Was ist eine Leberzirrhose?
Die Leberzirrhose ist eine Erkrankung der Leber, bei der die normale Architektur des Organs zerstört wird. Das Lebergewebe wird allmählich durch funktionsuntüchtiges Bindegewebe ersetzt. So kann die Leber lebenswichtige Aufgaben nicht mehr vollständig oder überhaupt nicht mehr erfüllen – nämlich Fett verdauen, Energie speichern und entgiften. Das Gewebe vernarbt, verhärtet und schrumpft zunehmend. Daher hat die Leberzirrhose auch ihren umgangssprachlichen Namen „Schrumpfleber“.
Oft sind Krankheiten an der Leberzirrhose schuld
Verschiedene Erkrankungen der Leber können das lebenswichtige Organ so stark schädigen, dass am Ende eine Leberzirrhose steht. Krankheiten, die der Leber zusetzen, sind zum Beispiel:
- Alkoholische Fettleber durch langjährigen Alkoholüberkonsum
- Nicht-alkoholische Fettleber, meist durch das metabolische Syndrom: Ein „Tetrapack“ aus Übergewicht, gestörtem Zuckerstoffwechsel und verminderter Insulinempfindlichkeit, erhöhten Blutfettwerten und Bluthochdruck.
- Chronische Virusinfektion der Leber (insbesondere chronische Hepatitis B und C Infektion)
Meist ist die Leberzirrhose das Ergebnis eines jahrzehntelangen Prozesses, bei dem die schädlichen Einflüsse über Jahre auf die Leber einwirken müssen. Denn das Organ besitzt eigentlich ein enormes Regenerationspotenzial. Bis zu einem gewissen Mass kann sich die Leber immer wieder erneuern, Schäden ausgleichen und sich wieder erholen – vorausgesetzt, Sie ergreifen rechtzeitig Gegenmassnahmen, etwa beim Alkoholkonsum oder der Ernährung.
Wirken die zerstörerischen Einflüsse jedoch weiterhin ein, macht die Leber irgendwann „schlapp“. Sie setzt Umbauprozesse in Gang und ersetzt das Lebergewebe durch funktionsloses Bindegewebe. Vernarbtes und verhärtetes Gewebe wird jedoch schlechter durchblutet. Daher nimmt die Funktion der Leber schrittweise ab.
Je früher wir die Leberzirrhose behandeln, desto besser stehen die Überlebenschancen. Im fortgeschrittenen Stadium ist die Lebererkrankung sehr gefährlich und kann das Leben kosten. Weltweit ist die Leberzirrhose für mehr als eine Million Todesfälle pro Jahr verantwortlich – und die Häufigkeit dieser Lebererkrankung steigt.
Wie häufig ist die Leberzirrhose?
In den Industrienationen ist die Leberzirrhose keine Seltenheit: Etwa 250 von 100’000 Menschen sind daran erkrankt. Der häufigste Grund in Europa ist ein langjähriger Alkoholüberkonsum. Männer sind ungefähr doppelt so oft betroffen wie Frauen und sie sterben auch doppelt so häufig an der Leberzirrhose. Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) starben im Jahr 2016 in der Schweiz 312 Männer und 129 Frauen an einer alkoholbedingten Leberzirrhose.
Leberzirrhose: Ursachen sind vielfältig
Für die Leberzirrhose kommen verschiedene Lebererkrankungen als Ursachen in Frage. Allen gemeinsam ist, dass schädliche Einflüsse über einen längeren Zeitraum auf die Leber einwirken und sie allmählich zerstören. Das Bindegewebe vermehrt sich und es bilden sich Knoten und schrumpfende Narben. Folgende Ursachen der Leberzirrhose sind häufig:
- Alkoholische Fettleber (AFL): Die Ursache ist ein langjähriger Alkoholüberkonsum, der die Leber zunehmend verfetten lässt. Der Alkohol schädigt die Leberzellen, stört den Fettstoffwechsel vor Ort und Fette sammeln sich in der Leber an. In Europa und den USA entstehen ungefähr 60 Prozent der Leberzirrhose-Fälle durch übermässigen Alkoholgenuss. Ein täglicher Konsum von ca. 40 Gramm Alkohol beim Mann und 20 Gramm Alkohol bei der Frau können die Leber bereits unwiederbringlich schädigen. Wer weiter Alkohol trinkt, schädigt die Leber immer stärker. Dann wandelt das Organ gesundes Lebergewebe in funktionsloses Bindegewebe um.
