Wer sich richtig auf den Ski- oder Schlitteltag vorbereitet, kann Verletzungen vorbeugen. USZ-Experte Thomas Rauer erklärt ausserdem, warum ein Kreuzbandriss nicht in jedem Fall operiert werden muss.
Bisher verunfallen weniger Sportlerinnen und Sportler auf der Piste als in anderen Wintern. Grund sind geschlossene Skigebiete sowie weniger Skigäste aufgrund der Corona-Pandemie. Doch auch abseits davon – auf Schlittelpisten, Skitour-Routen und Schneeschuhwanderungen – können sich Schneebegeisterte verletzen. Häufig trifft es die Knie. Das Kniegelenk steht in der Rangliste der Gelenkverletzungen an der Spitze. 85 von 100’000 Patientinnen und Patienten kommen mit einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes ins Spital. Damit ist sie eine der häufigsten Bandverletzungen.
Es braucht nicht viel, damit das Kreuzband reisst: Einen fixierten Fuss, etwa in einem Ski- oder Schneeschuh, eine schnelle Rotation des Oberkörpers gegen die Achse des Beins – und schon droht das Knie zu überdrehen. Kann die Muskulatur nicht dagegenhalten, reisst das Gewebe, welches das Gelenk stabilisieren sollte: meist das vordere Kreuzband. Solche schmerzhaften Verletzungen liessen sich zu einem grossen Teil vermeiden, sagt Thomas Rauer, Oberarzt an der Klinik für Traumatologie am Universitätsspital Zürich: «Man sollte gezielte Kraft- und Koordinationseinheiten für die Kniegelenksmuskulatur in sein Training integrieren. Am besten schon in den Monaten vor einem Wintersporttag. Das reduziert das Risiko für eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes um bis zu 50 Prozent.» Auf dem Videoportal der Physiotherapie-Ergotherapie des Universitätsspitals Zürich finden Wintersportlerinnen und Wintersportler entsprechende Übungen.
Operieren oder nicht?
Doch was erwartet jene, bei denen das Kreuzband trotzdem reisst? Viele Patientinnen und Patienten gehen davon aus, dass eine Operation dann unumgänglich ist. Das stimme nicht, sagt Rauer: «Ob eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes operiert werden muss, kommt ganz auf den Patienten an.» Genauer: auf seine sportlichen Ambitionen, seine beruflichen Anforderungen und mögliche Begleitverletzungen des Knies.
Dachdecker, Strassenbauer, oder Personen, die eine Stop-and-Go-Sportart wie Tennis ausüben, sind etwa auf ein sehr stabiles Gelenk angewiesen. In solchen Fällen rät Thomas Rauer zur Operation. Sonst kann es bei einem erneuten Verdrehtrauma des Kniegelenkes zu weiteren Begleitverletzungen wie z.B. Verletzungen der Menisken oder des Knorpels, kommen. Patientinnen und Patienten, die bereit sind, auf diese Sportarten zu verzichten und ihren Lebensstil entsprechend anzupassen, können auch mit einer konservativen Therapie über die Muskulatur genügend Stabilität aufbauen. Falls sie so die nötige Sicherheit auf dem Knie nicht erreichen, ist eine Operation auch dann noch möglich. «Wir schauen jeden Fall für sich genau an, wählen gemeinsam mit den Patienten die geeignete Therapie und passen sie bei Bedarf immer wieder an», so Rauer.
Ob mit Operation oder ohne – es dauert mindestens 9 bis 12 Monate, bis eine Kreuzbandverletzung auskuriert ist. Die Physiotherapie beginnt dabei schon am ersten Tag nach der Diagnose und folgt im weiteren Verlauf einem individuellen, mehrstufigen Plan. Dabei sollen die Schwellung reduziert, die Beweglichkeit des Knies erhalten, die Muskulatur nach und nach aufgebaut und die Koordination verbessert werden. Am USZ profitieren Patientinnen und Patienten dabei von der engen Zusammenarbeit der Klinik für Traumatologie mit den spezialisierten Sportphysiotherapeuten der Fachgruppe «Trauma & Sport». «Die Rehabilitation nach einem Kreuzbandriss ist ein Teamsport», sagt Rauer.