicht kurzfristig, sondern erst bei einem längeren und deutlich zu niedrigen Vitamin-D-Wert. Genaue Angaben lassen sich hierzu nicht machen, weil auch individuelle Unterschiede eine Rolle spielen.
Symptome: Welche Folgen hat Vitamin-D-Mangel?
Ein extremer Mangel an Vitamin-D führt bei Kindern zu Rachitis. Wenn Kinder hieran erkranken, entwickeln sich ihre Knochen nur unvollkommen. So härten zum Beispiel die Ober- und Unterschenkel nicht genügend aus und verbiegen sich. Auch bei älteren Menschen kann ein schwerer Vitamin-D-Mangel zur Knochenerweichung führen; Mediziner sprechen in diesem Fall von einer Osteomalazie.
Eine andere mögliche Schädigung der Knochen kommt in höherem Alter in Form von Osteoporose vor: Bei dieser Erkrankung verringert sich die Masse und die Bruchfestigkeit der Knochen. Mit der Folge, dass das Risiko von Brüchen nach einem Sturz zunimmt. Eine Studie (die „Zürcher Hüftbruchstudie“) hat ergeben: Bei 80 Prozent der Patienten und Patientinnen mit einer gebrochenen Hüfte wurde ein Vitamin-D-Mangel festgestellt.
Eine weitere mögliche Folge von Vitamin-D-Mangel ist eine chronische Erkrankung der Nieren. Dieses Leiden wiederum kann als Folge zu einer weiteren Krankheit führen. Sie heisst „sekundärer Hyperparathyreodismus“. Zu ihren Symptomen gehören Muskelschwäche, Durchfall und Gewichtsverlust.
Auch eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte, eine nachlassende Kraft der Muskulatur, Muskelkrämpfe und Haarausfall können Folgen eines Vitamin-D-Mangels sein.
Ursachen und Risikofaktoren: Wie entsteht Vitamin-D-Mangel?
Die Halbwertszeit von Vitamin-D beträgt nur drei bis sechs Wochen. Wer sich also im Sommer leicht bekleidet im Freien aufhält und reichlich Sonne „tankt“, um Vitamin-D zu produzieren, kann davon im sonnenarmen Winter nicht mehr profitieren. Die Reserven sind dann aufgebraucht. Viele Menschen nutzen aber nicht einmal die sonnenreiche Zeit, um ihren Vitamin-D-Speicher aufzufüllen – aus Sorge, dass ein Übermass an UV-Strahlung zu Hautkrebs führen könnte. In der Sonne schützen sie sich mit Sonnencreme-Produkten, die einen hohen oder sehr hohen Lichtschutzfaktor haben, was ebenfalls eine Vitamin-D-Bildung verhindert.
Mehrere Personengruppen sind besonders gefährdet, einen Vitamin-D-Mangel zu erleiden – wegen mangelndem Kontakt mit dem Sonnenlicht, aber auch aus anderen Gründen:
- Säuglinge, weil ihre empfindliche Haut keiner direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt werden darf.
- Menschen mit dunkler Hautfarbe, weil die höhere Pigmentierung ihrer Haut von Natur aus weniger UV-Strahlen eindringen lässt.
- Chronisch Kranke, Pflegebedürftige und alle anderen, die sich nie oder nur sehr selten im Freien aufhalten können.
- Menschen, die ihren Körper aus religiösen oder kulturellen Gründen vollkommen bedecken, sodass weder Gesicht noch Hände dem Sonnenlicht ausgesetzt sind.
- Ältere Menschen, weil bei ihnen die Produktion von Vitamin-D nachlässt.
- Menschen mit bestimmten Erkrankungen, bei denen der Vitamin-D-Stoffwechsel beeinträchtigt ist, zum Beispiel aufgrund einer mangelhaften Nährstoffaufnahme im Darm.