- Nicht-alkoholische Fettleber (NAFL): Die Ursache ist meist eine Kombination aus vier Faktoren: Übergewicht, verminderte Insulinempfindlichkeit der Körperzellen, erhöhte Blutfette und Bluthochdruck. Ärztinnen und Ärzte sprechen von metabolischem Syndrom.
- Chronische Viruserkrankung der Leber: Für diese Leberkrankheit ist eine Infektion mit verschiedenen Hepatitis-Viren verantwortlich. Ärztinnen und Ärzte unterscheiden – je nach auslösendem Virus – die Hepatitis B, C, D und ganz selten E. Etwa 30 Prozent der Leberzirrhosen gehen auf eine Virushepatitis des Typen B oder C zurück.
Symptome: Leberzirrhose verursacht erst allgemeine Beschwerden
Eine Leberzirrhose ist anfangs nicht so leicht zu erkennen. Denn zu Beginn ruft sie meist keine Beschwerden hervor. Ärztinnen und Ärzte entdeckten sie oft im Rahmen einer Routineuntersuchung, wenn sie die Leberwerte bestimmen. Zudem ruft die Leberzirrhose meist nur sehr allgemeine Symptome hervor. Diese kommen auch im Rahmen verschiedenster anderer Krankheiten vor. Je weiter die Zerstörung der Leber voranschreitet, desto ausgeprägter werden jedoch die Symptome.
Leberzirrhose: Symptome sind oft allgemeiner Natur
Folgende Anzeichen können auf eine Leberzirrhose im Anfangsstadium hindeuten:
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Verminderte Leistungsfähigkeit
- Druck- oder Völlegefühl im Oberbauch
- Blähungen
- Übelkeit
Dazu kommen verschiedenste Hautveränderungen, die sogenannten Hautzeichen:
- Bildung neuer Gefässe, die optisch an ein Spinnennetz (Gefässspinnen) oder einen Stern erinnern – oft entstehen sie im Gesicht, am Hals und Oberkörper
- Juckreiz der Haut
- Verlust der Behaarung an Bauch und Brust („Bauch- und Brustglatze“), vermehrte Gefässbildung am Bauch
- Weiss gefärbte Nägel (Weissnägel), gebogene, aufgetriebene Nägel (Uhrglasnägel)
- Verdickte Sehnen an den Innenflächen der Hände
- Rote Handballen
- Dünne, pergamentartige Haut mit erweiterten Gefässen, die hindurchschimmern (Geldscheinhaut)
- Glänzende und gerötete Lippen und Zunge (Lacklippen, Lackzunge)
Weiterhin können sich hormonelle Störungen entwickeln. Männer leiden oft unter Potenzproblemen, Störungen der Libido, Verlust der Behaarung, vergrösserten Brüsten (Gynäkomastie) und rückgebildeten Hoden. Frauen erleben oft Menstruationsstörungen.
Suchen Sie bei solchen Symptomen immer Ihren Arzt oder Ihre Ärtzin auf. Es kann eine Leberkrankheit dahinterstecken, muss es aber nicht zwangsläufig. Wir können der Ursache auf den Grund gehen.
Fortgeschrittene Leberzirrhose: Symptome
Wenn die Leberzirrhose weiter fortschreitet, entwickeln sich weitere Beschwerden. Dazu gehören zum Beispiel:
- Gelbsucht (Ikterus): Gelbe Verfärbung der Haut und Augen (Augenweiss), weil die geschädigte Leber den Gallenfarbstoff Bilirubin nicht mehr so schnell verarbeiten kann und ihn ins Gewebe einlagert. Zudem verfärbt sich der Urin dunkel und der Stuhl wird hell.
- Wassereinlagerungen in den Beinen (Ödeme) oder im Bauch (Bauchwassersucht, Aszites) – der Bauchumfang wächst; Kurzatmigkeit, wenn sich Wasser in die Lunge einlagert.
