Das Universitätsspital Zürich setzt die neuen rechtlichen Anforderungen im Strahlenschutz mit einer neugeschaffenen zentral angesiedelten Fachstelle für Strahlenschutz um. Modernste Infrastruktur hilft den Verantwortlichen dabei, die Strahlungsdosen für Patientinnen und Patienten wie auch für das Personal klein zu halten.
Die Durchleuchtungsanlage, in deren Mitte eine schmale Patientenliege steht, ist beeindruckend gross. Die Patientinnen und Patienten, die auf der Liege Platz nehmen müssen, denken in diesem Moment vermutlich nicht an den Schutz vor Röntgenstrahlung. Ihre Gedanken sind wohl bei ihrem Herzen, diesem besonderen Organ, das ununterbrochen schlagen muss und das in diesem Moment nicht so tut, wie es soll. Dank der Durchleuchtungsanlage ist es möglich, einen Herzkatheter in ihr Herz vorzuschieben, um es von innen her zu untersuchen oder um ein verstopftes Blutgefäss wieder durchlässig zu machen.
Möglicherweise sehen die Patientinnen und Patienten neben sich eine Ärztin oder einen Arzt mit einer merkwürdigen dicken und schweren Brille auf der Nase. Diese aus Bleiglas gefertigten Brillen reduzieren die Bestrahlung des Auges und sind wichtige Schutzmittel im Spezialgebiet von Jonas Ekeberg, der am USZ für die Augenlinsendosimetrie verantwortlich ist. Der Schutz der Augenlinsen vor Strahlung hat in den letzten Jahren auf Grund neuer Studien an Bedeutung gewonnen. Die Studien zeigen, dass Ärztinnen und Ärzte, die während ihres Berufslebens viel mit Durchleuchtungsanlagen gearbeitet haben, wegen der ständigen Streustrahlung vermehrt an grauem Star erkranken. Diesem Risiko will die neue Strahlenschutzverordnung, die seit 2018 in Kraft ist, mit tieferen Strahlungsgrenzwerten für die Augenlinsen begegnen. Jonas Ekebergs Aufgabe ist es nun, diese strengeren Anforderungen umzusetzen und die schützenden Bleiglasbrillen an allen Anlagen zu propagieren, welche die Augen des Personals übermässig mit Strahlung belasten.
Praktischer Strahlenschutz
Bleiglasbrillen sind das eine. Was Ärztinnen und Ärzte sonst noch tun können, um sich vor zu starker Strahlung zu schützen, führt Konstantina Karava am Beispiel der Durchleuchtungsanlage vor. Sie demonstriert die diversen Abschirmungen, die das Personal schützen könnten, wenn sie denn auch konsequent verwendet würden. Um das Bewusstsein des Personals für diese Risiken und Gegenmassnahmen zu erhöhen und um dem praktischen Strahlenschutz damit ein stärkeres Gewicht zu verleihen, hat ihr Kollege Konstantinos Zeimpekis die Aufgabe, die spitalinterne Strahlenschutz-Fortbildungen auf- und auszubauen.
Jonas Ekeberg, Konstantina Karava und Konstantinos Zeimpekis bilden zusammen mit ihrer Kollegin Natalia Saltybaeva und ihrer Chefin Anja Stüssi die neue Fachstelle für Strahlenschutz des USZ, wo sie als Medizinphysikerinnen oder Medizinphysiker für den Strahlenschutz bei rund 110 Anlagen verantwortlich sind. Die zentral angesiedelte Fachstelle soll die Anforderungen der neuen Strahlenschutzverordnung im USZ umsetzen und die Rechtfertigung und Optimierung für medizinische Strahlenanwendungen vorantreiben.
Strahlendosen erfassen und auswerten
Der Schutz der Patientinnen und Patienten ist eine der wichtigsten Aufgaben von Natalia Saltybaeva. Sie ist seit der Gründung der Fachstelle daran, alle diagnostischen und therapeutischen Bestrahlungsanlagen des Spitals in einem zentralen Dosismanagementsystem elektronisch zu vernetzen, was angesichts der vielen verschiedenen Anlagen kein einfaches Unterfangen ist. Dank dieser hochmodernen Technologie können die verschiedenen Kliniken oder Teams die Strahlungsdosen der Patientinnen und Patienten für jede Untersuchung oder Behandlung erfassen und anschliessend statistisch auswerten. Diese Statistiken ermöglichen es wiederum, zu hohe oder ungewöhnliche Strahlungsdosen bei einzelnen Patienten zu entdecken und deren Grunde von Fall zu Fall abzuklären, um nach Möglichkeit die Strahlenexposition zu optimieren.
Aber auch bei der Überwachung des Personals setzt die Fachstelle künftig auf modernste Technologien. Sie ermöglichen es, die Strahlendosen des Personals genauer zu bestimmen, als dies mit den gesetzlich vorgeschriebenen konventionellen Dosimetern möglich ist. Konventionelle Dosimeter werden nur monatlich ausgewertet, so dass eine beruflich strahlenexponierte Person nach radiologischen Eingriffen keine direkte Angabe zur erhaltenen Dosis hat. Solche Dosisangaben sind künftig dank modernen Real-Time-Dose-Monitoring-Systemen möglich, für deren Beschaffung und Einführung Konstantina Karava verantwortlich ist. Sie erklärt, dass diese Systeme aus Sensoren bestehen, welche die Angestellten auf ihrer Kleidung tragen. Die Sensoren erfassen die Dosen und übertragen sie anschliessend per Funk an eine Auswerte- und Anzeigeeinheit. Das System kann damit die Strahlungsdosen der einzelnen Angestellten an ihren typischen Arbeitsplätzen z. B. bei einer Röntgenanlage erfassen. Solche Messungen ermöglichen es der Fachstelle, dem Personal Aufenthaltszonen zu empfehlen, die während Eingriffen und Untersuchungen weniger strahlenexponiert sind.
Auf die Fachstelle für Strahlenschutz wartet viel Arbeit. Die fünf Medizinphysikerinnen und -physiker werden dank neuen Technologien und besser ausgebildetem Personal wesentlich dazu beitragen, dass die Strahlenanwendungen im USZ optimal eingesetzt werden.
Beitrag erschienen im Jahresbericht Strahlenschutz 2018 des BAG.