Menschen mit Gehörverlust können dank einem Cochlea-Implantat (CI) wieder hören. Die Technik wurde am Universitätsspital Zürich mitentwickelt, dem grössten CI-Zentrum in der Schweiz. Anfang März wurde dort die 750. CI-Operation durchgeführt, ein Drittel davon bei Kleinkindern.
Kinder, die mit einer angeborenen Gehörlosigkeit zur Welt kommen, werden in der Schweiz im Rahmen des Neugeborenen-Screenings bereits in den Spitälern identifiziert und später in spezialisierten Zentren weiter abgeklärt. Viele Betroffene können mit einem Cochlea-Implantat hören lernen. «Solche Kinder hätten früher nicht sprechen gelernt, heute können sie häufig normal eingeschult werden», sagt Prof. Alexander Huber vom Cochlea-Zentrum des Universitätsspitals. In der Regel werden die Kinder noch vor dem zweiten Lebensjahr operiert.
Etwa ein Drittel der Cochlea-Operationen, die am UniversitätsSpital Zürich durchgeführt werden, betreffen solche Kleinkinder. Die zweite Patientengruppe sind Menschen mit später auftretendem Hörverlust – die 750. CI-Operation, die Anfang März vorgenommen wurde, betraf eine 42 Jahre alte Patientin. Das heutige Durchschnittsalter der erwachsenen Patientinnen und Patienten liegt bei 40 Jahren, aufgrund der demografischen Entwicklung werden zunehmend auch ältere Menschen behandelt.
1977 gelang am UniversitätsSpital Zürich die erste Cochlea-Implantation in der Schweiz – seither wurden dort 550 Kinder und Erwachsene mit hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit erfolgreich behandelt. Schweizweit werden heute jährlich 160 Cochlea-Implantationen in 5 Zentren durchgeführt, etwa ein Drittel entfällt auf Zürich. Die Technik wurde in den letzten 30 Jahren ständig weiterentwickelt, das UniversitätsSpital Zürich war massgeblich daran beteiligt.
Cochlea-Implantation zählen zur hochspezialisierten Medizin. «Die Anpassungstechnik ist komplex, ebenso die Nachbehandlung», sagt Prof. Huber. Vor einer Operation muss abgeklärt werden, ob die Patientin, beziehungsweise der Patient, von einem Cochlea-Implantat profitiert. Das ist dann der Fall, wenn trotz Taubheit oder Schwerhörigkeit die Hörnervenfasern und das Hörzentrum im Gehirn normal funktionieren. Operiert wird erst dann, wenn die medizinische Voraussetzung gegeben ist, wenn beispielsweise die Therapie mit einem Hörgerät keinen Nutzen mehr bringt. Bei gehörlosen Kindern werden in der Regel beide Seiten operiert, um räumliches Hören zu ermöglichen.
Kernstück des Implantats sind Elektroden, die in das Innenohr eingeführt werden und die Nervenzellen in diesem Bereich elektrisch anregen – die Nervenimpulse werden im Gehirn verarbeitet und erzeugen so einen «Höreindruck». Die Elektroden münden in eine Empfängerspule, die hinter dem Ohr unter der Haut liegt. «Lange Haare verdecken das Implantat sehr gut», sagt Prof. Huber. Zum Implantatsystem gehören zudem ein Mikrofon und ein Prozessor, die hinter der Ohrmuschel oder als Taschengerät getragen werden. Der Prozessor wandelt die Schallinformationen vom Mikrofon in elektrische Impulse um und sendet diese drahtlos an die Sendespule unter der Haut. Von dort gelangen die Impulse an die Elektroden in der Cochlea, welche die Nervenzellen anregen.
Drei bis vier Wochen nach der Implantation wird der Sprachprozessor eingeschaltet und erstmals angepasst. Anschliessend sind wiederholte Geräteanpassungen und ein längeres Hör- und Sprechtraining erforderlich. Kinder, die gehörlos geboren wurden, lernen über ein intensives Training hören und sprechen. Das Implantat ermöglicht vielen für den Rest ihres Lebens eine lautsprachliche Kommunikation.
Ansprechpartner für Fragen:
Prof. Dr. med. Alexander Huber
Leitender Arzt in der Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie
UniversitätsSpital Zürich
Tel.: +41 44 255 86 20; alex.huber@usz.ch