- Blutungen aus der Nase
- Erheblicher Gewichtsverlust, Abmagerung
- Erhöhter Blutdruck im Leberkreislauf (Pfortaderhochdruck)
- Krampfadern in der Speiseröhre oder im Magen, dann können Blutungen aus der Speiseröhre, dem Magen oder Darm (Teerstuhl und Bluterbrechen) folgen
- Gestörte Gehirnfunktionen, Verwirrtheit bis hin zum Koma (hepatische Enzephalopathie)
- Leberkrebs als Spätfolge
Leberzirrhose: Diagnose bei uns
Zu Beginn befragen wir Sie immer zu Ihrer Krankengeschichte in einem Anamnese-Gespräch. Folgende Punkte sind für ihn interessant, um einer möglichen Leberzirrhose auf die Spur zu kommen:
- Welche Beschwerden haben sie, seit wann und wie ausgeprägt sind sie?
- Wie steht es um Ihren Alkoholkonsum? Wichtig ist, dass Sie ehrlich antworten!
- Sind Krankheiten bei Ihnen bekannt?
- Waren Sie kürzlich auf Reisen und könnten sich eine Infektionskrankheit zugezogen haben?
- Nehmen Sie Medikamente ein? Wenn ja: Welche und seit wann?
- Haben Sie früher Drogen konsumiert oder haben sie vor 1990 Blutprodukte erhalten?
- Wo sind Sie geboren?
Ihre Antworten liefern uns schon erste Hinweise darauf, ob eine Leberzirrhose vorliegen könnte. Dann folgt eine körperliche Untersuchung, bei der wir den Bauch abtasten. Die Grösse und Lage der Organe lassen sich so gut beurteilen. Eine verhärtete Leber oder vergrösserte Milz lässt sich oft schon von aussen ertasten. Auch eventuelle Hautveränderungen lassen Rückschlüsse auf eine Leberzirrhose zu.
Leberzirrhose: Medizinische Untersuchungen
Nach der ersten Anamnese folgen weitere Untersuchungen, zum Beispiel:
- Blutuntersuchung: Die Blutwerte liefern Hinweise darauf, wie gut die Organe funktionieren. Die Bilirubinwerte sind erhöht, wenn die Leber das Blut nicht mehr ausreichend filtern kann. Dagegen sind das Albumin, verschiedene Blutgerinnungsfaktoren (INR/Quick-Wert) sind erniedrigt. Bei einem Portaderhochdruck und einer vergrösserten Milz sind weniger Blutplättchen und weisse Blutkörperchen vorhanden. Erhöhte Transaminasen deuten auf eine Schädigung der Leberzellen hin. Erhöhte Ammoniakwerte sind ein Anzeichen für Störungen der Gehirnfunktion. Eine Virusinfektion (z.B. Hepatitis B, C) lässt sich anhand von Antikörpern gegen diese Viren oder direkten Nachweis von Virusbestandteilen diagnostizieren.
- Ultraschalluntersuchung (Sonografie) des Bauchs: Wir setzen einen Schallkopf ein, der Schallwellen aussendet und wieder empfängt. Auf dem Monitor sieht er Bilder aus dem Körperinneren und den Zustand der Organe, auch der Leber. Das Lebergewebe sieht uneinheitlich aus und die Oberfläche des Organs ist unregelmässig. Auch eine Bauchwassersucht, vergrösserte Milz oder neu gebildete Blutgefässe sind erkennbar.
- Besondere Ultraschallverfahren: Die transiente Elastografie liefert Hinweise darauf, wie hoch der Anteil des Bindegewebes in der Leber schon ist.
- Gewebeprobe (Biopsie): Manchmal entnehmen wir eine Gewebeprobe aus der Leber, die anschliessend ein Pathologe unter dem Mikroskop analysiert. Verändertes Gewebe spricht für eine Leberzirrhose.
- Magenspiegelung (Gastroskopie): Dabei setzen wir ein biegsames Instrument mit einer Lichtquelle und Kamera ein. Dieses Endoskop schieben sie über Mund und Speiseröhre bis in den Magen vor. Krampfadern in Speiseröhre und Magen lassen sich so aufspüren.
- Psychometrische Tests, zum Beispiel Schreibproben, liefern erste Hinweise auf gestörte Gehirnfunktionen.