- Patienten und Patientinnen, die ein Medikament einnehmen, das sich nachteilig auf den Vitamin-D-Stoffwechsel auswirkt. Hierzu zählen bestimmte Antiepileptika und Zytostatika.
Therapie: Wie lässt sich Vitamin-D-Mangel behandeln?
Nachdem im 19. Jahrhundert der Zusammenhang zwischen Rachitis und einem Mangel an Sonnenlicht erkannt worden war, entstanden in der Schweiz und anderen europäischen Ländern besondere Heilstätten: Sie boten zeitlich ausgedehnte „Lichtkuren“ oder „Sonnenkuren“ an, um die körpereigene Produktion von Vitamin-D anzukurbeln. Heute wird ein langer und ungeschützter Aufenthalt in der Sonne nicht mehr als förderlich für die Gesundheit angesehen. Im Gegenteil: Die UV-Strahlung der Sonne begünstigt die Entstehung von Hautkrebs.
Dennoch ist der Hautkontakt mit dem Sonnenlicht das einfachste Mittel, um einem Vitamin-D-Mangel zu begegnen. Für unsere Breitengrade gilt für Menschen mit heller bis hellbrauner Haut (Hauttyp I bis Hauttyp III) folgende Richtschnur: Um eine gute Vitamin-D-Produktion zu ermöglichen, sollten Gesicht, Hände und Unterarme von Juni bis August täglich etwa 10 Minuten lang möglichst ungeschützt (auch ohne Sonnencreme) der Sonne präsentiert werden; in den übrigen Monaten etwa doppelt so lange. Ein Sonnenbrand soll dabei in jedem Fall vermieden werden.
Eine weitere Möglichkeit, um einen Vitamin-D-Mangel zu behandeln, ist die Vitaminzufuhr als Ergänzung zur Nahrung. Meist erfolgt sie in Form von Tropfen oder Tabletten. Die Höhe der Dosierung sollten Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin besprechen.
Vorbeugung: Wie kann man Vitamin-D-Mangel verhindern?
Sich allein auf das Sonnenlicht zu verlassen, um genügend Vitamin-D produzieren zu können, reicht häufig nicht aus. Vor allem im Winter nicht. Zwischen November und Ende April ist es in der Schweiz oft kaum möglich, regelmässig für die nötige Vitamin-D-Dosis zu sorgen. Nicht einmal in den Bergen, obwohl die UVB-Strahlung hier intensiver ist als im Flachland.
In den sonnenreicheren Sommermonaten sind die äusseren Bedingungen zwar besser – aber für diese Zeit empfehlen Dermatologen, unbedeckte Hautpartien mit Sonnencreme zu schützen, um das Hautkrebs-Risiko zu verringern. Schon ein niedriger bis mittlerer Lichtschutzfaktor (etwa LSF15) hält rund 99 Prozent der UVB-Strahlung ab.
Vitamin D reichert sich im Fettgewebe von Fischen an, vor allem in wild lebenden Meeresfischen. Wer viel fettreichen Lachs, Hering, Aal, Makrele oder Felche auf seinen Speiseplan nimmt, kann zumindest einen Teil des erforderlichen Vitamin-D-Bedarfs über die Nahrung abdecken. Doch um das gesamte für die Gesundheit notwendige Vitamin-D aufzunehmen, müsste man fast täglich grosse Fischportionen zu sich nehmen.
Da das unrealistisch ist, empfehlen aktuelle Richtlinien, vor allem zwei Risikogruppen mit externem Vitamin-D zu versorgen: Kinder (zur Vorbeugung gegen Rachitis) sowie Erwachsene, die älter als 65 sind (um der nachlassenden körpereigenen Vitamin-D-Produktion entgegenzuwirken). Für die Gruppe der älteren Menschen wird als Richtschnur gelegentlich die tägliche Vitamin-D-Einnahme von 600 bis 1000 IE (internationale Einheiten) oder IU (international units) angegeben. Aber auch hier gilt: Fragen Sie vorher Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.
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