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Der beste Ort für die Behandlung von Darmkrebs

Wo lässt man sich am besten behandeln? Nahe beim Wohnort oder an einem spezialisierten Zentrum, das aber möglicherweise weiter entfernt ist?

Es gibt gute Gründe, sich in Wohnortnähe behandeln zu lassen:

  • die vertraute Umgebung
  • kurze Wege zum Arzt oder ins Spital
  • Verwandte und Freunde sind nah und können ohne grossen Aufwand zu Besuch kommen

Für eine Behandlung an einem spezialisierten Zentrum hingegen spricht, dass es klare Hinweise gibt, dass die Behandlungsergebnisse dort besser sind. Studien zufolge sind die Resultate für die Betroffenen am besten, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:

  • der behandelnde Chirurg hat schon viele solche Operationen durchgeführt
  • an dem Spital werden diese Eingriffe häufig gemacht und
  • die fachlich-wissenschaftliche multidisziplinäre Zusammenarbeit funktioniert vorteilhaft.

Die Vorteile an grossen Zentren

Übung und Erfahrung zahlen sich für die Betroffenen in verschiedener Hinsicht aus:

So können zum Beispiel die Patienten von Chirurgen, welche häufig kolorektale Karzinome operieren, das Spital meist schneller wieder verlassen als Patienten von Chirurgen mit weniger Übung. Und ihre 5-Jahres-Überlebensrate ist besser, wenn die Chirurgin viel Übung hat. Auch das Risiko eines Wiederkehrens der Tumorerkrankung am ursprünglichen Ort kann reduziert werden, wenn die Patientin in einem Spital behandelt wird, das viele Patienten mit kolorektalem Karzinom betreut. Diese (und weitere) Unterschiede fanden Wissenschaftler, als sie die Resultate von 47 Studien mit insgesamt über einer Million Patientinnen und Patienten auswerteten.

Sterblichkeitsrate deutlich reduziert

Solche internationalen Erhebungen lassen sich zwar nicht 1:1 auf die Schweiz und die hierzulande sehr hohe Versorgungsqualität auch in kleineren Spitälern übertragen. Aber auch eine Schweizer Studie ging der Frage nach, wie hoch die Sterblichkeit nach einer Operation wegen eines Rektumkarzinoms hier zu Lande ist: In Spitälern, in denen pro Jahr über 20 solche Operationen stattfanden, starben in den Tagen nach dem Eingriff 52 von 3191 Patienten, das waren 1,6 Prozent. In Spitälern mit weniger als 20 solchen Eingriffen dagegen starben nach der Operation 159 von 6552 Patienten. Das entsprach 2,4 Prozent, also deutlich mehr.

Auf das Team kommt es an

Wie zufrieden Betroffene mit der Behandlung sind, hängt aber nicht allein vom Operateur ab oder von der Anzahl an Operationen an einem Spital. Vielmehr leisten – von der Pflegekraft über den Sozialarbeiter und die Ernährungsberaterin bis zu den ambulant behandelnden und beratenden Personen – alle in der Gesamtorganisation einen Beitrag.

Damit den Patientinnen so gut wie möglich geholfen wird, müssen alle Glieder dieser Behandlungskette gute Arbeit erbringen. Dazu zählt auch, dass sie zusammenarbeiten und Massnahmen zur Qualitätssicherung ergreifen. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass sie bei Komplikationen ergründen, wie es dazu kam und Gegenmassnahmen treffen, um solche in Zukunft zu vermeiden.

Multidisziplinäre Tumorboards für optimale Behandlung

Auf nationaler Ebene bemüht sich die «Nationale Strategie gegen Krebs» um die fortlaufende Verbesserung von Krebsdiagnostik und Patientenversorgung. Ideal ist, wenn sich ein multidisziplinäres Team mindestens einmal pro Woche trifft und gemeinsam eine Behandlungsstrategie für jeden Patienten festlegt. An diesen sogenannten «Tumorboards» bringen Bauchchirurgen, Radiologinnen, Gastroenterologen, Radioonkologinnen, Medizinische Onkologen und weitere Fachärztinnen ihre Erfahrung ein. Studien haben gezeigt, dass dieses Vorgehen den Betroffenen Vorteile bringt.

Welche Vorteile ein zertifiziertes Zentrum bietet

Um einen Qualitätsstandard zu gewährleisten, lassen sich besonders engagierte Zentren zertifizieren. In der Deutschschweiz erfolgt dies häufig durch die «Deutsche Krebsgesellschaft» (DKG). Das Ziel: Alle Patientinnen sollen die für sie bestmögliche Therapie nach definierten und kontrollierten Standards erhalten. Wer ein solches Zertifikat erhalten will, muss einen ganzen Katalog an Bedingungen erfüllen.

Das Zentrum muss unter anderem einmal pro Jahr die Behandlungsergebnisse offen legen. Zudem muss es garantieren, dass kein Patient länger als zwei Wochen auf einen Termin bei der Spezialistin warten muss, dass wichtige Untersuchungen innerhalb von einer Woche nach der Diagnose stattfinden, dass die Fachärzte jederzeit erreichbar sind und dass mindestens alle drei Jahre die Patientinnen zu ihrer Zufriedenheit befragt werden.

Quantität und Qualität

Jeder Gastroenterologe, der an einem solchen zertifizierten Zentrum darmspiegelt, muss mindestens 200 Patienten jährlich untersuchen. Um die Expertise der Operateure zu gewährleisten, wird verlangt, dass pro Jahr mindestens 30 Patienten mit Kolonkarzinom und 20 mit Rektumkarzinom an dem zertifizierten Zentrum operiert werden (Stand Dezember 2019).

Das Zertifikat der «European Cancer Centers» (ECC) ist inhaltlich identisch mit dem der DKG. Eine Liste der nach DKZ oder ECC zertifizierten Spitäler in der Schweiz ist unter oncomap.de zu finden.

Dass zertifizierte Zentren bessere Behandlung bieten können, zeigte eine Analyse beim Rektumkarzinom: An zertifizierten Zentren konnte bei 95 von 100 Patienten der Tumor bei der Operation komplett entfernt werden. Über nicht-zertifizierte und zertifizierte Zentren gemittelt, gelang dies bei 83 von 100 Patienten.

Zertifizierte Behandlungszentren – die Unterschiede

Ein Zentrum umfasst alle stationären und ambulanten Einrichtungen, die zur Behandlung eines Krebspatienten beitragen. Die Anforderung der zertifizierenden Stelle gelten für sie alle.

  • Ein Organkrebszentrum ist ausschliesslich auf ein Organ, etwa den Darm spezialisiert.
  • Onkologische Zentren hingegen sind auf mehrere Organe spezialisiert.
  • Die umfassendste Expertise bietet das sogenannte «Comprehensive Cancer Center» (CCC). Dazu gehören nebst dem zertifizierten Krebszentrum weitere Angebote, zum Beispiel Fachwissen bei sehr seltenen Tumoren. Ein weiterer, wichtiger Bestandteil des CCC ist die Krebsforschung. Sie hilft, die Prognose bei einem kolorektalen Karzinom auch in Zukunft weiter zu verbessern. Zu dieser Kategorie gehört unter anderem das Universitätsspital Zürich.