Die Erkrankung wurde nach dem französischen Arzt Prosper Menière benannt, der 1861 als erster derartige Symptome dem Innenohr zuordnete. Die genaue Ursache der Erkrankung ist bislang nicht bekannt. Zusammenfassend gehen wir davon aus, dass es sich beim M. Menière um eine multifaktoriell bedingte Störung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes des Innenohres handelt, was zu einem Ueberdruck in der Innenohrflüssigkeit führen kann, welche die Sinneszellen des Hör- und Gleichgewichtsorgans umgibt (sog. «Endolamphhydrops»). Dadurch werden die Symptome der Menière-Trias ausgelöst. Gerade im Anfangsstadium der Erkrankung müssen diese nicht gleichzeitig auftreten.
Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch aktive Phasen mit häufigen Attacken, gefolgt von ruhigen Phasen, in denen monate- bis jahrelang keine Menière-Anfälle auftreten.
In circa 10 Prozent der Fälle kommt die Erkrankung familiär gehäuft vor. Ca. 30 bis 40 Prozent der Betroffenen entwickeln innerhalb von 10 Jahren eine beidseitige Erkrankung.
Behandlung
Die Behandlung einer akuten Attacke richtet sich nach der Stärke und Dauer der Symptome. Uebelkeit und Schwindel werden durch Medikamente (sog. Antiemetika / Antivertiginosa) gedämpft. Bei starkem Erbrechen können diese auch intravenös verabreicht werden. Im Falle eines ausgeprägten und andauernden Hörverlustes kommen Corticosteroide in Tablettenform oder als Spritze in das Mittelohr (intratympanal) zum Einsatz.
Die Attackenprophylaxe, d.h. die Therapie zur Verhinderung weiterer Attacken, ist dadurch erschwert, dass es aktuell nur wenige Massnahmen gibt, deren Wirksamkeit in sog. doppelblinden, randomisiert-kontrollierten Studien nachgewiesen wurde. Am USZ verwenden wir ein am aktuellen Stand der Forschung ausgerichtetes Stufenschema. Dabei kommen zunächst Massnahmen zum Einsatz, welche die Funktion des Gleichgewichtsorgans nicht beeinträchtigen, z.B. ein Therapieversuch mit Betahistin und / oder Calciumantagonisten oder eine intratympanale Gabe von Corticosteroiden.
Sollte dadurch keine für den Patienten oder die Patientin zufriedenstellende Kontrolle der Schwindelattacken erreicht werden, besteht die Möglichkeit einer niedrig-dosierten, titrierten intratympanalen Gabe von Gentamicin. Der gute Therapieerfolg wird hier durch einen teilweisen dauerhaften Funktionsverlust des Gleichgewichtsorgans «erkauft», daher zählt diese Methode zu den «destruktiven» oder «ablativen» Verfahren und muss im Einzelfall sorgfältig mit allen Vor- und Nachteilen zusammen mit dem Patienten abgewogen werden. Ein komplettes «Ausschalten» des Gleichgewichtsorgans durch eine hochdosierte intratympanale Gentamicingabe, eine chirurgische Zerstörung des Gleichgewichtsorgans (Labyrinthektomie) oder eine Durchtrennung des Gleichgewichtsnerven (Neurotomie) ist heute erfreulicherweise nur in sehr seltenen Fällen erforderlich.
Weshalb ans USZ
Die Mitarbeiter der ORL-Klinik am USZ verfügen über eine langjährige klinische und wissenschaftliche Erfahrung im Umgang mit diesem Krankheitsbild. Der Endolymphhydrops kann durch spezielle Kernspinaufnahmen sichtbar gemacht werden. Die o.g. konservativen, minimalinvasiven und operativen Verfahren stehen alle an der ORL-Klinik zur Verfügung und werden im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung mit dem Patienten («shared decision making») angewandt. Sollte es im Laufe der Erkrankung zu einer Ertaubung des betroffenen Ohres kommen, kann ein Cochlea-Implantat eingesetzt werden.
Im Rahmen des interdisziplinären Zentrums für Schwindel und neurologische Sehstörungen ist auch eine psychologische / psychotherapeutische Unterstützung möglich. Bei chronischen Gleichgewichtsproblemen kommt die vestibuläre Physiotherapie zum Einsatz (Physio- und Ergotherapie).