Leberzirrhose: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Es gibt einige Risikofaktoren, welche die Entwicklung der Leberzirrhose fördern, und die Sie selbst in der Hand haben. Dazu gehört allen voran der Alkoholkonsum. Wenn Sie sparsam und vorsichtig mit dem Alkohol umgehen, können Sie einer Leberzirrhose bis zu einem gewissen Grad vorbeugen.
Vor einer Hepatitis B, die ebenfalls zu den Auslösern der Leberzirrhose zählt, können Sie sich durch eine Impfung schützen. Gegen die Hepatitis C ist bislang keine Impfung möglich. Aber auch hier gibt es einige Schutzmassnahmen: Tragen Sie Handschuhe, wenn sie mit blutenden Verletzungen bei anderen in Berührung kommen.
Konkrete Massnahmen zur Früherkennung der Leberzirrhose gibt es nicht. Oft entdecken Ärztinnen und Ärzte sie zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung. Lassen Sie Erkrankungen, die in eine Leberzirrhose münden können, immer ausreichend kontrollieren und behandeln – so lässt sich die Lebererkrankung frühzeitig diagnostizieren.
Verlauf und Prognose bei einer Leberzirrhose
Der Verlauf und die Prognose bei einer Leberzirrhose hängen immer davon ab, wie weit die Lebererkrankung schon fortgeschritten ist. Das Stadium spielt also eine entscheidende Rolle. Eine beginnende Leberzirrhose lässt sich oft noch mit entsprechenden Therapien aufhalten. Wichtig ist es auch, Erkrankungen ausreichend zu behandeln, die zur Leberzirrhose führen. Ohne Behandlung schreitet sie immer weiter fort und die Leber büsst ihre Funktionsfähigkeit ein.
Wir teilen die Lebererkrankung nach dem Child-Pugh-Score in verschiedene Schweregrade ein – davon hängen auch die Prognose und Lebenserwartung massgeblich ab. Sie bewerten die Leberfunktion anhand von fünf Kriterien, für die sie jeweils einen bis drei Punkte vergeben. Dazu gehören der INR-Wert (ein Mass für die Blutgerinnung), Albumin, Bilirubin, Bauchwassersucht (Aszites) und Störungen der Gehirnfunktionen (Enzephalopathie). Es sind also fünf bis 15 Punkte zu erreichen. Zuletzt addieren sie sämtliche Punkte und teilen Betroffene in eines von drei Stadien ein.
- Child A (5 bis 6 Punkte): Leberzirrhose im Anfangsstadium – Mittleres Überleben 12 Jahre
- Child B (7 bis 9 Punkte): Ein Jahr nach der Diagnose sind noch 85 Prozent der Betroffenen am Leben.
- Child C (10 bis 15 Punkte): Die Leberzirrhose ist weit fortgeschritten – nur 35 Prozent der Betroffenen leben länger als ein Jahr.
Eine Leberzirrhose kann verschiedene Komplikationen nach sich ziehen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Wasseransammlungen im Bauch (Aszites, Bauchwassersucht)
- Störungen des Stoffwechsels
- Blutungen in der Speiseröhre und im Magen (Krampfadern)
- Verlust der Gehirnfunktionen, weil die Leber nicht mehr für eine ausreichende Entgiftung sorgt
- Leberkrebs (Leberkarzinom)
- Leberversagen
Hochqualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten
Die Behandlung der Leberzirrhose erfolgt am Universitätsspital durch hochqualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten der Klinik für Gastroenterologie und Hepatopathologie in Zusammenarbeit mit der interventionellen Radiologie und der Lebertransplantationschirurgie.
Leberzirrhose: Behandlung hängt von der Ursache ab
Die Behandlungen bei Leberzirrhose hängen immer von der jeweiligen Ursache ab. Ohne Therapie wird immer mehr Lebergewebe zerstört und die Leber verliert ihre Funktion. Die Leberzirrhose ist zwar nicht heilbar, aber das Fortschreiten lässt sich oft noch mit Therapien bremsen. Auch Komplikationen lassen sich therapeutisch oft verhindern.
Behandlungen bei Leberzirrhose – je nach Ursache
- Verzicht auf Alkohol
- Abbau von Übergewicht
- Meiden von leberschädigenden Substanzen
- Behandlung von Hepatitis B und C
- Behandlung von vererbte Stoffwechselerkrankungen
- Lebertransplantation