Ein neuer Fragebogen für an Sklerodermie erkrankte Personen stellt das Patientenwohl in den Vordergrund. Die Antworten sind hilfreich für die Therapie und für die Entwicklung von Medikamenten.
An Sklerodermie Erkrankte müssen regelmässig zu Verlaufskontrollen in die Praxis kommen. Getestet wird der aktuelle Status von Herz, Lunge, Haut, Blutwerten und anderen Parametern. Ärztliche Routine, wie sie bei einer chronischen Erkrankung üblich ist. Was dabei zu kurz kommt, ist, wie sich die Patientin, der Patient mit der Erkrankung fühlt. Was belastet sie am meisten, was womöglich weniger als gedacht?
Am besten fragt man die Patienten selbst, dachte sich ein Team unter der Leitung von Prof. Oliver Distler, Direktor der Klinik für Rheumatologie des Universitätsspitals Zürich. Im Lauf der letzten vier Jahre entstand unter Beteiligung von Sklerodermie-Erkrankten ein Fragebogen, der genau solche Fragen stellt. Distler und die Forscher Dr. Rucsandra Dobrota und Dr. Mike Becker präsentierten den «ScleroID» unlängst online am EULAR-Kongress. «Wir wollten den Patienten als Ganzes erfassen, nicht nur den offensichtlichen Teil». Mitgearbeitet haben Sklerodermie-Zentren aus neun europäischen Ländern und knapp 500 Sklerodermie-Patienten, mehrheitlich Frauen. Aus ursprünglich 150 Fragen haben sich 10 herauskristallisiert, die anschliessend überprüft und gewichtet wurden.
Als Problem Nummer Eins ergab sich für Distler wenig überraschend das Raynaud-Symptom (84.3% der Befragten), gefolgt von eingeschränkter Handfunktion (78.7%). Müdigkeit (78.7%) und Schmerzen (75.9%) gewichteten die Patienten höher als Magenprobleme (73.1%). An siebter Stelle steht eine Frage, die eine Bewertung dazu möchte, wie stark selbst gewählte Aktivitäten eingeschränkt sind (66.7%). Dazu zählen die Arbeit, das Treffen mit Freunden, auch das Ausleben von Sexualität. «Das sind Aspekte, die in der ärztlichen Routine kaum zur Sprache kommen», sagt Prof. Distler.
Welt-Sklerodermie-Tag am 29. Juni
Mit Hilfe des ScleroID-Fragebogens können behandelnde Ärzte nun bei ihren Patientinnen und Patienten nachfragen, als wie gravierend sie bestimmte Aspekte ihrer Sklerodermie-Erkrankung wahrnehmen und dies auf einer Skala von 0 bis 10 ankreuzen. Zu wissen, welches Problem den Patienten besonders drückt, helfe die Behandlung zu optimieren, sagt Distler. Auch die Medikamentenforschung könnte sich ändern, wenn künftig weniger eine Symptomreduktion als eine Verbesserung der Lebensqualität angestrebt werde. «Das Endziel einer klinischen Studie wäre dann, dass das Medikament den Score verbessert».
Sklerodermie oder systemische Sklerose ist eine seltene, chronische und häufig fortschreitende Autoimmunerkrankung, die zu einer Verhärtung des Bindegewebes führt. Bei leichteren Fällen beschränkt sich die Sklerodermie auf die Haut, bei schweren Fällen sind auch die inneren Organe betroffen. Die Symptome können bei den einzelnen Patienten erheblich variieren, betroffen sind vor allem Frauen. Die Erkrankung kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Eine zielgerichtete Behandlung existiert nicht, Therapien gibt es aber für einzelne Organveränderungen. Deshalb sind regelmässige Kontrollen entscheidend. Bei schweren Verläufen ist die Mortalitätsrate hoch, Haupttodesursache sind Lungenprobleme. Um auf die seltene Krankheit aufmerksam zu machen, wurde der Welt-Sklerodermie-Tag eingerichtet, der jedes Jahr am 29. Juni stattfindet.